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In den vergangenen 18 Monaten wurde meine Mastercard-Kreditkarte dreimal gesperrt. Zweimal ging es um Hack-Angriffe, so dass ich ein gewisses Verständnis hegte – auch wenn meine Bank mich in einem Fall nicht informierte.

Ärgerlicher war jener dritte Fall. Denn als ich nachfragte, warum ich im Restaurant nicht bezahlen konnte, sagte man mir, „sicherheitshalber“ sei meine Karte gesperrt worden. Es habe Abbuchungen kleiner Beträge aus dem Ausland gegeben. Ich war verwundert und fragte, welche Firma das denn sei, die da abbuche. Die Antwort:

„Iihtuness“.

Mal abgesehen davon, dass man jenen Musikhändler durchaus kennen könnte – was die Dame am Ende der Leitung nicht tat: Zwei Jahre lang buchte Itunes bereits bei mir Beträge ab. Und mit einem Mal beschließt jemand: Das ist dubios. Und sperrt.

Viele Menschen kennen diese Geschichten. Kreditkartenfirmen schaffen es nur schwerlich, die Wage zu halten zwischen begründeten Schutzmaßnahmen und Kundenfreundlichkeit. Vor allem aber jene Verbraucher, die häufig im Ausland online ordern erleben häufig solche Sperrungen oder im höflichen Fall Nachfragen der Gesellschaften.

Ich habe den Eindruck, diese Branche ist noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen. Schauen wir uns nur an, wie wir häufig genug mit ihren Produkten bezahlen. Wir sitzen vor dem Computer, entschließen uns zum Kauf – und müssen erstmal die Karte holen. Dann tippen wir eine  15-stellige Nummer ein, gefolgt von einem drei- bis vierstelligen Sicherheitscode. Nehmen wir an, dabei ist kein Fehler unterlaufen. Dann muss mancher noch bedenken, dass seine Rechnungsanschrift vielleicht nicht gleich der Lieferadresse ist.

Ist das noch zeitgemäß?

Natürlich müssen die Kreditkartenfirmen auf Sicherheit bedacht sein. Automatische Sicherheitsroutinen sollen das Geld des Kunden festhalten. Legendär ist, dass US-Kreditkarten gesperrt werden, wenn in kurzer Abfolge zweimal getankt wird und danach Sneakers auf der Rechnung auftauchen. Grund: Autodiebe, die eine Kreditkarte im gestohlenen Wagen entdeckt haben, tanken das geklaute und das eigene Auto und kaufen sich dann coole Turnschuhe.

In 95 Prozent aller Fälle ist das vielleicht richtig. In dem Einzelfall, in dem ein Paar gemeinsam losfährt und einer sein Geld vergessen hat, ist es aber ärgerlich. So machen die Konzerne ihre Probleme zu den Problemen ihrer Kunden. Und wenn uns das Internet-Zeitalter eines gelehrt hat, dann das: Wer so agiert läuft mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann vor ein Problem. Vielleicht geht es den Kreditkartnfirmen anders. Vielleicht sind die dominierenden Anbieter schon so groß, dass ihnen nichts mehr gefährlich werden kann. Vielleicht.

Derzeit sprießen Ideen, wie der gemeine Mensch intelligenter bezahlen könnte. Nehmen wir nur das Square-Projekt von Twitter-Mitgründer Jack Dorsey. Einfach einen winzigen Kreditkartenleser ans Iphone anschließen – und schon kann jeder an jeden zahlen.

Hier sind Kreditkarten noch im Spiel. Aber brauchen wir sie wirklich? Und brauchen wir die Anbieter dazu, die heute existieren?

Wie sähe es aus, böte jemand, dem wir vertrauen ein Bezahlsystem an, das leichter zu bedienen ist. Das könnte jemand sein, dem viele Menschen schon ihre Daten anvertrauen. Zum Beispiel Facebook.

Demnächst läuft ein Pilotprojekt an, bei dem Clickandbuy eine Facebook-App zum Bezahlen anbieten wird. Facebook selbst baut ein Payment-Team auf. Das Netzwerk verfügt dabei über etwas, das wichtig ist: Nutzer vertrauen Facebook mehr als anderen Online-Diensten. Auf diesem Prinzip beruht auch Facebook Connect: Ich logge mich mit meinen Facebook-Daten auf einer anderen Seite ein, weil ich Facebook mehr vertraue. Und weil es bequem ist.

Warum sollte ich nicht auch so bezahlen können? Mit Paybook Connet? Noch immer wären Kreditkarten dabei im Spiel. Bis jemand erkennt, dass deren Prozente sich auch einbehalten ließen, fände sich ein direkter Anschluss an die Banken. Das ist vor allem eine technische Frage. Und technische Fragen klärt das Internet ja gerne recht flott.

Nachtrag vom 16.2.: Square soll ab Sommer erhältlich sein. Kosten für die App: 1 Dollar, der Dongle soll schon mit drin sein.


