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Ich kann diesen ständigen Kulturpessimismus nicht mehr ertragen. Eigentlich. Aber vielleicht können wir ihn ja im Fall des Baden-Würtembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger ja judoartig nutzen? Der Oettinger ist ja ein lustiges Kerlchen, wennn er öffentlich spricht. „Unguided missile“ nennen das Redenvorbereiter: Man weiß nie, ob der CDU’ler nicht einen Satz raushaut, der ihm dann um die Ohren fliegt. Filbinger und so, Sie verstehen?

Nun ist Oettinger wieder aktiv geworden und beweist, dass sein Bundesland an Bayern grenzt, der Heimat deftigster Politikerworte. Vor einiger Zeit hat er von „Scheiß-Privatsendern“ gesprochen, gestern in Stuttgart etwas sachlicher nachgelegt: „Es gibt Programme, die in einigen Sendern verstärkt kommen, von denen ich erhebliche Gefahren für die Erziehung der Jugend ausgehen sehe.“

Böse Zungen könnten natürlich fragen, ob ein Ministerpräsident, der durch bestreitenswerte Geschichtsauslegungen der Nazi-Zeit von sich reden macht, nicht auch eine gewisse Gefahr für die Jugend darstellen, aber das ist natürlich pure Polemik.

Nutzen wir doch lieber Oettingers Brast auf RTL, Sat1 und Co. Die Vorlage dazu liefert Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy. Der nämlich hat gefordert, was ich nur unterstützen kann:„Ich möchte, dass man über die vollständige Abschaffung der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachdenkt.“ Statt auf Quote zu schielen würden die Sender dann neue und höherqualitative Formate fördern.

Na, Herr Oettinger, wäre das nicht ein knackiges Thema? Also: Auf geht’s!


Kommentare


Jochen Hoff 9. Januar 2008 um 10:14

Ich finde es gemein Herrn Oettinger vorzuwerfen, das er nachdenken könnte. Das macht er nicht. Er ist ein deutscher Politiker. Da herrscht Denkverbot. Deshalb ist es auch gemein ihn in zum Denken anregen zu wollen. Das ist witzlos.

Warum sollte er Werbefreiheit in den öffentlich rechtlichen fordern. Die Werbung ist doch vermutlich das einzige was er versteht. Warum also sollte man den Mann unglücklich machen.

Außerdem darf er denen die Werbung nicht wegnehmen, sonst berichten die wohlmöglich die Wahrheit über ihn und seine Partei. Das geht doch nicht.

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dogfood 9. Januar 2008 um 11:24

Plueezzeeeee, Thomas! Du glaubst nicht im Ernst das Sarkozy ein Werbeverbot in den ÖRs fordert, weil diese nicht genügend hochwertige Programme haben…

Er hat übrigens nicht nur ein Werbeverbot angeregt, sondern in dem Zusammenhang noch das eine oder andere angeregt, dass vielleicht die Gesamtintention seines Vorstosses besser klarmacht. Der Feind deines Feindes ist nicht automatisch dein Freund.

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Rainersacht 9. Januar 2008 um 15:08

Angesichts zum Beispiel einer Uri-Geller-Exhumierung und einer D-Promi-Verklappung im Busch stelle ich hiermit das erste Rainersacht-TV-Theorem auf:

Je werbefinanzierter, desto Unterschicht.

Ich hab jetzt nicht nur Arte umgelegt, sondern alle Schmutzkanäle auf Plätze jenseits der No. 40; damit ich beim Zappen nicht ausversehen RTLSAT1Pro7etc gucke.

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mark793 9. Januar 2008 um 17:27

Mein Gott, wen stören die 20 Minuten Werbung pro Tag, die auch noch vor 20 Uhr laufen, wenn der Normalmensch eh anderes zu tun hat als Fernsehen? Warum sollte sich irgendein Politiker stark machen dafür, dass RTL1PROSATVOX7 zu ihren Werbefantastilliarden noch ein paar Millionen mehr in die Schatullen stopfen können? Würde davon das Sch**ßprogramm besser? Das ist doch eine völlige Phantomdiskussion, die außer den Vertretern von VPRT, BDZV und VDZ wirklich niemanden da draußen wirklich interessiert.

