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Heute verkündet der US-Dienst Reputation Defender seinen Deutschland-Start. Was er logischerweise nicht erwähnt: Seine Dienste werden in weiten Teilen wirkungslos bleiben. Denn viele seiner Korrekturwünsche sind nicht zu erzwingen. Erstmal muss ich eine Fehleinschätzung eingestehen und korrigieren. Im März vergangenen Jahres habe ich Reputation Defender als „sinnvolle Idee“ bezeichnet. Inzwischen bin ich zu einer anderen Einsicht gekommen, meine Meinung hat sich um 180 Grad gedreht.

Auslöser war eine Mail von Reputation Defender an mich. Ein Herr, der seinen Namen gewechselt hat, beauftragte den Dienst damit, seinen alten Namen aus dem Netz zu tilgen. So explizit gesagt hat es die freundlich schreibende Dame natürlich nicht, aber der Zusammenhang lässt keinen anderen Schluss zu.

Die Mail klang dann so:

„Lieber Herr Knüwer,

wir schreiben Ihnen im Namen unseres Kunden Victor A. Tiberius. Er hat uns gebeten, uns mit Ihnen in Verbindung zu setzen und Sie zu bitten, die Referenzen zu seinem Namen von ihrer Website unter

http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1548

zu entfernen oder zumindest seinen vollen Namen dort nicht mehr zu nennen.

Wir möchten uns in diesem Zusammenhang kurz vorstellen: Unsere Firma, Reputation Defender Inc., hat es sich zum Ziel gemacht, den guten Namen ihrer Kunden im Internet zu bewahren. Unsere Gründer und Mitarbeiter sind regelmäßige Internetnutzer, die (wie unsere Kunden und wahrscheinlich auch Sie) der Auffassung sind, dass das Internet leider häufig als Forum genutzt wird, um Beleidigungen und Verleumdungen gegen einzelne Personen auszusprechen. Auch Inhalte, die informativ gemeint sind, können oft negative Folgen für die Karriere, potentielle Bewerbungen und nicht zuletzt das Privatleben eines Menschen haben.
Weitere Hintergründe zu unserer Firma finden Sie unter www.reputationdefender.com.

Wenn Kunden sich für unseren Service einschreiben, durchforsten wir für sie das Internet nach Informationen – wir erstellen für diesen Kunden ein Profil mit Websites, auf denen er oder sie erwähnt wird. Der Kunde sieht sich diese Websites an und gibt uns Rückmeldungen dazu. Manchmal haben unsere Kunden besonders starke Bedenken gegen den Inhalt jener Websites, fühlen sich beschämt oder persönlich angegriffen.

In diesem Fall handelt es sich um Inhalte, die unser Kunde nicht mehr in dieser Form veröffentlicht sehen möchte.

Wir möchten Sie nun im Namen unseres Kunden Victor A. Tiberius nun heute darum bitten, den Inhalt über ihn von Ihrer Website zu entfernen. Wären Sie bereit, dies zu tun? Es würde Herrn Tiberius und uns viel bedeuten.

Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Verständnis und für Ihre Zeit.“

Wie professionell die Mannschaft dort arbeitet, bewies sie gleich bei der ersten Ansprache: Der Link nämlich war falsch, er führte zunächst zu einer Seite, mit der ich nichts zu tun habe. Leider hat sich diese Seite entschlossen, dem Begehren nachzugeben.

Die Sache hat mir zu denken gegeben. Denn hier geht es ja nicht um eine Beleidigung, sondern um einen gesetzten Link in einem Kommentar. Aus diesem Kommentar aber lässt sich erschließen, dass der Auftraggeber von Reputation Defender seinen Namen geändert hat. Und das ist eine Information, eine interessante für jeden Geschäftspartner, noch dazu.