Kommentare


pell 12. Februar 2010 um 15:29

Irgendwie denke ich da ständig an Paypal und betrachte es bis auf die hohen Gebühren auch weiterhin als sehr gutes Modell.

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Mark O. 12. Februar 2010 um 16:05

Ich vertraue Facebook nicht die Bohne. Und Apple mag ich auch nicht. Das mag mein persönliches Problem sein. Aber am Ende fährt man vermutlich besser, wenn man nach dem Motto lebt: Vertraue keinem! Nicht Visa! Nicht Mastercard! Und eben auch nicht Facebook.

Ich verstehe nicht, warum bei Facebook die Guten und bei Visa die Dummen sitzen sollten? Mag ja sein, dass viele Menschen Facebook vertrauen. Es haben auch viele Menschen Lehmann Brothers vertraut und sich deren schicke Zertifikate besorgt.

Mag ja auch sein, dass ein Chef, der in Badelatschen herumläuft, sympathischer wirkt als gierige Investmentbanker in Nadelstreifen. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass das Geld für Facebook von gierigen Investmentbankern in Nadelstreifenanzügen kommt.

Zudem: Warum sollten Gauner nicht in der Lage sein, auch ein Facebook-Bezahlsystem zu knacken? Sie haben bislang alle Sicherheitssysteme geknackt. Und dann wären alle dankbar, wenn auch Facebook lieber noch mal nachfragt statt das Geld gleich abzubuchen.

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Taktiker 12. Februar 2010 um 16:52

Klingt alles gut, doch in Geldtransferangelegenheiten vertraue ich, auch wenn die Mastercard/Visa (aus Sicherheitsgründen, wohlgemerkt) öfters einbehalten wurde, in erster Linie doch den Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben.

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anonym 12. Februar 2010 um 18:42

Ja, jeder, der ein iPhone plus einer Kreditkarte und noch einen Kreditkartenleser besitzt. Wieviel Prozent der Menschheit werden das wohl sein? 10? 5? Ich gehöre mit Sicherheit nicht dazu. Über den nicht-naiven Gebrauch des Wortes „jeder“ könnte ich aber jedesmal nur den Kopf schütteln.

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paul 12. Februar 2010 um 19:06

Ich habe eine 1.0-Lösung für dieses Problem: Die Kreditkartenfirma hat nämlich ohnehin meine Telefonnummer gespeichert und darf mich gerne drei- oder fünfmal anrufen, bevor sie eine Karte sperrt. (2.0: Gerne auch per SMS oder Email.) Wenn sie mich dann imer noch nicht erreicht – von mir aus.

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paul 12. Februar 2010 um 19:10

@anonym: 5 % der Menschheit besitzen ein iPhone und einen Kreditkartenleser. Soso – you made my day!

(Die Wirklichkeit: Bei 6,9 Mrd. Menschen auf der Erde wären das immerhin 345 Mio. iPhone-Besitzer. Apple würde sich sicher freuen, tatsächlich wurden bislang aber „bloß“ rund 33 Mio. iPhones verkauft, siehe http://iphonemeter.com/.)

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ghling 12. Februar 2010 um 20:19

Ach ja, Mastercard und kleine Beträge aus dem Ausland…
Die haben mir auch mal die Karte gesperrt, weil Steam (dieser Spiele-Download-Dienst von Valve) kurz hintereinander kleinere Beträge aus verschiedenen Ländern abgebucht hatte (Ich glaube es war London und Paris). Wie kann man als Kunde auch nur darauf kommen, kurzfristig zweimal einzukaufen…
Das Problem ist aber glaube ich schon ganz gut beschrieben: Bisher haben die Kreditkartenfirmen schon eine so große Macht, dass sie sich das erlauben können. Was auf der einen Seite ein Segen ist (hohe Akzeptanz), ist gleichzeitig auch ein Fluch (hohe Marktbeherrschung / fehlende Konkurrenz). Solche Alternativen sind sicherlich toll, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich so viele Leute bei allerlei Anbietern anmelden wollen, um überall bezahlen zu können. Das ist zumindest für mich nämlich der einzige Grund, warum ich überhaupt eine Kreditkarte besitze: Ich kann damit genauso problemlos in der Schweiz mein Auto volltanken wie in den USA oder GB einkaufen. Mittlerweile haben die Kreditkartenfirmen hierbei im Internet schon große Konkurrenz von Paypal bekommen denke ich, aber „offline“ funktioniert das eben alles nicht.

Ansonsten muss ich „Mark O.“ zustimmen: Mein Vertrauen in Facebook ist auch nicht gerade sehr groß. Bitte nicht den Fehler machen und eine große Anzahl an Benutzern in Social Media als Indiz dafür sehen, wie sehr die Benutzer dem Anbieter vertrauen. Hier spielen andere Gründe (vor allem der Gruppenzwang, weil ja alle Freunde da sind) eine wichtigere Rolle finde ich.

