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Wenn Kai Diekmann einen besonders weltfremden Moment hat, behauptet er, „Bild“ sei ein Qualitätsmedium. Und vielleicht muss man als Mitarbeiter des Handelsblatts ihm zustimmen, wenn man merkt, dass Diekmanns Redaktion vom Handelsblatt komplette Geschichten umschreibt, kürzt aber mit keiner einzigen neuen Information versieht. Journalisten dürfen voneinander abschreiben. Ein Stück weit. Und mit Nennung der Quelle.

Was heute Bild.de aber betreibt, geht für meinen Geschmack zu weit. Wobei ich in diesem Fall möglicherweise nicht neutral bin, da es unser Haus betrifft.

Meine Kollegin Astrid Oldekop und unser Peking-Korrespondent Andreas Hoffbauer haben für die jüngste Ausgabe unseres Freitags-Extra Perspektiven ein sehr lange, sehr schönes und unverständlicherweise nicht online stehendes Portrait der chinesischen Bloggerin Xu Jinglei geschrieben.

Auch Bild.de hat das gefallen. Weshalb sie flott behaupten:
„BILD.de stellt die außergewöhnliche Künstlerin vor.“

Was so aber nicht ganz stimmt. Perspektiven stellt Xu vor – Bild.de schreibt ab. Und zwar komplett. Immerhin tun die Boulevardisten in einem Nebensatz so, als hätten sie sich nur ein Zitat aus Perspektiven geschnappt:
„Über ihr Leben in China sagt sie in einem Interview im „Handelsblatt“-Magazin „Perspektiven““

Vielleicht reicht das heutzutage schon, um den Vorwurf des journalistischen Plagiats abzustreifen.

Nachtrag: Inzwischen hat Bild.de den Wortlaut geändert und bezieht sich prominenter auf „Perspektiven“.

Nachtrag II: Der Artikel aus „Perspektiven“ ist und auch online.


Kommentare


W. Sparbier 11. August 2008 um 18:24

Was denkt Ihr eigentlich was Bild ist?
Eine billige Illustrierte auf schlechtem, stinkendem Papier hingerotzt
von einer Journaille, der es alles egal ist, Hauptsache es verkauft.
Da darf es also nicht weiter verwundern, das da, wo immer bei Bild ernsthafter Journalismus durchblitzt, schamlos abgeschrieben wurde.
Bild.de ist lediglich die schnellere und noch billiger produzierte Internethure
der schmuddeligen Prekariatsschmonzette.

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ralf schwartz 11. August 2008 um 18:34

Ist doch einen Hinweis ans Bildblog wert, oder?

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Ugugu 11. August 2008 um 19:49

Solange der Original-Artikel nirgends online zugänglich ist, glaube ich kein Wort. 😉

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Woo 11. August 2008 um 20:34

Ich wundere mich jeden Tag aufs Neue, wann denn endlich mal juristisch die richtig dicke Keule gegen die \“Bild\“ aufgefahren wird. Es kann doch auf Dauer nicht angehen, dass diese Redaktion taeglich erwiesene Unwahrheiten, stumpfe Plagiate und Artikel die unter Missachtung saemtlicher Grundrechte entstanden sind wirtschaftlich ausschlachtet, im Wochentakt vom Presserat Mahnungen kassiert, und trotzdem weitermachen darf.
Nichts liegt mir ferner als die Pressefreiheit einzuschraenken, aber bedeutet die denn, dass man sich unter dem Deckmantel der Informationslieferung _alles_ erlauben darf? Wo hoert die Pressefreiheit auf, und wo faengt vorsaetzliche Misinformation an? Wieso duerfen Bild-Redakteure so oeffentlich auf den Rechten anderer Buerger herumtrampeln?

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S. Tsainis 12. August 2008 um 0:20

Oh Mann, ey. Das ist (wieder einmal) ohne Worte. Dass es ihnen auch gar nicht peinlich ist ?! Ich würde mich ja aus Angst, mich lächerlich zu machen, vorab schämen und dann nicht zum Griffel greifen. Die wissen doch, dass ihre krummen Dinger auffliegen. Aber diese Art von Scham scheint dort wirklich unbekannt zu sein.

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Lukas 12. August 2008 um 2:13

Ich bin ja schon fast froh, wenn sie mal nur aus deutschen Quellen abschreiben. Da können sie wenigstens keine Übersetzungsfehler machen.