Ich hoffe, jeder, der von Reputation Defender künftig angeschrieben wird, überlegt zwei Mal, was er tut. Denn letztlich ist solch ein Unternehmen nur bedingt nötig. Verleumdungen und Beleidigungen sind schon heute eine Frage des Strafrechts, dafür braucht es keinen Dienstleister. Communitys, Blogs oder Foren, die seriös arbeiten, werden diese Informationen auch löschen, so man sie fragt.

Anders sieht es natürlich bei Jugendsünden aus, dem Foto, das einen betrunken in die Gosse kotzend zeigt; das schnell geschriebene Urteil, eine Dame der man begegnet sei, sei ein „sexy Knallfrosch“; der Forums-Kommentar „Ich hab inhaliert“. All das dürften die Betreiber von Web-Angeboten ebenfalls löschen, doch weiß mancher irgendwann eben nicht mehr, wo er was eingestellt hat – ein Dienstleister könnte da die bequeme Lösung sein.

Doch ist ein Dienstleister eben nicht daran interessiert, möglichst wenig tätig zu werden. Er muss die Existenz der Geschäftsbeziehung schließlich rechtfertigen. Und deshalb ist jedes Anschreiben von Reputation Defender mit äußerster Vorsicht zu genießen. Anfragen wie die an mich, jedenfalls, kratzen aus meiner Sicht sogar an der Meinungs- und Pressefreiheit. Ich habe das Ansinnen deshalb höflich aber deutlich abgelehnt – danach gab es keine Reaktion mehr.


Kommentare


Lukas 15. Januar 2008 um 13:07

Ich würde vermutlich eher auf ein Anschreiben des Betroffenen reagieren als auf so eine dritte Partei.

Die Bitte, unbedacht geäußerte Kommentare zu löschen, ist vermutlich schon mal an jeden Blogger herangetragen worden. Allein aus Gründen des Urheberrechts hätte der Kommentator ja einen Grund, sowas zu fordern. Nur: Was passiert, wenn jemand systematisch Teile seiner Geschichte löschen lassen will? Diskussionen werden entstellt und der Blog-Betreiber ist irgendwann nur noch mit dem Verwalten der Kommentare beschäftigt.

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Jörg Friedrich 15. Januar 2008 um 15:25

Wird da auch Google angeschrieben mit der Bitte, den Cache zu leeren? – war meine erste spontane Frage zu dem Thema.

Aber der Fall wirft natürlich weitere Fragen auf. z.B. ob ein Kommentator Urheberrechte an seinen Kommentaren hat (wie Lukas nahelegt) – und wo wir hinkämen, wenn es so wäre.

Das Netz schafft eine völlig neue Art von \“öffentlicher Person\“. Aktive Blogger, die auch noch anderswo unter Angabe iher tatsächlichen Identität kommentieren, haben wahrscheinlich ein geringeres Recht auf solche Rückgängig-Mach-Aktionen als andere, die nie oder selten selbst schreiben, da sie sich letztlich wissend auf die Preisgabe persönlicher Details einlassen.

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Thomas Wiegold 15. Januar 2008 um 16:43

Das \“kratzt\“ nicht nur an der Meinungs- und Pressefreiheit, das kann man schon als massiven Angriff darauf verstehen. Stellen wir uns nur einen Moment vor, jemand käme auf Dich zu und würde verlangen, einen in einem Artikel im Handelsblatt erwähnten Namen aus dem Handelsblatt-Archiv zu tilgen. Weil es sich \“um Inhalte handelt, die unser Kunde nicht mehr in dieser Form veröffentlicht sehen möchte\“. Na klar. Und als nächstes kommt ein ehemaliger CDU-Vorsitzender, der nicht mehr in Berichten über einen Parteispendenskandal genannt werden will. Oder Gerhard Schröder möchte nicht mehr, dass seine Aussagen über kriminelle Ausländer \“nichts wie raus\“ in dieser Form zusammen mit seinem Namen öffentlich erwähnt werden.

Also: Wer sich herabgewürdigt sieht oder falsch dargestellt oder verleumdet, soll klagen – dann hat er auch einen Anspruch, dass auf die ursprüngliche Falschbehauptung gesetzte Links gelöscht werden. Sofern das überhaupt möglich ist. Aber nur weil man nicht mehr genannt werden möchte… ist schon ein bisschen schräg.

