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Der letzte Arbeitstag 2008 läuft. Es war ein bewegtes Jahr, ein Jahr, in dem so viel passiert ist, dass es schwer fällt, sich an alles zu erinnern. Dies ist der 360. Artikel in der Indiskretion in diesem Jahr, über eine Million Seitenabrufe zählte dieses Blog in der Zeit.

Aber damit genug revuepassierereien, widmen wir uns lieber dem, was vor uns liegt. Dem Jahr 2009. Einem Jahr, dass nicht wirklich ruhiger werden dürfte. Und deshalb der Versuch einer Voraussage: Hier sind meine Tipps für die Trends 2009. Gerade habe ich nochmal meine Trend-Vorhersage für dieses Jahr nachgelesen. Und, hey, das war nicht so schlecht.

– Kampf der Journalisten gegen das Internet? Check.
– Entlassungswelle in Redaktionen? Check.
– Durchbruch für Online-Werbung in Zeiten der Flaute? Noch offen.
– Qualitätsverlust bei Medien? Check.
– Start von Handy-TV 2008 um 2009 zu sterben? Nein, es ging schneller.
– Facebook als StudiVZ-Problem? Nein, bisher nicht.
– Mehr Infrastruktur-Startups? Ja, durchaus, wenn auch nicht so stark wie erwartet.
– Landtagswahlen als Vorzeichen des Online-Wahlkampfs? Nein. Jedes Experiment wurde zerhackt, niemand durfte sich raustrauen.
– Das Jahr der Corporate Blogs? Da lag ich voll daneben.

So richtig schlecht lag ich mit meinen Vorhersagen für die Trends 2008 nicht. Also, jetzt nicht so völlig daneben, zumindest. Und deshalb hier der nächste Versuch: die Trends 2009.

1. Wahlkampf digital: Die Marketingabteilungen der deutschen Parteien träumen davon, das Internet so geschickt zu nutzen wie Barack Obama. Allein: Sie haben fast keine Erfahrungen im Netz. Um so erfolgreich zu sein wie das US-Idol, müssten die Parteien schon aktiv sein und Erfahrungen sammeln. Davon ist wenig zu sehen, und so werden wir viele Youtube-Videos und Blog-Erzählungen über Fehltritte von Politikern geliefert bekommen – aber wenig Inspiration für die Wähler.

2. Alles mobil: Die Handy-Branche legt eine Verschnaufpause in Sachen Innovationen ein. Die Top-Geräte haben an Technik, was sie brauchen. Nun werden zahlreiche Anwendungen auf dem Markt kommen, die versuchen, mobiles Web und Satellitennavigation neu zu nutzen. Würde Facebook sich mit GPS schmücken, so dass man erkennen könnte, welche Kontakte sich in der Nähe des eigenen Standortes befinden – es wäre ein Hit bei den Nutzern und würde zu Kollektivherzkaspern bei Datenschützern führen.

3. Die Revanche der Kunden: Marktforscher sagen, dass nie zuvor Verbraucher sich so intensiv über Produkte informiert haben, ehe sie ein Geschäft betraten. Und nie zuvor konnten sie ihre Erlebnisse dort derart dokumentieren und öffentlich machen. Und: Kunden können sich sogar organisieren und etwas gegen schlechte Leistungen unternehmen. Hersteller müssen sich auf digitale Protestaktionen gefasst machen, die auf Straßen und in Geschäfte schwappen werden – und von dort aus in die klassischen Medien. Außerdem werden neue, unabhängige Plattformen enstehen, auf denen Verbraucher sich über Bestandteile, Produktion und Transportwege von gekaufen Waren informieren können.

4. Neue Nachrichten: Klassische Medienhäuser realisieren, dass soziale Netze und Weblogs ihnen die Führung in der Nachrichtenauswahl abzunehmen drohen. Die ersten reagieren mit Innovationen: Mit Nachrichten.de hat „Focus Online“ eine neue Form der Nachrichtenaufbereitung im Netz angekündigt. Der Zusammenschluss von Zeit.de (wie das Handelsblatt Teil der Holtzbrinck-Gruppe) mit der Web-Redaktion des „Tagesspiegel“ und Zoomer darf mit Spannung erwartet werden.

