Langsam wird die Sache mit der Facebook-Werbung nochmal richtig interessant. Offensichtlich hat das Social Network erhebliche technische Probleme – oder es sagt nicht die ganze Wahrheit. Gestern Abend telefonierte ich mit einigen Vertretern von Facebook. Hintergrund war jene Geschichte um Werbung mit den Namen von Mitgliedern. Facebook hatte Textanzeigen bei Google geschaltet, die darauf hinwiesen, dass bestimmte Personen Mitglied im Netzwerk sind. Diese Anzeigen erschienen, suchte man nach den Namen der Betroffenen.
Informiert wurden die Mitglieder vorher nicht. Die Argumentation von Facebook: Sie hätten in den Privatsphäre-Einstellungen angegeben, dass ihr Profil von Google durchsuchbar sein soll – die Anzeigenkampagne hätte nur helfen sollen, sie besser auffindbar zu machen. Außerdem sei die Kampagne nur ein Test gewesen und sei gestoppt worden. Es solle nicht wieder vorkommen. Ob die Verantwortlichen wirklich begriffen haben, dass es für die Nutzer einen Unterschied macht, von Google gefunden zu werden oder Objekt einer Werbekampagne zu sein? Warten wir es ab. Juristisch ist die Sache ja ohnehin noch nicht vom Tisch.
Fraglich ist aber mittlerweile, ob das Telefonat gestern von Ehrlichkeit geprägt war. Denn zum einen wunderte sich im Rahmen dieser Testkampagne am Montag ja Daniela Hinrichs, die Kommunikationschefin von Xing. Sie ist nicht Mitglied bei Facebook, doch erschien bei Google im Rahmen der Suche nach ihrem Namen ebenfalls eine Facebook-Anzeige – verlinkt auf das Facebook-Profil einer Daniela Henrichs.
Außerdem auffällig: Niemand konnte eine Anzeige entdecken, die sich nicht auf Personen bezog, die aus der deutschen Web-2.0- und Blog-Szene bekannt sind. Sollte doch jemand eine solche aufgefallen sein, bitte ich um Nachricht.
Heute morgen die nächste Merkwürdigkeit. Lukas Heinser, Coffeeandtv-Macher, tauchte am Montag ebenfalls in Anzeigen auf. Nur: Er sagt er hätte die bewusste Privatsphäre-Einstellung bei Facebook ausgeschaltet. Sprich: Sein Profil könne nicht von Suchmaschinen durchsucht werden – er hätte nicht in der Kampagne auftauchen dürfen. Mehr noch: Facebook behauptet in einer E-Mail an ihn, es hätte eine solche Kampagne nicht gegeben:
„Thanks for your email. We apologize for any misunderstanding, however, please know that we never use user names for any campaigns on Google. If you do see your name appear in Google search, please be sure to check the privacy settings in your account so that you restrict your search options. Again, we are sorry for any trouble. Please be sure to set your privacy settings in your account.“
Womit nun zwei Erklärungen bleiben. Entweder Facebook ist so unorganisiert, dass die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut, gepaart mit technischen Problemen nicht unerheblichen Ausmaßes. Oder man sagt nicht die Wahrheit.
Kommentare
refu 23. April 2008 um 10:28
Bernd Schneider (Fussballer) wurde auch gesichtet.
refu 23. April 2008 um 10:29
Da ging wohl der Link verloren, hier nochmals: http://www.trainer-baade.de/?p=2073
Dr. Seltsam 23. April 2008 um 10:45
Fast jedesmal, wenn ein Unternehmen bei was auch immer erwischt wird, geht das spontane Hilflosmarketing los. Irgendjemand muss jetzt irgendetwas sagen, damit nicht ausgerechnet das Web 2.0 Unternehmen als kommunikationsfaul dasteht. Durchdacht sind die Antworten nnicht – und machen die Sache oft noch schlimmer. Und genau das ist hier vielleicht auch passiert. Mal schauen, wie die nächste, offizielle Version der Geschichte aussieht.
Joerg M. 23. April 2008 um 13:05
Hmm, es kann eigentlich nicht mit dem Bekanntheitsgrad in der Blogosphere zusammenhaengen. Ich habe das für mich gleich nach Beginn des Saudurchsdorftreibens ueberprueft. Das Ergebnis kann man hier sehen: http://www.c0t0d0s0.org/archives/4322-An-Google-Ad-too-far-on-Facebook.html .
Ich habe mich da gefunden … okay … ich blogge viel … bin aber nicht bekannt … zwei Kollegen, die garnicht bloggen, hatten diese Anzeigepest ebenfalls auf ihren Suchseiten.
Gerd Kamp 23. April 2008 um 14:22
Ich hatte letzte Woche u.a Anzeigen für Helmut Kohl und Anne Frank (leider keine Screenshots). Eine der beiden habe ich interessehalber mal angeclickt, wenn ich mich recht erinnere war es ein Redirect auf die Startseite.
André Wegner 23. April 2008 um 18:45
Das bezog sich wohl eher auf alle deutschen Facebook-Mitglieder. Mein Name wurde auch beworben und ich zähle mich nicht zu den Personen, die aus der deutschen Web-2.0- und Blog-Szene bekannt sind.
Carsten 23. April 2008 um 20:07
Für mich gab es auch so eine Anzeige, obwohl ich definitiv das öffentliche Suchprofil deaktiviert hatte. Allerdings habe ich die Suche innerhalb von Facebook nicht eingeschränkt, erst nachdem ich eine Antwort von Facebook erhalten hatte, hab ich mich in den Suchergebnissen nur noch für Freunde und Netzwerke freigeschaltet…
Hier gibt\’s noch ein paar Worte dazu: http://kopis.wordpress.com/2008/04/21/die-sache-mit-der-facebook-suche/
Medienblogger 24. April 2008 um 16:06
Kann das gesagte bestätigen: Mein Name war ebenfalls über Google Ads auf die Home-Seite von Facebook verlinkt, und bin sicher auch keine bekannte Web-Persönlichkeit. Dass die Vermutung aufkommt, liegt wohl eher daran, dass es anfangs nur von Personen bekannt wurde, die eben web2.0-mäßig unterwegs sind und sich deshalb über Twitter, Blogs und sonstwie austauschen.
Ach ja, meine Privacy-einstellungen waren auch nicht-öffentlich: weder public search profile noch indexierung erlaubt. Insofern erstaunt das alles schon.
Denke jedoch, dass die bei Facebook verschiedene Werbe-Sachen am Laufen haben, bei verschiedenen Einheiten, und da ist die Beschwerde bei einer Einheit gelandet, die wohl fälschlicherweise annahm, dass es dabei um \“ihr\“ Projekt ging. Typischer Fall von Kommunikations-Aktionismus statt intern erstmal abzuklären, oder?
Christian 28. April 2008 um 13:57
Ach nun hat auch Facebook mal nen Skandal.
Aber das Holtzbrinckche StudiVZ liegt da noch immer klar vorn. 😉