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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Liest hier jemand mit, der bei Klöckner & Co. arbeitet?

Sehr gern wüsste ich nämlich ob der heutige KlöCo-Vorstandschef Gisbert Rühl seinen Technik-Weg fortgesetzt hat. Vor zehn Jahren arbeitet er bei Babcock Borsig als E-Business-Vorstand und überzeugte Netzwert-Redakteur Olaf Storbeck mit bemerkenswerter Experimentierfreude. Also, bemerkenswert für den Vorstand eines Milliarden-Konzerns. Der wollte Storbeck das neue Intranet vorstellen – und produzierte Fehlermeldungen:

„Rühl hat sich eine Testversion des Explorer 6.0 aus dem Netz heruntergeladen. Solche Prototypen haben seine Systemtechniker aus Sicherheitsgründen aber für das Intranet gesperrt.“

Damals kündigte Rühl eine Digitalisierung der Produktions- und Beschaffungsprozesse des Anlagen- und Maschinenbauers an. Ab 2003 wollte Babcock Borsig mindestens 200 Millionen Euro jährlich damit einsparen. Den Beweis konnte Rühl nicht mehr liefern: Babcock Borsig war zu jener Zeit schon angeschlagen – 2002 folgte das Aus.

Ansonsten demonstriert jene Netzwert-Ausgabe vom 5.6.2001, wie wenig sich in 10 Jahren ändern kann.

Zum Beispiel bei der Verschmelzung von Mode und digitalen Endgeräten. Auch heute noch ist jeder Bekleidungshersteller, der Handy-Taschen in Sakkos näht oder Solarzellchen auf Funktionsbekleidung tackert vielen Illustrierten eine Story wert. Vor zehn Jahren hieß solch ein Anbieter Wearlap. Sein Chef Olivier Lapidus versprach: „Wir werden ab Herbst die erste kommunizierende Kleiderkollektion weltweit präsentieren.“

Sein Vater war einst ein angesehener Modeschöpfer in Frankreich. Der Sohn zerstritt sich mit ihm über der Frage, wie digitale Technologie in Kleidungsstücke eingebaut werden könnte.

Zehn Jahre später ist Wearlap Geschichte. Und Lapidus macht Frauenmode. Und irgendwann werden vielleicht auch alle begreifen, dass Menschen ein Kleidungsstück nicht deshalb kaufen, weil das Handy da rein passt – sondern weil es gut aussieht.

Und noch so eine Endlos-Schleife: die Online-Aktivitäten der Öffentlich-Rechtlichen.

Damals setzte Fritz Pleitgen auf die Digitalisierung der ARD. Bis 2004 sollten 88 Mill. DM in die Online-Aktivitäten fließen, Pleitgen drängte auf mehr Haushaltsspielraum. Ein eigenes Portal sollte entstehen, über das Nutzer online ARD gucken könnten.

Das löste ein gar großes Grummel bei anderen Medienhäusern aus. Bei Kirch, zum Beispiel. Aber auch bei der Netzeitung: „Ich kann keinen anrufen und einfach sagen, ich will mehr Geld“, sagte deren Chefredakteur Michael Maier: „Hier entstehen Kartelle, die den Wettbewerb klar verzerren.“ Und natürlich protestierte auch der Zeitungsverlegerverband BDZV.

Die Argumente im langen Artikel in Netzwert sind dabei absolut austauschbar mit denen unserer heuten Tage. Nichts hat sich geändert, weiter gibt es keine klaren Entscheidungen, weiter jammern private Medienhäuser über Wettbewerbsverzerrung statt mit Qualität zu kontern. Allein die Namen der Akteure haben sich geändert. Vielleicht ist das auch der Grund für die anhaltende Debatte: Denn 10 Jahre würde das sonst ja niemand durchhalten.

Auch in Sachen Hacker und Cyber-Crime scheint sich wenig geändert zu haben. In jener Ausgabe präsentierte Netzwert exklusiv ein Papier von EU-Kommissar Erki Liikanen. Er forderte ein digitales Frühwarnsystem, das Europa vor Hacker-Attacken warnen sollte. Eine Idee, die auch heute weiter durch die Gegend geistert.

So geht die Zeit zur Ewigkeit – und Hollywood folgt ihrem Lauf. Vor 10 Jahren hatte es das Web ins Kino geschafft. Der Film „MacArthur Park“ fingierte ein Attentat auf Bill Gates, Ellen DeGeneres spielte in der „Ellen Show“ eine gescheiterte Startup-Gründerin, „Startup.com“ zeigte den Aufstieg und Fall des Gebühren-Bezahl-Dienstes Govworks.com.

Und heute? „The Social Network“ landete bei den Oscars, „Source Code“ ist gerade angelaufen. Ja, es kommt irgendwie alles wieder.

Lesen Sie kommende Woche: Doc Morris gibt nicht auf.


Kommentare


maike 6. Juni 2011 um 11:00

…irgendwie tragisch mit der digital und computertechnisch aufgepeppten kleidung aber vielleicht kommt das noch.

vieles ist sicher überhaupt nicht neu. da gebe ich dir recht. aber woher kommt dann das permanente gefühl so unter zeitdruck zu stehen, sich von den vielen „neuen“ tools so überflutet zu fühlen, der diskussion stehts hinterherzuhinken, wenn man/frau einsteigt oder über das eigene thema mal hinaus schaut? ist das in den neuen wie in den klassischen medien immanent – immer neuen hype und sensation in der gegenwart zu generieren? ….

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