5. Die sinkende Macht der IT-Abteilungen: Noch profitieren IT-Abteilungen in Unternehmen von ihrem Herrschaftswissen. Munter können sie alles in die höchste – und damit teuerste – Sicherheitsstufe heben. Die Wirtschaftskrise wird aber die Suche nach Einsparmöglichkeiten so weit treiben, dass auch bei der IT gespart wird und das gegen den Willen der dort Zuständigen. Dies werden einige Unternehmen auch mit Sicherheitsproblemen bezahlen müssen.

6. Neue Suche: Zum ersten Mal könnte Google ein winziges bisschen wackeln. Neue Suchmöglichkeiten werden entstehen, von der Bilderkennung über die Suche per Social Network. Langsam werden wir uns lösen von der Definition der „Suche“ als Eintippen von Worten in eine Suchmaschine.

Egal, was davon zutrifft und was nicht, so dürfte eines sicher sein: 2009 wird ein alles andere als langweiliges Medien- und Internet-Jahr.


Kommentare


Sebastian 30. Dezember 2008 um 12:46

Zu 6. (neue Suche) ein schönes Beispiel: Das Naturwissenschaftler-Netzwerk ResearchGATE http://www.researchgate.net bietet eine semantische Suchfunktion, die wirklich state of the art ist. Man kann dort auch ganze abstracts hochladen und so nach papers suchen, die sich mit ähnlichen Themen befassen. Very useful!

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Rainersacht 30. Dezember 2008 um 14:18

Zu deiner Corporate-Blog-Vorhersage: Sooo sehr lagst du nicht daneben, denn es sind im dritten Quartal einige gestartet – hat bloß niemand gemerkt. Mehrere Unternehmen nutzen seit diesem Jahr Blogsoftware (und das war meine Prognose ;–)) intensiv im Bereich der internen Kommunikation, andere in der Kommunikation mit Geschäftspartnern; was draußen eben kaum einer mitkriegt. Was weitestgehend ausgeblieben ist, sind so richtig echte Weblogs von Firmen für Konsumenten. Find ich aber auch nicht schlimm, weil der Nutzen (und der Spaß) für beide Seiten nur in ganz wenigen Fällen eintritt.

Anschließend daran könnte man für 2009 prophezeien: Bloggen wird auch nicht mehr das sein, was es mal war. Aber WordPress & Konsorten werden als Content-Management-Systeme heftig einschlagen im Bereich der Unternehmens-Websites – hat schon angefangen.

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mk 30. Dezember 2008 um 15:16

Zu Trend 2: Oder die Facebooks/Werkenntwens/StudiVZs dieser Welt entdecken aka-aki, die genau in Sachen Mobile Social Networking schon recht weit sind, deren Community aber noch zu klein zum eigenständigen Überleben ist, und wollen es sich alle einverleiben.

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kaltmamsell 30. Dezember 2008 um 18:43

Gebe Ihnen ebenfalls gegen Ihren Willen Recht mit den Corporate Blogs: Unter den Vorschlägen für die BoBs der Deutschen Welle waren eine Menge davon. Die allerdings derart irrelevant waren (\“gestern sind wir abends noch richtig gemütlich zusammengesessen und haben Ideen ausgebrütet, echt toll\“), dass niemand sie wahrgenommen hat.

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Sebs 31. Dezember 2008 um 0:10

5. ? Haha 😉 Sowas kann auch nur einem Journalisten rausrutschen.
Die lieben Herren Journalisten verbünden sich besser mit ihren IT Departments. Sie sind eure Partner und nicht eure Konkurenten um Budgets.
Ich kann die Angst riechen, aber genau diese Angst unterscheidet Verlage aus dem letzten und Verlage aus diesem Jahrhundert.

Dieser Kommentar lässt einen tiefen Schluß auf deine innere Verfassung zu. Ich glaube das die Kosten die bei Journalistengehältern gespart werden wohl eher in IT gesteckt sind wenn das Jahr vorbei ist.