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Steffan 9. Januar 2008 um 17:31

Worin besteht doch gleich der Zusammenhang zwischen schlechtem Proramm auf Privatsendern und der Werbung in öffentlich-rechtlichen Programmen?

Falls wirklich die Werbung an \“ungenügender Programmqualität\“ (wie behauptet) schuld sein soll, ist es nur konsequent, sie zuerst bei den Privatsendern abzuschaffen.
Falls das (sagen wir, innerhalb von 1 – 2 Jahren) zu einem besseren Programm geführt hat, kann man das Werbeverbot auch auf die ÖR-Sender ausweiten … schöne neue Fernsehwelt. 😛

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Thomas Knüwer 9. Januar 2008 um 17:40

Werbung bei Privatsendern kann nicht abgeschafft werden. Schon aber bei Öffentlich-Rechtlichen. Und die würden dann aller Voraussicht nach nicht mehr auf Quote schielen, sondern auf Qualität. Eine Phantomdiskussion ist das aus meiner Sicht nicht.

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dogfood 9. Januar 2008 um 18:15

Und wenn die ÖRs nicht mehr nach Quote schielen, werden sie im nächsten Schritt von der Politik abgeschossen, weil ihnen \“Relevanz\“ in Form von Verbreitung in der Gesellschaft fehlt und dann werden wir endgültig beim US-System ankommen, mit einem Mini-ÖR-System dass sich ausschließlich aus Spenden finanziert und nur von \“Eggheads\“ gesehen wird. Inhaltlich nett, aber mit einem Marktanteil von 3% wäre es in Deutschland knapp bei der Hälfte von Kabel1.

(Ehe man mit dem Gegenbeispiel BBC ankommt: bei der ARD & der BBC liegt der Anteil an Erlösen aus kommerziellen Aktivitäten am Gesamtbudget bei roundabout 20%. Wo die ARD ihre Werbeeinnahmen und Sponsoring hat, hat die BBC im Ausland tätige kommerzielle Sender und stärkere Programmabkäufe)

(Ist es zudem nicht ein Treppenwitz, dass die PC-Gebühr der GEZ hier lang und breit bejammert wurde, aber das Finanzierungsmodell Sarkozys just zu einem Großteil darauf basiert: einer Steuer die auf Handys und Internetverbindungen erhoben werden soll?)

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mark793 9. Januar 2008 um 19:18

Thomas, auf die Quote wird bei ARD und ZDF nun mal auch dann geschielt, wenn nach 20 Uhr keine Werbung mehr läuft, schon von daher finde ich die Erwartung naiv, man müsse nur die Werbung wegkanalisieren und alles würtde gut. Wie dogfood richtig anmerkt, würden die Öffis spätestens beim Absacken auf die 5-Prozent-Marktanteilsgrenze derart Dresche von der Politik kriegen dafür, dass sie die Gebührenzahler nicht mehr erreichen, das kann man sich doch ausrechnen.

Wohlgemerkt: Mir würde ohne die unsäglichen Werberahmenprogramme bei ARD und ZDF auch nichts fehlen, aber wenn die hierbei erzielten Einnahmen aus Werbung dazu beitragen, die eh nicht so superstark ausgeprägte Staatsferne der Anstalten zu erhalten, dann nehme ich dieses Übel in Kauf. Muss ich ja nicht einschalten, genausowenig wie \“ich bin ein Big Brother, Supernanny, hol mich von der Straße\“ und den ganzen anderen Trash von den Kommerziellen.

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Rainersacht 9. Januar 2008 um 22:44

Ähem, wieso sollte denn Werbung im Privatversendungssystem nicht abschaffbar sein? Gibt es im Grundgesetz irgendwas, was ich übersehen haben? Das Recht auf freie Propaganda, oder so?

Okay, DAS ist eine müßige Diskussion, weil Advertising will eat itself. Ist ja schon dabei.

