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Der Frühjahrskonferenz-Zirkel findet für mich mit dem heutigen Tag sein Ende. Die Next08 hinterließ ein zwiespältiges Bild. Jedes Jahr wird die Next, organisiert von der Multimedia-Beratung Sinner Schrader, ein Stück besser.

2006 war sie als kleiner Hauskongress gestartet, der den Organisatoren über den Kopf wuchs. Ein Jahr später war sie eine richtige Konferenz mit Schwächen in der Organisation. In diesem Jahr nun war sie hervorragend organisiert – besser als all die anderen Branchentreffs in Deutschland. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass im kommenden Jahr auch noch die letzte nötige Ingredienz hinzu kommt: interessante Inhalte.

Leider nämlich waren die meisten Referenten wenig bis gar nicht auf das eingestimmt worden, was sie erwartete. Viele von ihnen hielten heißluftige Firmenpräsentationen von hohem Langeweilewert. Tiefpunkt war Bertelsmann Ralf Schremper, der fünf Minuten lang erklärte, was sein Arbeitgeber so macht, aber kein einziges inhaltliches Statement für nötig hielt. Dafür lieferte er meinen persönlichen Satz der Next08:
„Wir folgen dem Kunden… und holen ihn da ab, wo er ist.“
Oder auf Deutsch: Bertelsmann dreht sich im Kreis.

Ebenso langweilig war sein wattebäuschiger Wortwechsel mit Mercedesser Seven Dörrenbacher. Ein wenig mehr Fleisch lieferten die Touristiker. Thomas-Cooke-Mann Oliver Rengelshausen und Tui-Vertreter Stefan Schaub erfreuten sich an einem Dienstleister, der ihre Kunden befragt und deren Hotelbewertungen auf ihren Seiten veröffentlicht als Gegenentwurf zu Tripadvisor & Co. Auf Nachfrage, wo die Motivation für solch ein Angebot liege, war Rengelshausen erfreulich ehrlich:
„Holidaycheck ist das am schnellsten wachsende Reiseportal auf dem deutschen Markt. Kunden, die dort eine Kritik lesen, buchen auch dort. Dass können wir aus Verbriebssicht nicht zulassen.“

Ich war nicht der einzige, der da skeptisch war. Im Netz geht es nach dem Willen der Kunden und nicht der Anbieter. Und die haben sich längst für andere Portale mit mehr Funktionalitäten entschieden.

Eine schöne Idee waren die parallel zu den Podien laufenden Startup-Sessions. Oft erschreckend aber waren die Vorträge der Gründer. Die Idee, dass solch ein Auftritt dem Zweck dienen könnte, die Zuhörer zu begeistern, scheint eine nur unzureichend in den Köpfen verbreitete. Teilweise erweckten die Sprecher den Eindruck, sie seien dabei, ihre Firmen zu Grabe zu tragen. Vielleicht haben sie diese auch nur gegründet, um in der Bar Mädels mit dem Spruch aufzureißen: „Du, ich ab gerade nen Web-Startup gelooonscht.“ Übrigens: Eine Gründerin ist mir heute auf den Sessions, die ich gesehen habe, nicht begegnet – bemerkenswert.

Äußerst positiv aber war das Drumherum. Das noch Auto-Museum Prototyp ist schön, wenn auch sehr hellhörig. Im Zelt davor war es warm, aber geräumig, das Networking-Biotop erblühte in schillerndsten Farben. Das Essen war in Ordnung, Getränke auch, um alle Facetten abzuklappern.

Die Next also hat die besten Vorraussetzungen zur wichtigsten Web-Business-Konferenz in Deutschland zu werden – wenn die Organisatoren mehr Blut, Schweiß und Kreativität in die Inhaltegenerierung investieren.

Und hier noch eine Zusammenfassung im Bild:


Kommentare


Jochen Hoff 16. Mai 2008 um 7:58

Hervorragend organisiert aber es fehlen die Inhalte. Nein. Die fehlen gar nicht. Bullshit Bingo gibt es an jeder Ecke. Das Spiel gibt es doch schon seit Ewigkeiten. Was ist das wichtigste auf einem Kongress? Klar mit den anderen Saufkumpanen den Terminkalender für die nächsten Kongresse abzustimmen.

