Skip to main content

Die Medienbranche ist klatschfreudig und selbstverliebt. Und deshalb ist die Ankündigung eines neuen Brancheninformationsdienstes genug, um die Gerüchteküche aber mal so richtig brodeln zu lassen. Erst recht, wenn dieser Dienst von jemand kommen soll, der erst zum Wunderkind erklärt wurde – und dann zum Ikarus: Dirk Manthey.

Meedia wird sein neues Baby heißen und am 14. Juli starten. Gestern waren der Kollege Hans-Peter Siebenhaar und ich vor Ort bei der Redaktion und beim Chef. Die Medienjournalisten gaben sich gestern in der alten Piano-Fabrik am Schulterblatt in Hamburg die Klinke in die Hand. Nicht, weil es hier die besten portugiesischen Restaurants gibt, sondern weil Meedia geladen hatte.

Hier zum Beispiel sehen wir „W&V“ler Gregory Lipinski und „Welt“lerin Ulrike Simon sowie Hans-Peter Siebenhaar:

Sie alle zog es in die „Werkhalle“ der Ex-Fabrik, in den ersten Stock. Dort residiert unter klobigen Holzbalken die Redaktion von Meedia in Startup-Atmosphäre. Der Chef für’s Tagesgeschäft ist Georg Altrogge, der für Manthey schon „Tomorrow“ leitete. Ein höchst ruhiger Mensch, vielleicht muss man so sein, wenn man mit einem brodelnden Chef wie Manthey auskommen will.

Den trafen Hans-Peter und ich dann daheim an der
Außenalster. Daraus ist eine Geschichte für das gedruckte Blatt entstanden, die es hier zu lesen gibt.

Denn viel wichtiger als er selbst ist hier ja die Frage: Wie isses denn nun, dieses Meedia? Antwort: Gut. Hat was. Könnte was werden.

Die Seite ist in ihrer Anmutung recht kühl und weiß. Sie eröffnet mit einem Vorspann mit großen Bildern, ähnlich wie das Daylife tut. Auf der eigentlichen Hauptseite findet sich oben ein dezent-kleines Logo, umrahmt von vier Anreißern mit Bild. Darunter wechseln sich fünf bebilderte Hauptgeschichten ab, die jeweils textlich angerissen werden. Links daneben liegt die Hauptnavigation, die sich aber nicht komplett die Seite herunterzieht. Sie unterteilt sich in „News“, „Background“, „Specials“ und „Tools“.

Dann folgt ein Balken mit den Medien-Videos des Tages, die von allerlei Quellen abgegriffen werden. Bemerkenswert: Schaut man sich die Videos an, bedeckt eine dunkle, halb transparente Fläche den Bildschirm, in deren Mitte das Video läuft. Somit konzentriert sich der Bild wesentlich stärker auf den Film – eine interessante Lösung.

Unter dem Videobalken wird es dann kleinteiliger, mit Nachrichten in der Mittelspalte und verschiedenen Rubriken, wie den Einschaltquoten des Vortages, rechts und links. Videos aber spielen eine besondere Rolle: Sie tauchen ständig auf, obwohl Meedia zum Start noch nicht großartig selbst produzieren wird.

Zwei Dinge weitere Dinge heben die Seite von der Konkurrenz ab: Zum einen die Auslandsberichterstattung. Wenn es deutsche Medienmanager tatsächlich interessiert, was in anderen Ländern passiert, dann werden sie bei Meedia so ausführlich fündig, wie nirgends sonst im deutschsprachigen Bereich. Unter anderem wird Manthey selbst ein US-Special betreuen.

Zweiter Absetzpunkt gegenüber den Rivalen: die Tools. Oder Instrumente, wie man außerhalb von Hamburg sagt. Wunderbar einfach und flüssig lassen sich zum Beispiel die IVW-Zahlen abfragen. Oder es gibt einen Zeitablauf der Einzelverkäufe von „Spiegel“, „Stern“ und „Focus“, gekoppelt mit den Titelgeschichten – für Magazinmacher höchst spannend. Diese Zahlen gibt es natürlich anderswo auch – Meedia präsentiert sie aber erheblich nutzerfreundlicher.

