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Mit rund einer Viertelmillion Euro lässt sich eine Menge anstellen. Zum Beispiel könnten damit Arbeitsplätze geschaffen werden.Wieviele, das hängt von der Qualität der Mitarbeiter ab, doch sind drei bestens bezahlte definitiv dafür drin.

Die „Bunte“ also hätte drei Redakteure beschäftigen können, die Recherchen ihrer Kollegen noch einmal überprüfen oder eigene Nachforschungen anstellen. Sie hat sich dagegen entschieden. Stattdessen überwies sie das Geld an eine Berliner Firma namens CMK.

Und das ist für mich das traurigste und ekligste im Zusammenhang mit dem Wrestling-Duell zwischen dem „Stern“ und der „Bunte“. Für all jene, die in den vergangenen 48 Stunden abgeschnitten von der medialen Öffentlichkeit waren, noch einmal die Zusammenfassung: Der „Stern“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, die „Bunte“ habe CMK mit Nachforschungen über Frans Müntefering und Oscar Lafontaine beauftragt, beide Male sei es um Fragen des Liebeslebens gegangen.

Mehr dazu auch in diesem Video des „Stern“:

„Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel erklärt: „Über unlautere Methoden ist ,Bunte‘ nichts bekannt. Und sie behauptet, die private Seite eines Politikers sei wichtig für die Beurteilung seiner Persönlichkeit. Das ist nicht falsch. Die moralische Seite eines Volksvertreters manifestiert sich oft im Privaten. Und somit ist diese Seite eines Menschen nicht völlig von Desinteresse für die Bürger. Nur ging es in den beiden Fällen nicht um Orgien, Drogen oder die Freundschaft mit Waffenhändlern – es ging im billigsten Fall um Ehebruch, im besseren um eine neue Liebe.

Folgt man der Argumentation Riekels, dass Personen mit einer gewissen Rolle in der Gesellschaft, sich solche Durchleuchtungen gefallen lassen müssen, so darf man fragen: Warum nicht auch Journalisten?

Wenn verkommene Subjekte für die Medien schreiben – ist das nicht schädlich für die Demokratie? Dürfen wir uns also ungestraft für den Riekel-Markwortschen Haushalt stellen um zu schauen, ob dort Ehebruch, Sex-Orgien oder zwielichtige Gestalten zu protokollieren sind? Immerhin wird Journalisten doch ein Sonderrecht in der Verfassung eingeräumt.

Viel bemerkenswerter als Riekels Moral ist aber ihr  Statement zum Vorgehen von CMK. Ihr ist also nichts bekannt. Schauen wir doch mal, womit CMK selbst für seine Leistungen wirbt:

Auf Wunsch begleiten wir Ihre Recherche von Anfang an und unterstützen Ihre Redakteure. Wir recherchieren für Sie direkt vor Ort, bzw. im Umfeld, und besorgen diskret fehlende Daten und Fakten.
Nach Abschluss des Auftrages erhalten sie ein sorgfältig aufbereitetes Recherche-Dosier, dass als Textgrundlage für Ihre Geschichte dient.
Wir unterziehen Ihre Rechercheergebnisse, Informationen, Daten und Fakten, sowie Ihr Bildmaterial einer strengen Qualitätskontrolle. Ein wichtiger Punkt, der jedoch im hektischen Redaktionsalltag oft zu kurz kommt, auch weil es an der personellen Kapazität fehlt.
Dabei greifen wir selbstverständlich auch auf unsere professionellen Dienstleistungsbereiche REPORT und CMK RESEARCH zurück.
In enger Abstimmung mit Ihnen und Ihren Anwälten begleiten wir Sie bei Ihren Recherchen und verhelfen Ihnen nicht nur zu großartigen Stories, sondern auch zu Geschichten, die juristisch nicht mehr so einfach angreifbar sind.
Auch nach der Berichterstattung können Sie auf CMK zurückgreifen. Wenn es nach einer Story zu einer juristischen Auseinandersetzung kommt, können wir Sie ebenfalls unterstützen: Wir prüfen die Behauptungen und Tatsachenvortrag der Gegenseite und sichern für Sie Beweise, um Ihre juristische Position zu stärken. Wir recherchieren nachträglich im Umfeld der Story, um etwaige Lücken in Ihrer Beweisführung zu füllen. Selbstverständlich geschieht dies in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit Ihrer Rechtsabteilung, Justiziaren oder Rechtsanwälten.
Wir garantieren Ihnen höchste Diskretion! Das CMK Team besteht aus erfahrenen Reportern und Rechercheuren, die ihr Handwerk verstehen und genau wissen, welche Beweise als gerichtsverwertbar gelten und welche nicht. Unsere Kompetenz für Ihre Stories!“

Mal ehrlich: Wer denkt bei diesem Text nicht an eine Detektei? Eine solche ist dann ja auch auf den Besitzer von CMK angemeldet.

Wenn CMK aber nicht zu den Mitteln gegriffen hat, die dem Unternehmen nun von Seiten des „Stern“ zugeschrieben werden: Warum ist solch ein Dienstleister nötig? Was kann er, was Redakteure nicht können? Wie gesagt: Drei Stellen hätte die „Bunte“ problemlos für das Geld schaffen können. Drei Stellen zur Förderung des Qualitätsjournalismus. Drei Stellen für den Wirtschaftsstandort München. Drei Stellen, die der journalistischen Qualität verschrieben sind.