Und das Rainersacht\’sche Theorem sacht, dass Werbung Qualität verschlechtert, weil nur Millionen-Fliegen-TV genug \“Reichweite\“ (Was für ein Euphemismus!) erzeucht. Es sacht nicht, dass die Abwesenheit von Werbung die Qualität verbessert.

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Rainersacht 9. Januar 2008 um 22:49

Ach, eins noch: Haben nicht die ARD-Dritten in 2006 einen Marktantzeil von 13,5 erreicht? Waren sie nicht die großen Gewinner jenes Jahres? Haben die Werbung im Programm? Nein? Okay, danke.

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dogfood 9. Januar 2008 um 23:24

@Rainersacht: und wieviele der in den Dritten ausgestrahlten Tatorte, Beckmann-Sendungen und Spielfilme haben originär die Dritten produziert & eingekauft? Wieviele der Sendungen in den Dritten insbesonderen im Bereich Show & Unterhaltung werden OHNE Sponsoring produziert? Schon mal bei ARTE nachgeguckt was dort so alles an Sponsoring läuft?

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Rainersacht 10. Januar 2008 um 11:41

@dogfood: Okay, dann müssen wir differenzieren zwischen Werbespots mit bisschen Versendung dazwischen und Fernsehen mit gesponsorten Beiträgen. Ich finde, das ist in Bezug auf die Darreichungsform und offensichtlich auch die inhaltliche Qualität ein Unterschied. Wenn man sich die \“Programm\“strukturen der Privatsender anschaut, kann man leicht ablesen, dass diese Berieselung nur einen einzigen Zweck verfolgt: Zuschauer um jeden Preis bei der Stange zu halten, damit man die Preise für die Spots eingermaßen halten kann. Das ist ja noch nicht mal Unterhaltung…

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dogfood 10. Januar 2008 um 11:57

Du wärst einer der ganz Wenigen die eine Unterscheidung zwischen Werbeeinnahmen in Form von Werbeblöcken und Einnahmen in Form von Sponsoring macht. Bei der ganzen Diskussionen um Einnahmen aus Werbung vs. Gebühren, wird Sponsoring automatisch unter Werbung abgehakt. Will sagen: Werbeverbot schließt auch Sponsoringverbot mit ein. Siehe BBC.

In der Argumentation von Thomas sowieso, denn auch die Einnahmen von Sponsoring sind von der Quote bzw. Massenattraktivität abhängig.

Die Einnahmen durch Sponsoring betrugen bei der ARD 2002 immerhin knapp ein Viertel der Einnahmen durch Werbeblöcke.

Wenn du nur ein Problem mit den Werbeblöcken hast, dann hast du ein Problem nicht mit Werbung, sondern der Qualität der Spots und dass geht m.E. am Thema des Eintrags hier vorbei.

BTW: angesichts über 100 Privatsender, kann man auch schlecht von DEN Programmstukturen der Privatsender sprechen. Und wenn sich an die großen Privatsender hält, unterscheidet sich das Programmschema der werbungs-losen BBC nicht stark von den Privaten.

Es wird auch dort auf Quote geguckt, die Zahl der Panelshows, Realityshows oder Castingsendungen dürften auf BBC One höher sein, als bei ITV1. Die Zahl an Koch- und Gartensendungen der BBC dürfte alles sprengen was es in Resteuropa gibt. Bestimmt nicht weil die BBC losgelöst von Werbung ausschließlich Programm und qualitativen Gesichtspunkten versendet.

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Rainersacht 10. Januar 2008 um 14:37

Qualität von Spots? Versteh ich nicht. Werbespots sind eine Belästigung. Immer.

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Jan Michael 11. Januar 2008 um 2:43

Thomas, wie schlecht muss es denn um die deutsch-französische Freundschaft bestellt sein, wenn du in deiner Reminiszenz an die französische Marseillaise nicht nur gleich zwei Fehler versteckst, sondern es dir auch noch keiner der bisherigen Leser anstreicht?!? «Allons», 1. Pers. Pl. «aller», «Allons enfants de la Patrie …». In der Sache gehe ich mit dogfood: Ich glaube, Sarko meint’s nicht so …

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