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Wussten Sie schon? Der Irak-Krieg ist beendet. US-Universitäten verlangen künftig keine Studiengebühren mehr. Harvard schließt seine Business School. Ach ja, mehr Radwege soll es in den USA auch demnächst geben. Schreibt alles die heutige „New York Times“.

Na ja, also… nicht die richtige „New York Times“… Vor fast genau zwei Jahren traf ich mich auf ein leckeres Chili und ein Interview mit einem sympathischen, fast schüchternen Frühvierziger in New York. Sein richtiger Name ist herausfindbar, spielt aber keine Rolle. Er nennt sich Andy Bichlbaum und ist Teil einer Aktivistengruppe namens Yes Men, über die ich für unser leider nur einmal erschienenes Magazin „Agenda“ geschrieben habe.

Die Yes Men spielen mit der Leichtgläubigkeit der Mächtigen. Für ihre Aktionen reicht ihnen oft eine Internet-Seite, die fast so aussieht und fast so eine Adresse hat, wie die eines Unternehmens oder einer Organisation. Dann müssen sie nur warten und es gibt die ersten Anfragen nach Sprechern auf Veranstaltungen.

Dann reisen sie an und erzählen vor erschreckend leichtgläubigen Wirtschaftern absurde Dinge. Die WTO hat schon mal die Sklaverei für eine interessante Sache gehalten, Dow Chemical sich zum Ensetzen der Börse bereit erklärt, die Opfer des Chemieunfalls im indischen Bhopal zu entschädigen.

Heute haben sie – nach langer Pause – wieder zugeschlagen. Allerdings, für ihre Verhältnisse, fast sanft und poetisch. In ganz New York wurden gefälschte Ausgaben der „New York Times“ verteilt mit ausschließlich positiven Geschichten – aus Sicht eines linken Aktivisten. Da kommen die US-Truppen sofort aus dem Irak zurück, George W. Bush wird wegen Hochverrats angeklagt, und Managergehälter werden gedeckelt.

Hut ab dabei vor der Idee, vor allem aber vor der Liebe zum Detail, mit der die Yes Men arbeiten. Neben der Zeitung gibt es einen originalgetreuen Internet-Aufritt, wo auch ein PDF der Zeitung zu sehen ist. Und sowohl in Print wie Online sind sogar die Anzeigen gefälscht. Respekt auch vor der schieren Masse: Unglaubliche 1,2 Millionen Ausgaben werden heute verteilt. Die echte „NYT“ zeigt sich per Blog-Eintrag übrigens geschmeichelt.

Wie die New Yorker die Sache aufgenommen haben? Dazu ein erstes Video der Yes Men selbst:


New York Times Special Edition Video News Release – Nov. 12, 2008 from H Schweppes on Vimeo.


Kommentare


PhilipS 12. November 2008 um 23:15

Website ist leider schon offline…File noch irgendwo anders zu finden?

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PhilipS 12. November 2008 um 23:16

nee blödsinn…fehler bei mir

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seeip 13. November 2008 um 10:38

Beste Szene bei Zeitstempel 1:30:
NY-Times Typ: \“We set the standard for the coverage of the Iraq War.\“

Zuschauer: \“Like Judith Miller?\“

NY-Times Typ: *zögert* … *flüchtet in Richtung Lobby*

Für alle, die wie ich kein perfektes Gedächtnis haben, zitiere ich mal aus dem Handelsblatt:
http://www.handelsblatt.com/politik/international/cia-affaere-laesst-liberale-und-konservative-zittern;979088;0
–Chefredakteur Bill Keller spricht jetzt von einer „Irreführung“ durch die Reporterin und davon, dass sie sich vermutlich vom Weißen Haus missbrauchen ließ, um eine Kampagne für den Irak-Krieg zu führen. Er hätte sie bereits an die Leine nehmen sollen, als Miller Berichte über Massenvernichtungswaffen im Irak ins Blatt brachte, die sich hinterher als falsch erwiesen. Andere werden noch deutlicher. Times-Star-Kolumnistin Maureen Dowd nennt Miller eine „Frau der Massenvernichtung“ und fordert ihre Entlassung.–

Sie arbeitet jetzt für FOX News, weitere Kommentare spar ich mir.

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Fragezeichner 13. November 2008 um 10:51

Geniale Idee. Eine Zeitung, die Visionen und Träume publiziert, die vielleicht eines Tages Wirklichkeit werden, könnte auch die Wahrwerdung dieser Träume etwas beschleunigen.

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NYC 13. November 2008 um 15:41

Zeitung wurde auch in San Francisco, Chicago Philadelphia und Washington verteilt.

\“[…] they created the paper to urge President-elect Barack Obama to keep his campaign promises.\“ !

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