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Als Stampede bezeichnet man die Panik einer Rinderherde, die urplötzlich losrennt und alles niederwalzt. So ähnlich wie die Medien beim Super Bowl. Nach den vergangenen Tagen bin ich wieder einmal froh, kein Sportjournalist zu sein. Denn die Atmosphäre, gerade unter den amerikanischen Kollegen, ist gespannt bis genervt. Einst waren sie angesehene Partner der NFL – das hat sich geändert.

Der Media Day am Dienstag, bei dem ich noch nicht im Lande war, mutiert immer mehr zu einer Freakshow. Die merkwürdigsten Gestalten laufen dort auf, ein Kamerateam im Anschlag. Am bekanntesten Korrespondentin von Azteca TV, die mit weiblicher Anmut die Muskelberge vor sich befragt. Denn beim Media Day müssen fast alle Spieler und Trainer anwesend sein.

Darüber regt sich der Kollege Dirk Froberg von der ARD gewaltig auf in einem Video des Sportportals Spox. Schönstes Zitat: „Prinzipiell find ich Frauen gut, hier aber find ich (sie) unangemessen.“

Dabei übersieht Froberg, dass der Anteil von Journalistinnen im Football anscheinend ansteigt. Und einige der sinnvollsten Fragen bei der Pressekonferenz von NFL-Chef Roger Goodell kamen von jungen Kolleginnen. Nicht nur der ARD-Man war sauer über den Media Day. Es komme immer weniger heraus bei den Fragestunden.

Doch liegt das an Miss Azteca? Nein, es liegt am Stampede-Verhalten der Media. Einer der Spieler im Spox-Video sagt, die Damen würden beim Media-Day dafür sorgen, dass die Zeit schneller vergehe. Die Akteure langweilen sich.

Warum, das erläuterten gerade ein paar Sportjournalisten im Morgenprogramm von CBS. Einerseits würden die Spieler sich zurückhalten mit interessanten Zitaten. Denn sie wüssten, dass jeder ungewöhnliche Ausspruch gleich in den Medien zerfleischt würde – Stampede halt, da ist Ironie schon mal ausgeschlossen, die verstehen aufgeregte Rinder nicht.

Andererseits würden die Journalisten keine interessanten Fragen stellen. „Ich habe gute Fragen“, sagte einer der ABC-Leute, „aber ich werde den Teufel tun und sie stellen, wenn 50 andere Reporter um mich herumstehen. Also spare ich sie mir auf, bis ich mit dem Spieler allein bin. Ich spare sie mir für ewig auf, denn es gibt keine Gelegenheiten mehr, Spieler allein zu sprechen.“

Und so ist die Situation schwierig zwischen Medien, Spielern und Liga. New York Giant Michael Strahen, zum Beispiel, ist ein charmanter Gesprächspartner, wenn Mikros und Kameras eingeschaltet sind. Doch von ihm ist nach dem Media Day der Ausspruch überliefert, er habe überlegt, ob er auf die Fragen antworten soll – oder „ob ich mein Sandwich den Medien ins Gesicht spucke“.


Kommentare


Jürgen Kalwa 3. Februar 2008 um 23:07

Stichwort Video auf spox.com: Es werden sicher noch ein paar mehr Leute sauer werden, wenn Ihnen eine Kanzlei aus New York eine Abmahnung mit dem Hinweis schickt, dass sie nur 45 Sekunden NFL-Online-Video-Content pro Tag ins Netz stellen dürfen. Obwohl diese Verhaltensmaßregel schon seit einer Weile existiert, hat die Liga bislang noch nicht die Daumenschrauben ausgepackt. Das wird sich bestimmt ändern, sobald man bei der Liga das Gefühl hat, dass der Traffic auf nfl.com nachlässt. nfl.com ist übrigens einer der ganz großen Staubsauger unter den amerikanischen Sportinfo-Anbietern. Mehr darüber was online in den USA beim Thema Sport passiert und wer Geld verdient: http://american-arena.blogspot.com/2008/01/online-sportmedien-in-den-usa.html

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