Das 5. mit 4. stark kollidiert ist dir wohl auch klar. Die einzigen die da wirklich noch etwas reissen können sind die Damen und Herren von Yahoo und hier geht es rein um die Technische Basis. Stichwort: Cloud Computing 😉

Zusammengefasst: mit 4, 5 und 6 liegst du komplett falsch. Ichbin gespannt was nächstes Jahr ist.

Was du mit 6. willst ist mir auch komplett unklar ? Dir ist schon klar das Google grade jedwede Konkurenz vernichtet hat und es einfach aktuell keinerlei alternativezum Doppel-O gibt ?

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Thomas Knüwer 31. Dezember 2008 um 0:43

Ne, ne, da haben wir ein Missverständnis. 5. bezieht sich nicht auf Verlage, sondern auf Unternehmen generell. Und gemeint sind nicht Online-Redaktionen sondern in der Tat Fragen wie: Schaffen wir Blackberrys ab und machen die Outlook-Server auf für die neuen Nokia-Handys, die die gleiche E-Mail-Funktionalität bieten? Oder: Sollten wir mit IP-Telefonie experimentieren?

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Matthias Sch. 31. Dezember 2008 um 2:44

Corporate Blogs: also da hättest du FAST getroffen, wenn wir unseres – als das von GSC Research – im alten Jahr noch zum Laufen gekriegt hätten 😉

so wird\’s leider eher Ende Januar oder so, aber boersenalltag.de kannst du schonmal vormerken…. und *etwas* relevanter als von kaltmamsell skizziert wird\’s ganz sicher sein, versprochen!

und jetzt: Guten Rutsch!

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marcus@gmx.de 31. Dezember 2008 um 19:07

ist doch alles käse.. nix wirklich neues…

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Marcus Koch 31. Dezember 2008 um 20:50

Zu Trend 3: wir hoffen mit http://de.reclabox.com dann einen Teil zur Revanche beizutragen. Spannend bleibt die Frage, wie sich die betroffenen Unternehmen verhalten werden. Mit der bei vielen Unternehmen anzutreffenden strikten Trennung zwischen Beschwerde-Management und PR sind die \“Herausforderungen\“ der echten Kunden-Kommunikation (statt strategischer Kommunikation) nicht zu bewältigen.

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meistermochi 1. Januar 2009 um 18:32

falls es sie auch erwischt: bei astro-tv suchen \’se immer gute leute.

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SB 5. Januar 2009 um 16:47

zu 6:
Die Suchen dürften sich insgesamt mit Sicherheit ändern. Im Bereich der Literatursuche hat sich im Netz bereits schon etwas getan: Auf www.bilandia.de kann manzum Beispiel assoziativ, geografisch oder auch nach Farben neue Lesestoffen suchen.

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Robotix 6. Januar 2009 um 14:24

\“Der Zusammenschluss von Zeit.de (wie das Handelsblatt Teil der Holtzbrinck-Gruppe) mit der Web-Redaktion des \“Tagesspiegel\“ und Zoomer darf mit Spannung erwartet werden.\“

Diese durch nichts zu begründende Behauptung fällt ja wohl eher unter \“Corporate Blog\“, Herr Knüwer. Wieso sollte das Zusammenlegen und Schrumpfen von redaktion bzw. das Einstellen gescheiterter Onlineaktivitäten mit Spannung zu erwarten sein?! Weil Ihr Arbeitgeber Holtzbrinck es macht?!

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ichichich 6. Januar 2009 um 14:41

@bilandia: Bücher nach Farben? Ganz toll!

Noch toller: Ich habe geade mal nach Büchern gesucht, die \“im Frühling\“ und \“in der Postmoderne\“ spielen und bekomme \“Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft\“ empfohlen. Aha.

Was für ein Blödsinn.

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Thomas Knüwer 6. Januar 2009 um 14:52

@Robotix: Die Redaktionen werden nicht geschrumpft, sondern ausgebaut. Und das mit einem, wie ich schon früher schrieb, aus meiner Sicht höchst kompetenten Chefredakteur an der Spitze.

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