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Katzenfreund 15. Januar 2008 um 22:52

Glückwunsch zum Sinneswandel bezüglich Reputation Defender und danke für für den netten Artikel.

Die Abschaffung der Meinungsfreiheit im Internet wird leider keinen Erfolg haben, denn das Internet ist international. Zum Unternehmer Victor A. Tiberius gibt es nun auch im Parteibuch Wiki einen kleinen Artikel:

http://www.mein-parteibuch.com/wiki/Victor_A._Tiberius

Falls da jemand etwas ergänzen oder korrigieren möchte, z.B. die an anderem Orte wegzensierten Informationen, so sei er hiermit dazu eingeladen. Wer sich anonym anmeldet, kann im Parteibuch Wiki auch Dokumente im pdf Format hochladen.

Gruß

Ein Katzenfreund

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Onyro 16. Januar 2008 um 16:01

Ja ja, ist der Ruf erst ruiniert…
Dann hilft auch \“Reputation Defender\“ nicht mehr. Und in diesem Fall scheint es einen berechtigten Grund zu geben, warum der Ruf dieses Mannes nicht astrein ist. Wenn schon einfache Stellenbewerber über unbedacht ins Netz gestellte und ihnen jetzt peinliche Photos stolpern obwohl sie sich in der Zwischenzeit vielleicht wirklich weiterentwickelt haben, dann sollten solche Leute erst recht an die Sünden der Vergangenheit erinnert werden. Nur bei nachweisbarer Verleumdung wäre ein Löschen angebracht.

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ON 17. Januar 2008 um 17:34

Auch ich habe den \“Defender\“ als ein interessantes Modell gepriesen – wenn es denn funktioniert. An die Daten auf den Yahoo-Servern wird man wohl kaum herankommen: http://denkbloggade.telekom.at/stories/562/

Interessant ist die Diskussion insbesondere immer in Bezug auf Job-Bewerbungen. Vielleicht trägt die Entwicklung endlich dazu bei, dass sich Arbeitgeber und Bewerber wirklich kennenlernen und sich bei den Erstgesprächen nicht erst einmal ordentlich belügen, um nachher enttäuscht voneinander zu sein, wie nach einem betrunkenen One-Night-Stand.

Wir sind alle dafür selbst verantwortlich Medienkompetenz und die Fähigkeit zum Identitätsmanagement im Netz aufzubauen.

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arboretum 17. Januar 2008 um 21:49

Der Google Cache wurde anscheinend geleert, denn der damals auf diese Weise angegebene Link zu einer PDF-Datei der FH Mittweida, in der diese Infos nachzulesen waren, führt inzwischen ins Leere.

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Katzekloh 31. Januar 2008 um 14:02

archive.org auch??!!

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allmobilesstt 12. Februar 2008 um 18:41

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Markus Müller 2. Oktober 2008 um 21:01

Ja das einzig nützliche ist proaktiv im Netz eigene Inhalte zu publizieren.

Wenn man sich so eine gewisse Glaubhaftigkeit und ein gewisses Profil aufgebaut hat, ist es für einen Dreitten ungleich schwieriger, einem im Netz nachhaltig schlecht machen zu können!

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M.W. 13. Mai 2009 um 17:22

Meine Erfahrungen mit Reputation Defender sind ausgesprochen negativ. Man bezahlt für eine nicht kontrollierbare Leistung, manche Zahlungen verschwinden im Nirgendwo, und der Kundenservice ist unfreundlich, unfähig und oft schon weit hinter der Schmerzgrenze.
Eine E-Mailadresse die ich extra für den Kontakt mit Reputation Defender eingerichtet hatte, wurde massiv mit Spam verseucht, also kann es auch mit dem Datenschutz nicht allzuweit her sein.
Fazit: Tunlichst Finger weg!

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