Zu meinen Lieblings-Podcasts gehört der „Media Talk“ des Guardian. In dem ist auch häufig Jeff Jarvis zu Gast, der Medienberater und Blogger. Und wenn es dann um das Verstehen neuer Medien durch alte Medien geht, entsteht immer der gleiche Dialog.
Moderator Matt Wells: „Jeff, when will they finally get it?“
Jarvis: „I don’t know. Maybe they never will.“
Daran musste ich denken, als mich ein Leser auf eine Pressemitteilung der ARD aufmerksam machte. Man kann es ja versuchen, so eine Sperrfrist zu setzen. Dann gibt man Medien vorab eine Information, sie dürfen diese aber nicht vor einer bestimmten Frist veröffentlichen. Ein Gentleman’s agreement.
Lächerlich macht sich dann der Sperrfristsetzer aber, agiert er so wie die ARD. Die hat am Donnerstag um 15.06 Uhr und 15.13 Uhr die Ergebnisse ihrer Vorwahlumfragen in Hessen und Niedersachsen veröffentlicht. Direkt am Anfang fristet sie:
„Sperrfrist für alle Ergebnisse: – für elektronische Medien heute, 18.00 Uhr – für Printmedien: Freitagsausgaben Verwendung nur mit Quellenangabe „ARD-Tagesthemen/Infratest dimap““
Und mal abgesehen davon, dass die Vorgabe einer solchen detaillierten Quellenangabe möglicherweise auch an der Pressefreiheit kratzt, beweist die ARD-Presseabteilung ihren Tanja-Anja-Status in Sachen Technikkundigkeit damit, dass sie diese Meldungen für das Presseportal der DPA-Tochter News Aktuell freigibt. Und die ist suchmaschinenotpimiert, so weit ich weiß landen die Meldungen sogar bei Google News.
Und somit sind jene Kollegen die Blöden, die sich an diese Sperrfristen gehalten haben. Nochmal wird ihnen das wohl nicht passieren.
(Vielen Dank an Werner Traschütz für den Hinweis!)
Kommentare
Erik 19. Januar 2008 um 12:59
Das sind die gleichen Medienfuzzis, die Google News als ihren Feind ansehen und sich wundern, wieso der Leser/Zuschauer eben eine Information auch nur einmal lesen/sehen will. Probably they never will … Seufz
oko 19. Januar 2008 um 14:15
Also SpON hat sich dran gehalten, bei denen kam der Artikel um 18:03 Uhr rein. Habe an dem Nachmittag ddp und AFP verfolgt und war gespannt, ob sich Nachrichten-Sites an die Sperrfrist halten. Bei Google-News habe ich leider nicht geschaut.
Christian 19. Januar 2008 um 17:01
Zumal einen die News aktuell Damen normalerweise darauf hinweisen, dass man bei Sperrfristen vorab auch nur per DPA-Ticker distribuieren kann. Dann steht\’s erst direkt nach Ablauf der Frist im Portal.
Übrigens passiert das auch häufiger mal anderen Sendern. Man sollte mal während so Sendungen wie \“die 100 nervigsten Deutschen\“ ins Presseportal kucken – da steht häufiger mal schon vor Beginn der Sendung das Ergebnis…
Erwin 19. Januar 2008 um 17:14
Bei Google News findet man ständig Artikel mit noch nicht abgelaufener Sperrfrist…
irmgardartig 20. Januar 2008 um 13:07
das Verhältnis alte Medien – neue Medien, eine Entwicklungsgeschichte der ganz besonderen Art … mal sehen was als nächstes kommt
Horst 20. Januar 2008 um 19:44
Sperrfristen sind dafür da, durchbrochen zu werden!
Marc 21. Januar 2008 um 12:58
Das kapieren die aber schon seit sieben Jahren nicht. Ich kann mich noch daran erinnern 2001 auf solche Sperrfristen bei PR-Portalen gestoßen zu sein.
Andreas 22. Januar 2008 um 9:08
Ich kann mich auch daran erinnern, dass solche Sperrfristen schon vor Jahren in den Pressemitteilungen der ARD standen, jedenfalls bei Meldungen zu Wahlumfragen. Auf lawblog habe ich einen Link auf eine ältere Meldung bei Wahlrecht.de gefunden (die ja solche Umfragen immer aufführen):
http://www.wahlrecht.de/news/2006/25.htm
welche die rechtliche Situation dazu darstellt.