Die Leute arbeiten ihre Kongresskalender ab. In immer gleichen Vorträgen, in denen nur die Worte anders zu Sätzen zusammengefügt wurden. Innovative Begeisterung. Ja wie denn? Selbst wenn da jemand mit der Idee des Jahrtausends auftauchen würde müsste er sie doch in das Bullshit-Bingo pressen. Das Tänzchen in den alten Schrittfolgen tanzen.

Kann man Sommerurlaub mit dem Schneewalzer verkaufen. Wohl eher nicht. Auch Drachenfliegen passt nicht zum Schneewalzer.

Die next und all die anderen Veranstaltungen befriedigen Bedürfnisse, von denen angenommen wird, das die anderen sie haben, während man selbst nur müde lächelt. Es hat aber keiner diese Bedürfnisse und während jeder glaubt das der andere befriedigt wird, gehen alle unzufrieden nach Hause, befriedigt nur in dem Punkt, das ihre Nichterwartung wieder mal erfüllt wurde. Im nächsten Jahr wird alles besser. Ja. Klar. Muss ja. Bis dann.

Zu den Vorträgen der Gründer. Das ist unser großes Problem in Deutschland. Entweder haben die Ideen, dann können sie die nicht verkaufen, oder sie haben keine Ideen die sie dann mit viel Elan und ohne Rücksicht jedem um die Ohren schlagen.

Was uns fehlt, wie ich schon früher angemerkt habe sind Überzeugungstäter:

\“Wie wäre es mal wieder nach Menschen, nach Überzeugungstätern zu suchen. Wie oft sehen wir Präsentationen die von demjenigen, der von uns Geld oder Unterstützung, will noch nicht einmal verstanden werden. Wenn auf der next08 wirklich Wagniskapitalgeber und nicht nur Wagniskapitalredner sind, dann bietet ihnen Persönlichkeiten. Leute die auf einer Postkarte die Welt erklären können, Fanatiker, Besessene.\“

http://www.duckhome.de/tb/archives/2067-Martin-Recke,-SinnerSchrader-und-die-next08.html

Keine Sorge auf der next09 wird alles besser und dann erst auf der next1.0. Vielleicht könnte ja mal jemand Martin Recke um ein Statement bitten, was die next denn für SinnerSchrader bedeutet und bewirken soll.

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Weltenweiser 16. Mai 2008 um 9:22

Organisatorisch hätte ich die Bitte, dass es nächstes Jahr ein stabiles WLAN gibt. Das war ein echter Schwachpunkt.
In den Bertelsmann Vortrag hab ich mich gar nicht erst reingesetzt. Da hast Du leider parallel in der eins einen aus meiner Sicht ganz interessanten Vortrag verpasst. Mich wundert ja, dass Du nichts zur Bürgerjournalismusdebatte geschrieben hast.

Mit geputzten Schuhen,
Weltenweiser

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Frank Stepan 16. Mai 2008 um 9:28

…Die Next also hat die besten Vorraussetzungen zur wichtigsten Web-Business-Konferenz in Deutschland zu werden – wenn die Organisatoren mehr Blut, Schweiß und Kreativität in die Inhaltegenerierung investieren…

Wenn es Ihnen um Inhalte geht, dann werfen Sie doch mal einen Blick auf das Programm der webinale 08 (webinale.de). Dort sollten Sie fuendig werden!

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Tim 16. Mai 2008 um 13:44

Inhalte? Die next wird von einer PR-/Werbe-Firma ausgerichtet! Das hört sich so seltsam an, wie von einer Surfschule Wissenschaft zu verlangen.

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Ibrahim Evsan 16. Mai 2008 um 14:01

Die gesamte Veranstaltung war gut. Das Essen war ok – aber nicht extrem gut. Ich habe noch jedoch nie so unfreundliche Türsteher wie bei der Next08 erlebt. Das ist einfach extrem unprofessionell. Noch nicht einmal ein Taxi wurde für mich gerufen, obwohl ich erwähnt habe, dass mein Handyakku leer ist. Dadurch habe ich mein Flug verpasst. Sehr traurig!