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Tim 12. August 2008 um 8:06

Keine Übersetztungefehler … aber oft verstehen die Bild \“Redakteure\“ auch deutsche Aritikel einfach nicht. siehe diesen Bildblogeintrag:
http://www.bildblog.de/2993/fest-geklitterte-zeit-geschichte/

… bzw sie wollen Artikel falsch verstehen …

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Tobi 12. August 2008 um 9:59

Solange solche \“Journalisten\“ nach ihrer Bild-Karriere freudig in andere, gerne auch angesehene Verlage/Zeitungen wechseln, bzw dort auch noch z.B. Ressortleiter werden, wird es zumindest auf unterster ausführender Ebene so weitergehen. Wo bleibt die gesellschaftliche Ächtung von Bild-Mitarbeitern? 😉

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Sascha Stoltenow 12. August 2008 um 10:04

Die Spuren sind getilgt. Jetzt steht da im Vorspann: \“Das „Handelsblatt“-Magazin „Perspektiven“ sprach mit der Bloggerin, stellt die 34-Jährige in seiner aktuellen Ausgabe vor.\“

Die journalistische Qualität des Bild liegt hier wohl vor allem darin, nicht einen PR-Text, sondern einen redaktionellen Beitrag abgekupfert zu haben.

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Moritz 12. August 2008 um 10:12

Zur Prekariatsschmonzette:
Bild ist die böswillige Prekariatsverdummungsmaschinerie im Schafspelz des Prekariatsanwaltes.

Und \“wir\“ kritische Leser können uns hier aufregen, so lange wir wollen. Wir werden niemanden erreichen, den wir noch überzeugen könnten. Und die Hauptzielgruppe der Bild wird sich nicht weit genug von ihrem Blut- und Boden- ähh Busenblatt entfernen um die kritischen Stimmen zu vernehmen.

Im Prinzip müssten wir uns vor die Kioske stellen und dem frisch bedröhnten Bildkäufer den Finger in die Makulatur stecken und sagen: \“Das und das und das ist schlicht gelogen\“ Wenn er jedes zehnte Mal glaubte, wäre schon viel gewonnen.

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Hannah 12. August 2008 um 10:27

Kann man die dafür nicht rechtlich belangen? Das ist doch Diebstahl von gedanklichem Eigentum!

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Florian Dersch 12. August 2008 um 11:17

Mit dem Zitieren haben nicht nur die Kollegen von der BILD \“Zeitung\“ so ihre Probleme, sonderen auch die klugen Köpfe des Qualitätsjournalismuses:
Haarsträubende Geschichte:
http://blog.stuttgarter-zeitung.de/?p=108

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bildermann 12. August 2008 um 13:39

Ich finde es schon bemerkenswert, das in der BILD nicht steht \“Die schöne Bloggrein aus China\“ oder sowas.

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Hansch 12. August 2008 um 16:59

Nu steht – folgt man dem Link – folgendes:
\“Das „Handelsblatt“-Magazin „Perspektiven“ sprach mit der Bloggerin, stellt die 34-Jährige in seiner aktuellen Ausgabe vor.\“

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Ugugu 14. August 2008 um 12:05

\“wird zitiert\“, so, so…

http://www.20min.ch/digital/webpage/story/24687908

Man kann die \“Originalquelle\“ also auch ohne Hemmungen ganz weglassen.

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Thomas Knüwer 14. August 2008 um 13:13

@Ugugu: Die Originalquelle ist unser Artikel. Astrid hat sich mit der Bloggerin in China getroffen.

Übrigens ist der Artikel nun endlich online: http://www.handelsblatt.com/journal/olymp_wirtschaft/fraeulein-xu-macht-urlaub;2022074

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Ugugu 14. August 2008 um 14:35

ischonklar. war auch eher ironisch gemeint mit hinweis auf \“20min.ch\“: vonwegen orignalquellen braucht man nicht zu zitieren. abgesehen davon: jetzt wo das original im netz steht, glaube sogar ich die story 😉

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EN.KI 15. August 2008 um 13:34

Will man Profit machen, die Meinungen der Bürger manipulieren oder sogar Politiker in ihren Entscheidungen, im Sinne von B***, bevormunden, dann ist die Konzeption von Dieckmann genau der richtige Weg. Es zählt nicht der Wahrheitsgehalt der Informationen oder deren Ursprung, sondern das Ergebnis dieser Meldungen.
Siehe Sebnitz oder das Schüren der Rentenangst. Als offizielles Verlautbarungsorgan, hauptsächlich für die Versicherungswirtschaft und der CDU kann es Springer und Dieckmann egal sein, wie und woher die Informationen kommen. Sie müssen nur ihre Zwecke erfüllen. Was wesentlich katastrophaler ist, Medienleute die es besser wissen/ können müßten, machen den ganzen Blödsinn auch noch mit. Akzeptieren B*** als Leitmedium und unterstützen mit ihrem Bezug auf das Schmierenblatt diesen Schweine-Journalismus.

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