Hoffentlich werden diese guten Funktionen aber nicht durch journalistische Fehltritte in den Hintergrund treten. Heute tauchte bei Meedia (derzeit noch im geschlossenen Beta-Stadium) ein Text über das Online-Angebot der „Waz“, dem Westen, auf. Und darin steht:
„Der Westen bildet eine eigens geschaffene Online-Redaktion in Essen, in der ein 22-köpfiges Team an einem einzigen ovalen Tisch sitzt – fern und unbehindert vom Düsseldorfer Print-Hauptquartier.“

Aua!

Am 14.7. soll es nun losgehen. Der Wind wird rau werden, das ist klar. Der unmittelbare Konkurrent „Horizont“, giftete gestern in Person seines Chefredakteurs Volker Schütz schon mal los. Stil sieht anders aus. Positives kam dagegen von Mario Sixtus, der twitterte: „Ich habe das Ende von Turi, Kress & Co. gesehen und es heißt Meedia.“

So euphorisch sehe ich Meedia nicht. Aber es ist ein Angebot, das mir Sorgen machen würde, wäre ich verantwortlich für Kress, Turi2 oder DWDL.

Nachtrag: Ich sehe gerade, dass unser Dienstleister DPA-AFX unsere Print-Geschichte vertont hat. Und das können wir ja jetzt einbetten (kann übrigens jeder Leser). Also:


Kommentare


*Gelöscht* 4. Juli 2008 um 18:30

***Hier stand ein Kommentar, der nichts mit dem Thema des Artikels zu tun hatte.***

Antworten

Torsten 4. Juli 2008 um 21:54

Ich ziehe das gegentelige Fazit von Mario Sixtus: Seit ich Meedia gesehen habe, verstehe ich warum Turi ein bisschen Erfolg hat.

\“Exklusive Videos\“, die nicht exklusiv sind, abgeschriebene alte Stories und eine Navigation die gleichzeitig überladen ist und gleichzeitig keinen Inhalt bietet.

Antworten

John Dean 4. Juli 2008 um 23:33

Contenance! Zunächst betrachte man einige Zeit den Content. Wenns nix ist, ist es wie Katzen-Content.

Meine (steile) These: Media Magazine/Branchen-Info-rmations-Dienste sind für Journalisten so sinnvoll wie der klassische Katzen-Content für Katzen-Liebhaber.

In etwa genauso nutzlos.

Antworten

Peter Turi 5. Juli 2008 um 20:35

Mario Sixtus sagt viel, wenn der Tag lang ist. Und von Branchendiensten hat er soviel Ahnung wie eine Kuh vom Radfahren.

Dirk Mantheys neues Portal ist ein echtes Pfund, das habe ich schon vor vielen Wochen geschrieben. Es ist es ein mächtiges, breites Portal und turi2 ist ein kleiner, spitzer Blog. Ich denke, beide Sites ergänzen sich, tun sich dabei gewiss nicht weh: Meedia kann sich darauf freuen, dass wir sie verlinken werden, wann immer etwas interessantes dort steht; wir freuen uns, dass ein großer, mächtiger Mediendienst den Werbekunden zeigen wird: Hey Leute, online only geht auch.

Allerdings freuen wir uns auch schon heute über ein vollfettes Anzeigengeschäft, das offensichtlich den Neid und die Missgunst von Herrn Sixtus und anderen Ex-Avantgardlern befeuert.

Antworten

Katzenblogger 5. Juli 2008 um 23:09

Aber meine Herren!

Wer wird denn gleich streiten? Ist der Preis für Ölsaaten schon so hoch gestiegen, dass wir uns gegenseitig die Butter vom Brot stehlen müssen?

Schauen Sie, Herr Turi, der Herr Sixtus ist doch ein Netter. Er kann gute Artikel verfassen, er ist auch mal originell, und er ist nicht der schlechteste. Vier Pluspunkte! Sie müssen ihn ja nicht gleich heiraten, aber ein klein wenig Respekt kann nie schaden. Oder?

So, und ich gehe zurück zu meinem fernsteuerbaren Katzenfütterungsautomaten. Ach, da fällt mir ein, räusper, also eine Frage.

Weiß denn schon jemand, welchem Konzern Meedia nahe ist?