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Martin Recke 16. Mai 2008 um 14:49

Was die next conference für SinnerSchrader bedeutet? Sie ist eine großartige Gelegenheit, mit sehr vielen interessanten Leuten ins Gespräch zu kommen und im Gespräch zu bleiben. Von Anfang an hat sie eine hohe Eigendynamik gehabt, sodass wir gar nicht anders können, als sie von Jahr zu Jahr weiterzuentwickeln.

Tim, \“PR-/Werbefirma\“ stimmt nur bei relativ grober Betrachtung. Wir sind eine Interaktivagentur. Früher hätte man Online- oder Internetagentur gesagt, aber diese Gattungsbegriffe sind mir inzwischen zu breit.

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Thomas Knüwer 16. Mai 2008 um 16:27

@weltenweiser: Die Bürgerjournalismus-Debatte war so unglaublich langweilig, dass ich mein Gedächtnis nicht damit belastet habe.

@jochenhoff: Doch, es gibt gute Konferenzen. Picnic in Amsterdam, zum Beispiel. Von solchen Tagen kommt man intellektuell bereichert und voll mit Ideen zurück

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Ulrike Langer 16. Mai 2008 um 18:31

Die Bürgerjournalismus-Debatte lief völlig abseits von allem, was 2008 an diesem Thema interessant gewesen wäre. Das lag vor allem am Moderator. Die Bertelsmann-Präsentation fand ich auch nur peinlich, aber mein Eindruck von der next 08 ist dennoch, dass es auch viele interessante Inhalte gab. Geraldine Wilson, die beiden von Result (wie man sein Start-Up auf internationale Märkte bringt) und Nate Elliott von JupiterResearch fand ich bereichernd. Die Orga war klasse, das Essen okay. Mir war\’s die Reise wert.

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Tapio Liller 16. Mai 2008 um 18:38

Für mich war die Next vor allem eine großartige Networking-Gelegenheit. Die Sponsoren- Corporate-lastigen Vorträge habe ich bewusst ausgespart, deshalb war der Bullshit-Faktor für meine Auswahl erfreulich niedrig (selbst auf der Re-Publica gab\’s Heißluft). Eine Gründerin gab\’s dennoch: Julika Bleil, die mit Philipp Spethmann die \“Internetfernbedienung\“ Allyve.de vorstellte – das aber leider auch furchtbar lustlos…schade.

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Christian Scholz 17. Mai 2008 um 1:29

Ich war ja nicht da, da ich das zeitlich leider nicht geschafft habe aber irgendwie hört sich das alles für mich nicht so \“next\“ an. Für mich sind als nächstes eher die Fragen dran wie \“Was bedeutet die weitere Öffnung von Plattformen\“ oder \“Wie kann ich virtuelle Welten in Zukunft nutzen und was tut sich dort\“.

Klar ist wohl auch, dass viele Konferenzen mehr wegen des Networking als des Inhalts gemacht oder besucht werden, was natürlich schade ist, denn beides zusammen wäre ja doch besser. Auf so vielen dieser Business-Konferenzen bin ich ja nicht und sowieso mehr ein Freund des Barcamps (denn da sind Inhalte und Networking eher eins) aber zumindest die Open Source-Konferenzen, auf die ich gehe, haben schon beides.

Was ich mir für die Zukunft von Konferenzen aber dennoch mehr wünschen würde, wäre:
– einen Unconference-artigen Teil (das planen wir z.B. gerade auch bei der EuroPython ein)
– einen Live-Videostream aus möglichst allen Räumen (auch das planen wir). Ich persönlich fände ja Second Life auch immer interessant, da das dort wie gemeinsam TV schauen und drüber sprechen ist.
– einen Chat, wo sich die Zuschauer austauschen können und evtl. noch Fragen an den Vortragenden stellen können.

Nun trudeln ja so langsam die Videos ein, aber irgendwie schaue ich Konferenzen doch eher live als aufgezeichnet, eben da man das dann auch eher zusammen tut und in irgendwelchen Chats dann auch direkt drüber diskutiert.

Das wäre für mich auch \“next\“, btw 😉

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Michael van Laar 19. Mai 2008 um 17:43

Ich kann der Zusammenfassung nur zustimmen. Wirklich umgehauen hat mich die next08 nicht. Im nächsten Jahr werde ich jedenfalls nicht vor Ort sein, sondern mich auf das Anschauen der Videomitschnitte beschränken. Das reicht mir voll und ganz.

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