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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Mal ehrlich, liebe Leser: Wer von Ihnen kennt den Begriff „Web Positioning“?

Mutmaßlich dürften sich an diese Wortkombination vor allem jene erinnern, die bereits vor 10 Jahren im Online-Geschäft unterwegs waren. Denn Web Positioning war das, was heute Search Engine Optimization (SEO) ist. Netzwert widmete dem Thema damals die Titelgeschichte. Und aus heutiger Sicht deutete sich damals an, welche gewaltige Veränderung Google bringen würde:

„Während die nach Rubriken geordneten Kataloge wie Yahoo oder Web.de von Redakteuren erstellt und gepflegt werden, erzeugen Suchmaschinen wie Altavista ihre Datenbank automatisch…

Ganz anders funktioniert die Positionierung bei der beliebten Suchmaschine Google, die einen Online-Auftritt nur dann hoch bewertet, wenn er mit wichtigen und möglichst vielen anderen Seiten verlinkt ist. ,Daher sollte man sich gut in anderen bekannten Maschinen platzieren. Das zählt bei Google als qualitativ hochwertiger Link‘, sagt Julius Matern, Direktor für Wissensmanagement der Agentur Suchtreffer aus Konstanz.“

So war damals auch noch Cloaking an der Tagesordnung: Seiten wurden im Hintergrund so aufgesetzt, dass Suchmaschinen sie als relevant erachteten – der Nutzer aber bekom die Inhalte nicht zu sehen. Autoscout24 bekannte sich damals offen zu dieser Technik.

Bald aber würde sich vieles ändern – dank Google. Am 28.5.2001 berichtete Netzwert zum ersten mal von jener Suchmaschine.

Zu jener Zeit übernahm Google die Marktführerschaft unter den Suchdiensten in Deutschland – mit einem überschaubaren Marktanteil von 16,6%. Autor Burkhard Ewert begeisterte sich im Text für Dinge, die heute selbstverständlich wirken: dem übersichtlichen Design, der Geschwindigkeit, der Suche durch PDF-Dokumente. Alles Funktionen, die vor 10 Jahren eine Revolution darstellten.

Und wo wir über Revolutionen reden: Das Netz brachte sie damals schon in die islamische Welt. In Web-Foren trafen sich junge Frauen aus ganz Arabien. Themen: Unterdrückung, Religion, aber auch Freizeitspaß. Doch auch konservativere Frauen tauchten auf. So gab es auch jene, die nur mit einer Anstandsdame neben sich chatteten oder nur mit eindeutig identifizierbaren anderen Frauen. Manche dieser Diskussionen verliefen so hitzig, dass die Moderatoren sie unterbanden.

Hitzig ging es auch eines Tages im Silicon Valley zu. Da stand Hans Niebergall, der Chef der deutsch-amerikanischen Handelskammer, am Eingang zur Veranstaltung „German Centers of Excellence“, auf der deutsche Regionen sich US-Investoren präsentieren sollten. Und Niebergall durfte nicht rein – was ihn verärgerte: Die Handelskammer war einer der Organisatoren. Niebergall wurde nach Hause geschickt, ebenso der Vertreter eines in San Francisco ansässigen Industrie-Investitionsrates für die Neuen Länder.

Netzwert-Korrespondentin Sigrun Schubert schrieb damals:

„Die Gäste wurden mit aneinander gereihten Vorträgen und unübersichtlichen Powerpoint-Folien überfüttert. Teile der wenig prickelnden Reden gingen dank Geschirrgeklappere und Unterhaltungen beim mehrgängigen Menü unter. Auch die Einblicke in das Leben und Arbeiten in Deutschland überzeugten nicht gerade durch Tiefe. Statistiken wie „In Deutschland leben die Menschen genauso lange oder länger wie in anderen Ländern“, interessierten die wenigen anwesenden US-Gäste nicht wirklich. „Haben die sich überhaupt Gedanken darüber gemacht, wer ihre Zielgruppe ist?“, monierte der Vertreter eines US-Unternehmens.

Vielleicht sind die Besuche bei den amerikanischen Technologie-Unternehmen etwas besser verlaufen. Die Chance, das herauszufinden, gab es nicht: Auf Nachfrage hieß es, die Namen der besuchten Firmen seien geheim. In der Tat: Sogar einige Mitglieder der deutschen Delegation wussten nichts davon und hatten sich den kommenden Tag für eine Tour durch San Francisco reserviert. Auch eine Art der Wirtschaftsförderung: Schließlich lebt die Heimat der Golden Gate ja unter anderem von den ausländischen Touristen. Aber ob das so ganz im Sinne der deutschen – von öffentlichen Geldern finanzierten – Vortrefflichkeit war?“

Lesen Sie kommende Woche: Wer erschoss Bill Gates?


Kommentare


Detlef Borchers 30. Mai 2011 um 22:59

Hm. Zum ersten Mal? Mein Artikel über Google erschien am 24./25.5.1999 im Handelsblatt: „Hilfe beim Auffinden nützlicher Informationen. Suchmaschinen werden immer intelligenter.“

Nett, wenn man ein eigenes Artikel-Archiv hat. –Detlef

Antworten

Olaf Storbeck 5. Juni 2011 um 14:47

Hach, immer wieder schön, diese Serie von dir…

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