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Jan-Philipp 12. Februar 2010 um 20:41

Auch wenn es eine Strapaze ist, die man auf sich nehmen muss, wenn die Kreditkarte gesperrt wird: Lieber drei Mal ohne Grund in 18 Monaten gesperrt, als kein Mal und dann ist Geld unwiederbringlich futsch.

Bei allen neuen Lösungen, die das Web mit sich bringt, um uns von Kreditkarten zu befreien, müssen wir an jeder Stelle einem Unternehmen vertrauen und unsere Daten offenlegen. Da vertraue ich dann, wie Taktiker auch, lieber denen, die Spezialisten sind.

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Dirk Olbertz 13. Februar 2010 um 0:39

Mir graust davor, wenn Click & Buy mit Facebook ins Geschäft kommt. So was hier wird dann wohl an der Tagesordnung sein:
http://olbertz.de/blog/2010/01/02/click-buy-warum-das-eine-unserioese-firma-ist/
Denn Click & Buy prüft nicht die Identität des angegebenen Kontoinhabers. Meiner Meinung nach ist das fahrlässig.

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Klaus Justen 13. Februar 2010 um 12:34

Ehe man sich Gedanken darüber macht,seine Finanzdaten Facebook & Co. anzuvertrauen, sollte man sich vielleicht einmal überlegen, die vorhandenen (und durchaus bewährten) Zahlungssysteme wie Kreditkarten sinnvoll und intelligent einzusetzen.

Dazu gehört es, zumal für Menschen, die beruflich häufig unterwegs sind, dass man nicht auf eine Kreditkarte setzt, sondern deren zwei oder drei hat. Nicht weil das so schön wichtig ist, wenn man den Geldbeutel aufklappt, sondern weil es immer Probleme geben kann auf Reisen – technischer Art durch nicht lesbare Magnetstreifen, aber auch buchungstechnisch, wenn man zum Beispiel hintereinander Autos anmietet, wieder zurückgibt und beim nächsten Vermieter wieder einen Wagen holt.

Wenn die vom Vermieter der Karte belastete Kaution nicht schnell wieder zurückgebucht wird, ist schnell das Kartenlimit erreicht.

Warum müssen Bestellungen, die man überwiegend vom heimischen Computer macht, über das gleiche Kreditkartenkonto laufen wie Ausgaben, die man unterwegs (auf Reisen) macht? Damit stellen sich mögliche Sperrungen durch Kleckerbeträge a la iTunes nicht.

An den Kosten kann es nicht liegen bei reichlich vorhandenen kostenlosen Kreditkartenangeboten.

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Jeeves 13. Februar 2010 um 19:38

„…müssen erstmal die Karte holen. Dann tippen wir …“
Und das ist Ihnen bereits zu viel Arbeit. Sind Sie sehr böse wenn ich das Bequemlichkeit oder Faulheit nenne?

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Frank 13. Februar 2010 um 23:40

Und was wäre denn an Facebook als Zahlungssystem anders als an den Kreditkarten?
Müsste ich mich nicht auhorisieren? Doch.
Würde ich es nicht gut finden wenn Facebook versucht mein Geld vor Dieben zu schüzen? Doch natürlich.

Können dabei Fehler passieren? Sehr wahrscheinlich.

Wäre damit das Problem gelöst? Nein!

Im Gegenteil habe ich eher damit ein Problem jemand „neuem“ der nichtmal den Regeln für Banken unterliegt (wie es Facebook wäre und es Paypal jetzt ist) mein Geld anzuvertrauen.

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Philip 14. Februar 2010 um 15:10

Gibt neben Paypal ja auch noch E-Wallets wie Moneybookers und Neteller, die neben einem komfortablen Onlinebezahlsystem mittlerweile auch eigene Prepaid-KK anbieten. Wäre für mich eigentlich die ideale Kombination, wenn es nur mehr Onlineshops gäbe, die diese Bezahloption anbieten würden.

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Felix Nagel 15. Februar 2010 um 15:25

Man sollte bei diesem Thema immer schön im Auge behalten das den Banken die Sicherheit unserer Karten ergo unseres Geldes schlicht scheissegal ist. Das Standard Bankkarten (Giro) wie auch Kreditkarten unsiche sind ist lange bekannt. Für die Banken ist es billiger ab und an ein bisschen was zu zahlen, als ernsthaft das System zu ändern. Nur das sie gerne auch den Konsumenten blechen lassen.

Aktuelles Beispiel gefällig? Bankkarten kann man auch ohne PIN nutzen. Mit Handelsüblichem Zubehör versteht sich:
http://www.heise.de/security/meldung/PIN-Pruefung-im-EMV-Verfahren-bei-EC-und-Kreditkarten-ausgehebelt-929528.html

Oder auch:
http://www.heise.de/security/meldung/Bericht-PIN-Pruefung-bei-EC-und-Kreditkarten-unsicherer-als-angenommen-907889.html

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