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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Eines Branche habe ich in Sachen Internet nie verstanden: das Handwerk. Denn Handwerker, egal welchen Gewerkes, sind recht offline. Derzeit würde mir gerade mal das Blog der Möbelmacher als Beispiel für digitale Aktivitäten in diesem Feld der Wirtschaft einfallen.

Nun mag mancher einwerfen: Tschuldigung, aber Handwerker sind doch ohnehin kein Ausbund der Innovation. Doch das möchte ich bestreiten. Immer gab es Speerspitzer unter ihnen. Mein Vater, Besitzer eines Elektroinstallationsbetriebs, war zum Beispiel schon in den 80ern an eine Plattform angeschlossen, die via DFÜ Aufträge vermittelte. Eine meiner ersten Geschichten für die „Absatzwirtschaft“ im Rahmen meines Volontariats drehte sich ebenfalls um Handwerker, die mit Dienstleistungs-Innovationen erfolgreich waren.

Nur im Internet, da tun sich die Unternehmen schwer. Dabei könnte gerade Social Media für sie spannend sein: Die Menschen ziehen läufiger um als früher. In der neuen Stadt einen vertrauenswürdigen Handwerker zu finden – und wir allen haben schließlich schon mal schlechte Erfahrungen gemacht – ist dann eine Frage des persönlichen Netzwerks. Wer Freunde hat, die Unternehmen empfehlen können, der ist gut dran. Ansonsten aber sind die Homepages der Betriebe austauschbar (wenn überhaupt vorhanden). Bleibt noch Myhammer – Preisdrücken plus Verbraucherkritiken sind da eine lockende Lösung.

Ich bin fest überzeugt: Handwerker könnten mit Social Media gewaltig punkten.

Vor zehn Jahren, immerhin, gab es Hoffnung.

Netzwert berichtete damals von Handwerkern, die ii Netz aktiv waren. Elektro Rüther in Papenburg setzte mit einem Online-Shop damals sechsstellige Summen um (heute gibt es nur noch digitale Kataloge). Die Schreinerei Rumpf in Furtwangen freute sich dank Digital-Kontakten über 30 Prozent mehr Umsatz. Und das Essener Café Sprenger verkaufte jede Woche zwei Hochzeitstorten im WWW (immerhin: Sprenger ist heute auch im Social Web unterwegs).

Vielleicht lag die sonstige Zurückhaltung an den Würdenträgern der Branche. Im März 2001 sagte beispielsweise die Internet-Expertin der IHK Köln: „Das Internet revolutioniert nicht jedes Unternehmen. Der Döner-Verkäufer findet über Mundpropaganda oder Flugblätter neue Kunden.“ Pizza.de mag ihr heute widersprechen.

Da mussten sich schon anderen in den Bereich der handwerklichen Produkte wagen. Zum Beispiel die Online-Agentur Iqena, im Jahr 2001 recht frisch übernommen von Kabel New Media. Im Überschwang des New-Economy-Geldflusses starteten die Bonner ein Marketing-Experimentier-Instrument: Besprechungskeks.de. Mit hochwertigen und individualisierbaren Keksen sollten Sekretärinnen erreicht werden. Das Lockinstrument der Zielgruppe war dabei eine Sekretärinnen-Community. Angeblich machte Besprechungskeks sogar Gewinn: Bei 20.000 DM Umsatz im Monat soll die Rendite bei 35 Prozent gelegen haben.

Erfolg: Iqena scheint heute nicht mehr zu existieren – aber Besprechungskeks.de. Das Netzwert-Team aber bekam eine Probepackung und noch heute weiß ich: Die Kekse waren verdammt lecker.

Härteres Brot kaute der freie Mitarbeiter Peter Littger. Einige Wochen zuvor hatte er Netzwert eine spannende Geschichte über Echelon gelieferte, ein Überwachungssystem der US-Regierung. Nun interviewte er James Adams, einen Ex-Journalisten, der zu jener Zeit im Beratungsstab des US-Verteidigungsministeriums saß und auch mit der Sicherheitsbehörde NSA arbeitete. Er ließ etwas raus, was damals auch in der deutschen Hauptstadt für Erschütterungen sorgte:

„Die Bush-Administration wird in der informationsgestützten Kriegsführung stark aufrüsten. Das ist Ziel ist ein großer, virtueller Schutzschild. Jeder weiß, wenn er heute einen Nuklearschlag gegen die USA unternähme, würde er völlig zerstört. Diese totale Abschreckung brauchen wir im virtuellen Raum auch, vor allem zum Schutz unserer Infrastruktur. Wenn ein Staat unsere Wasserversorgung unterbricht, müssen wir fähig sein, seine Stromversorgung oder sein Bankensystem digital lahm zu legen.“

Vielleicht weiß einer der geneigten Leser, was dann aus dem Schutzschildprojekt wurde.

Lesen Sie kommende Woche: Cebit-Nostalgie.


Kommentare


attempt 11. März 2011 um 13:21

Ich möchte mal behaupten, dass es nicht nur Handwerker sind die „recht offline sind“, Bauträger z.B. schaffen es normalerweise auch eher selten einen ordentliche Webpräsenz auf die Beine zu stellen.

Der Satz: „Handwerker sind doch ohnehin kein Ausbund der Innovation“ hat ja aber schon was wahres. Natürlich gibt es innovative Betriebe, aber das beschränkt sich ja nicht auf ein Gewerbe. Meiner Meinung nach gibt es in jeder Branche mehr und weniger innovative Teilnehmer.
und gerade myhammer.de ist doch Innovation. Das mag manchen als Preisdrücken erscheinen, aber das sind ja wiederum die „Innovationsverweigerer“. Und damit dreht man sich glaube ich im Kreis, wer ein Angebot nicht wahrnehmen will, macht es eben schlecht.

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