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Glaubte man all jenen wütenden Kritikern des Internet, dann sind einige Herren, die gemeinhin der gehobenen Kultur zugerechnet werden, auf einem ganz falschen Dampfer. John Cleese, zum Beispiel, der gelegentlich blogt, twittert und podcastet. Aber gut, der ist ja Komödiant, ein Clown und da darf seine Benutzung des Web notfalls zum ironischen Kommentar auf die StudiVZ-Gesellschaft uminterpretiert werden.

Bei Stephen Fry wird es da schwieriger. Der Mann ist schließlich als Schauspieler hoch angesehen, noch dazu bekannt als Oscar-Wilde-Rezitator. Und trotzdem blogt er und podcastet und twittert.

Noch problematischer: Bestsellerautor Paulo Coelho – denn der ist auch noch von einer gewissen Zurückgenommenheit. Auf dem Pariser Internet-Kongress Le Web war es die wohl bestbesuchte Session: ein Interview mit Paulo Coelho über seine Online-Aktivitäten. Coehlo blogt und twittert nicht nur – er ist auch noch bei Myspace und Facebook aktiv. Schönes Zitat: „I love MySpace like a wife, I’ve been there for a long time. But Facebook is my mistress.“

Man kann nicht behaupten, dass jenes Gespräch auf der Bühne langweilig war. Da gibt es zum Beispiel ein Filmprojekt, das er mit seinen Lesern im Internet ankurbelte. Dann veröffentlichte er teilweise seine Werke kostenlos zum Herunterladen – was zunächst kein Verlag merkte. Erst als er dies auf dem DLD-Kongress erwähnte, gab es Ärger. Der Kompromiss: Man kann diese Bücher noch online lesen, aber nicht mehr auf die eigene Festplatt kopieren. Obwohl die rund eine Million Downloads laut Coelho keine Auswirkungen auf die Verkäufe gehabt hätten. Und: „Es ist doch das Ziel jedes Autors, seine Arbeit mit der Welt zu teilen. Ich säe meine Bücher.“

Ein Blog inklusive Videos betreibt der Brasilianer ebenfalls. Irgendwann sei er auf die Idee gekommen, Leser zu seiner jährlichen Privat-Party einzuladen. Die ersten 10, die sich meldeten, hätten Zutritt, die Reise aber würde nicht bezahlt. Ergebnis: Die Plätze waren in Minuten vergeben, bis aus Japan reisten die Gäste an. Dieses Jahr sollen es schon 40 Einladungen werden.

„Am Ende des Tages hat jeder Mensch etwas Interessantes zu erzählen“, sagt Coelho zum Thema Blogs. Ihn fasziniert auch die Kürze eines Blog-Artikels verglichen mit Büchern: „Man muss seine Gedanken in wenigen Sätzen zusammenfassen – fast wie ein Rock-Texter.“

Das, was in Deutschland derzeit Prokrastination genannt wird – also das Vertreiben der Zeit mit Online-Kommunikation, obwohl wichtige Schreibarbeit anstünde – ist für ihn wichtige Befruchtung: „Ich habe einmal versucht ein Buch in einer einsamen Hütte vor dem Kaminfeuer zu schreiben – es war mein langweiligstes Werk.“ Ist er online unterwegs, dann baue sich eine kreative Spannung auf, während er maile und kommuniziere. Allerdings: Ein Buch gemeinsam mit seinen Lesern zu erschaffen – das kann er sich nicht vorstellen. Coelho: „Bücher sind etwas sehr persönliches.“

Ein schönes Zitat lieferte er auch zum Thema Produktpiratiere. Die zu bekämpfen, lohne nicht: Man müssen ihre Mittel nutzen. Denn: „Die Piraten haben immer gewonnen. Am Ende hat man sie nur in den Adelsstand erhoben.“

Und zum Thema Internet meinte er: „Es dauert, bis die Gesellschaft versteht, was wir tun.“

Nach seinem Auftritt gab es noch die Chance zum kurzen Gruppeninterview. Und dessen Ergebnis gibt es in der neuen Ausgabe unseres Medienpodcast bel étage zu hören. Außerdem sprechen der Kollege Siebenhaar und ich über die Lage bei RTL zum 25.

Die bel étage gibt es bei Itunes oder hier:


Kommentare


dennis 21. Januar 2009 um 13:21

nix dagegen, wenn herren und damen aus der hochkultur twittern, was das zeug hält. deswegen muss man aber trotzdem kein coelho-buch lesen ;)))

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Leander Wattig 21. Januar 2009 um 17:10

Ich hatte vor ein paar Wochen mal alle Plattformen aufgelistet, auf denen er neben seinem Blog aktiv oder zumindest gelistet ist:

* Bebo
* BlogCatalog
* Delicious
* Digg
* Facebook #1
* Facebook #2
* Flickr
* FriendFeed
* hi5
* Jaiku
* LibraryThing
* Ma.gnolia
* Multiply
* MyBlogLog
* MySpace
* Netvibes
* Ning
* Plurk
* Pownce
* reddit
* StumbleUpon
* Technorati
* Tumblr
* Twitter
* Upcoming
* Vimeo
* YouTube
* Zooomr

Interessanterweise verlinkt Coelho auf seinem Blog auch die Seite Pirate Coelho, über die man zu Raubkopien seiner Werke gelangt. Er sieht diese nicht als Gefahr, sondern vielmehr als Marketing für seine Bücher. Zitat: “Piracy should be stimulated!”

http://leanderwattig.de/index.php/2008/12/28/paulo-coelho-im-social-web/

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