Antworten

Thomas Lückerath 6. Juli 2008 um 9:44

Ich bin weiterhin sehr gespannt auf Meedia, aber nicht ängstlich. Um auf Deinen letzten Satz einzugehen, Thomas. Interessant finde ich die komplett andere Herangehensweise im Vergleich zu uns bei DWDL.de. Wir haben vor sechseinhalb Jahren einfach mal losgelegt. Das führt heut natürlich dazu, dass manche Sache aus heutiger Sicht peinlich war und das wir auf dem Weg zu dem Angebot von heute auch große Fehler gemacht haben. Wir haben uns aus uns selbst heraus entwickelt. Meedia wählt den genau umgekehrten Weg und will wohl vom ersten Tag an Maßstäbe setzen, wie man so liest.

Die härteste Konkurrenz ist immer die, die es noch nicht gibt. Das hab ich mal vor einem Jahr in einem Interview gesagt. Gilt noch immer. Aber wir arbeiten konzentriert an DWDL.de und freuen uns, dass die Reichweite weiter steigt. Solange wir unser Bestes geben, tangiert mich der Wettbewerb erst einmal nicht. Von der Logik “der eine muss verlieren, damit der andere gewinnen kann” halte ich nicht viel. Und wenn ich bei Renner folgendes lese….

\“Selbst recherchierte Nachrichten haben bei uns nicht allererste Priorität\“, sagt Manthey. \“Mit News kann man sich nur bedingt profilieren.\“

…dann sehe ich dem Wettbewerb gelassen entgegen. Ich habe bei DWDL.de immer die Meldungen im Mittelpunkt gesehen. Schon im Vergleich zu Portalen wie W&V und Horizont haben wir unsere Anzahl an Features gering gehalten und etwas klarer auf Themen fixiert. Kein Fußball-Tippspiel zur EM. Keine Bildergalerie mit den schönsten Partyfotos. Selbst keine Community. Nicht, weil ich das schlecht fände. Aber so lässt sich klar sagen, dass wir einen deutlich höheren Prozentsatz unserer PIs allein durch Artikel und Themen erreichen. Und wir zumindest haben uns damit profiliert.

Also: Soll Meedia mal kommen. Ich freu mich insbesondere darauf mal wieder was von Jens zu lesen.

Schönen Sonntag allen,
Thomas

Antworten

weltherrscher 6. Juli 2008 um 11:17

au ja, ich mach jetzt auch einen media-dienst auf.
ich starte als blogger und ende dann als springer-presse-verlautbarer.
tolle vorstellung..

Antworten

Thomas Knüwer 7. Juli 2008 um 8:48

Unser im Text erwähntes Manthey-Portrait für Print gibt es hier zu lesen: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/koepfe/fit-for-meedia;2008323

Antworten

Joachim Graf 7. Juli 2008 um 10:15

Medienleute haben wohl einen höheren Bedarf an selbstreferenziellen Medien als Leute anderer Branchen. Deswegen gibt es ein halbes Dutzend Journalistenzeitungen, Verlagszeitungen und von den ganzen Werbefachzeitschriften ganz zu schweigen.

Bei den interaktiven Medien ist die Luft dann zwar dünner, die Medien aber generell aufgrund der Internet-Nähe spitzer. Insoweit glaube ich, dass Meedia eine Chance hat – und die anderen Mediendienste auch. Konkurrenzkampf sehe ich da weniger.

Antworten

Thomas Knüwer 7. Juli 2008 um 10:48

@Joachim Graf: An einer Front wird es schon Kampf geben: die Anzeigen. Da wird sich der Markt nicht großartig erweitern, eher im Gegenteil.

Antworten

Don Alphonso 7. Juli 2008 um 11:03

Ich habe nicht den Eindruck, dass man hier von Anzeigen sprechen sollte. Das war mal, als Kress selbst das Ruder schwang. Aber inzwischen sind die Branchendienste in ihrer Berichterstattung so unabhängig wie der Hofpoet vom absolutistischen Herrscher. Medienkonzerne geben jedem einen kleinen Obulus, und schon b´hat man eine gute Plattform zum Durchreichen, egal, ob das jetzt deutsche-startups für Holtzbrinck oder Springer mit ihrem Schosshu äh Mediendienst \“Turi2\“ ist, der trotz (oder wegen?) der angeblichen Gewinne offensichtlich noch immer seine Bilder teilweise durch Urheberrechtsverletzung generiert. DWDL ist da natürlich anders – aber da gibt es auch eine Besitzerstruktur mit Leuten und Firmen, die nicht wirklich besser ist.

Antworten

*Gelöscht* 9. Juli 2008 um 12:15

***Hier stand ein Kommentar, der nur darauf auswar, einen anderen Kommentator zu beleidigen.***

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*