Solche Fragen wären vielleicht auch für Burda-Geschäftsführer Philipp Welte interessant, der in pittbulesker Art den Überbringer der Botschaft teert, federt und aus der Medienstadt werfen will: Die Geschichte des „Stern“ ist für ihn ein „dümmlicher Versuch, durch lautes Blöken vom journalistischen Niedergang des Stern abzulenken“. Burda will klagen: Wir bitten darum – es könnte höchst unterhaltsam werden.

Welte sollte sich lieber fragen, warum sein Haus auf ein Unternehmen wie CMK zurückgreift. Dann wird ihm auch schnell dieser Gedanke kommen: Hat die „Bunte“ deshalb einen Dienstleister eingeschaltet, weil der zu Mitteln greifen kann, die der Redaktion verschlossen wären? Dann könnte eine Chefredaktion und eine Geschäftsführung – flöge die Sache auf – sich die Hände reinwaschen von jeder Schuld: War ja nur der Dienstleister.

Patricia Riekel ist „nichts bekannt“. Na, dann hat sie ja nochmal Glück gehabt.

Nachtrag vom 4.3.:
Die „Bunte“ lehnt sich nun sehr weit aus dem Fenster. Sie bestreitet, Aufträge an CMK erteilt zu haben. Vielmehr habe CMK selbst in zwei Fällen Fotos angeboten – mehr nicht. Wenn dies stimmt, bleibt die Frage, warum es so lange brauchte, bis solch eine doch offensichtlich simple Erklärung folgt. Sollte sich aber herausstellen, dass die „Bunte“ doch aktiv war und nicht nur Fotos, sondern auch Informationen einholte, dann dürfte Patricia Riekel nicht mehr zu halten sein.


Kommentare


Andreas Wollin 26. Februar 2010 um 12:09

Sehr guter Beitrag. Ähnlich Stefan Niggemeier: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/es-schnueffelt/

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Thorsten 26. Februar 2010 um 12:11

hallo thomas,

war die summe nicht für dienstleisungen aus den jahren 04-08? dann wären die gehälter für die drei mitarbeiter vielleicht nicht mehr so üppig. zudem, wie wir alle wissen, personalkosten bestehen nicht nur aus gehalt.

ist zwar am ende für die moral egal, aber ob der schluss zulässig ist, dass damit auch drei „bestens bezahlte“ redakteure für den gleichen zeitraum hätten beschäftigt werden können, darüber darf man diskutieren.

gruß thorsten

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Albert Warnecke 26. Februar 2010 um 12:37

Spontane Assoziation: Ist ja wie im Irak, da schicken die regulären Truppen auch die Jungs von Blackwater vor, um Dinge zu erledigen, die man zwar gerne erledigt haben möchte, aber mit denen man nicht so gerne direkt in Verbindung gebracht werden möchte. 😉

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Christian 26. Februar 2010 um 14:17

Ich bin wirklich kein Experte in solchen Themen. Aber ein Verlag kann für 250.000 Euro keine drei „bestens bezahlte“ Mitarbeiter einstellen. Wenn man den Betrag halbiert (Lohnnebenkosten) + Arbeitsplatz + Fremdkosten für Recherche, bleibt da sicherlich viel weniger übrig. Und wenn man dann noch sieht, dass man für Aufträge neben dem Tagesgeschäft auch zusätzliche Mitarbeiter benötigt, dann kann es schon Gründe geben, ein „Recherchebüro“ zu engagieren. Allerdings wären natürlich auch freie Mitarbeiter in Frage gekommen.

Ich weiß zu wenig über journalistische Anstellungsverhältnisse, als dass ich das auf Anhieb beurteilen könnte. Aber zumindest so eindeutig wie dargestellt, scheint es nicht zu sein.

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Mazo 26. Februar 2010 um 15:02

Bei aller Liebe, aber die 250.000 € aufgrund der Lohnnebenkosten zu halbieren (ein Kalkulationasufschlag von 100% für Lohnnebenkosten!) scheitn mir doch sehr übertrieben. Vielleicht sind 3 Mitarbeiter wirklich zu viel, aber 2 Mitarbeiter wären auf jeden Fall möglich gewesen.
Gerade bei Boulevardblättern wie der „Bunten“ sehe ich den Vorteil solcher Fremdfirmen aber tatsächlich in der rechtlichen Problemstellung, die durch solches Outsourcing elegant umgangen wird.

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Christian 26. Februar 2010 um 15:35

@Mazo: Ja, war „dahingeschrieben“. Die Klammer hätte den Arbeitsplatz umfassen müssen. Bestens bezahlt ist dann jedenfalls Definitionssache.

Ich bezweifle nicht, dass eine rechtliche Problemstellung umgangen werden soll, finde es nur nicht ganz so eindeutig.

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Thomas Knüwer 26. Februar 2010 um 19:48

*räusper* Was glauben Sie eigentlich, was Journalisten so verdienen? Traurigerweise meist nicht so viel, wie sie verdienen.

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wo kann ich 1. März 2010 um 12:35

„Wir recherchieren für Sie direkt vor Ort, bzw“ – du hast hier nen kleinen fehler 🙂

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Der angekündigte Harakiri des Hauses Burda 9. September 2010 um 17:56

[…] führt, egal in welchem Haus. Und nicht mal in seinem Stammgeschäft – der gar nicht oder von Detektiven recherchierten Klatsch-Presse – kann Burda ja noch punkten: Die […]

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Das Problem des Journalismus am Beispiel Bunte.de 27. Dezember 2010 um 12:58

[…] Es findet eben unter einer Marke statt die, trotz des ekligen Agierens ihrer Chefredakteurin Patricia Riekel in diesem Jahr, noch immer eine andere Ausstrahlung hat als “Das Goldene Blatt”. Es ist […]

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