Man kann es nicht oft genug sagen: Das Angebot von ARD und ZDF an die Online-Angebote großer Verlage, Videos aus dem Angebot der öffentlich-rechtlich subventionierten Privatsender zu übernehmen, ist eine Unverschämtheit. Ich bin ein Freund der Marktwirtschaft. Und deshalb bin ich kein Freund der jetzigen Konstruktion von ARD und ZDF – denn sie sind ein Markt-Makel: Sie konkurrieren einerseits mit privatwirtschaftlichen Unternehmen um Werbegelder, gleichzeitig aber werden sie vom Staat subventioniert. Und mit solchen Makeln kann ein Markt nicht funktionieren.
Nun aber versuchen diese Halb-Privatsender auch noch den Markt-Makel zu erweitern: Sie bieten Videos aus ihrem Programm an Verlage an, diese könnten die Bilder kostenlos auf ihren Homepages einbauen. Das Ergebnis: Noch mehr Behinderung des freien Wettbewerbs. Denn was ist denn mit unabhängigen Produzenten solcher Videos? Die würden mit der finanziellen und staatlich subventionierten Macht behindert. Und: Verlage würden mit einem Schlag ebenfalls mit GEZ-Gebühren subventioniert.
Nicht nur ich halte das für einen Skandal. Marcus Theurer schrieb für die „Frankfurter Allgemeine“ eine sehr lesenswerte Analyse. Auszüge:
„Denn wenn sich ARD und ZDF wie die Privaten finanzieren, werden sie auch dieselben Inhalte anbieten – nämlich die, mit denen die höchsten Werbeeinnahmen zu erzielen sind. Wohin das führt, sieht man schon heute im Fernsehen, nämlich zur Angleichung der Programminhalte. Öffentlich-rechtliche Angebote, die nur private duplizieren, braucht aber niemand. Ökonomisch betrachtet, müssen sich ARD und ZDF über steuerähnliche Gebühren finanzieren, sollen sie überhaupt zu rechtfertigen sein. Denn nur dann ist zu erwarten, dass sie Inhalte anbieten, die mangels Refinanzierbarkeit am Markt von Privaten nicht geboten werden, aber dennoch als gesellschaftlich wichtig eingeschätzt werden. Das ist ordnungspolitisch ihre einzige Existenzberechtigung…
Tagesschau.de oder Heute.de zum Beispiel sind in ihrer derzeitigen Form nicht zu rechfertigen. Dort reiht sich Textnachricht an Textnachricht – ganz wie auf den Internetangeboten von Zeitungen oder Zeitschriften.
Es ist dringend geboten, alle Online-Angebote der Rundfunkanstalten auf den Prüfstand zu stellen und nicht nur – wie jetzt im Rahmen des sogenannten Public Value Tests vorgesehen – neu hinzukommende Inhalte auf ihren Mehrwert zu testen. Fraglich ist zudem, ob die Aufsichtsgremien von ARD und ZDF – die Rundfunk- und Fernsehräte –, denen diese Aufgabe vom Gesetzgeber zugedacht ist, den Erwartungen gerecht werden. Bisher jedenfalls wimmelt es in den Räten von Politikern, die vor allem daran interessiert sind, sich und ihre Partei via ARD und ZDF medial ins rechte Licht zu rücken.“
Kommentare
dogfood 27. November 2007 um 17:42
Nur damit wir uns richtig verstehen: ich soll für meine Gebühren also weniger (ÖR)-Inhalt auf weniger Verbreitungswegen bekommen? Tagesschau.de hat nur in Form eines Video-Portals Existenzberechtigung bzw. überhaupt keine?
Thomas Knüwer 27. November 2007 um 17:51
Nein, das ganze Gegenteil. Wenn Verteilung, dann an alle. Sprich: Wenn ARD und ZDF ihre Videos auf anderen Plattformen verteilen wollen, dann bitte einbindbar auf Seiten, wie es mit Youtube oder Sevenload auch möglich ist. Somit würden alle Gebührenzahler davon profitieren.
Claus the mouse 27. November 2007 um 20:30
Hatte gerade einen Eintrag abgeschickt wurde aber nicht genommen. Ist der irgendwie zu retten?
mz 28. November 2007 um 0:23
@thomas 17:51
..und aber eben auch youtube usw.
So würde das aber einfach nur heissen, dass jeder damit Geld machen kann, wenn er will (Adsense- usw. finanziert). Wenn die ÖR eine werbefreie, komplette Mediathek ihrer Inhalte erstellen, die für jeden zugänglich ist und einzelne Inhalte daraus verlinkbar sind, wäre das meiner Meinung eher nachvollziehbar.
In die Richtung wie, aber besser als; die ZDF Mediathek.
Sonst stimme ich dem Artikel vollkommen zu, was die machen ist nicht nur marktwirtschaftlich eine Sauerei.
Thomas Knüwer 28. November 2007 um 9:05
@Claus: Leider, leider nein – SORRY!
Erik 28. November 2007 um 9:53
Nun sind sie alle angekommen an der Kreuzung, die Medienkonvergenz heisst. Natürlich fällt da der zweibeinige auf. Im Kern gebe ich Dir recht.
Claus the mouse 28. November 2007 um 9:58
Leider gingen meine sehr ausführlichen Bemerkungen verloren. In Kürze, aber nicht so gut: was wir hier sehen ist analog dem, was wir im kommunalen Bereich bei den Eigenbetrieben sehen: die tummeln sich inzwischen genau auf jenen Märkten, gebühren – und abgabenfinanziert von ihrer direkten Konkurrenz, ohne Sorge oder gar Risiko um´s Eigenkapital.
Wenn gebührenfinanzierte Beiträge verschenkt oder verkauft werden, wie wahrscheinlich nach Marktbereinigung und Anfütterung geplant, die zunächst den Markt verzerren und am Ende bereinigen werden, dann sind das Danaergeschenke, die die ÖR zweimal nicht machen dürften.
Wenn die Politiker so sehr mit der Proporzkontrolle bei den ÖR beschäftigt sind, dass Ihnen darüber hinaus nichts mehr auffällt oder die Leute das Grundhandwerkszeug noch nicht einmal verstehen müssen, weil sie einer Partei angehören, sie also unfähig sind, dieses Monster verfassungs- und gesetzesgemäss zu kontrollieren, dann sollte man den Landesfürsten dieses Spielzeug nehmen und wegschliessen. Stattdessen Parteifunk. Der Bürger schaltet CSU staat BR ein und der Bürger hört, was er hören will, und nimmt nicht die parteienpolitische Schleichwerbung für die Wahrheit. Diese parteienfinanzierten Sender (ohne Erhöhung der öffentlichen Gelder für Parteien!!) können sich dann als Wettbewerber am Markt tummeln und versuchen, ihren Schmarrn jetzt ordentlich verpackt und deklariert zu verkaufen.
Aber da die Landesfürsten und ihre parteipolitischen Helferlein alle auch in den ausgelagerten Produktionsfirmen, die zur ARD gehören und mit denen die ARD sozusagen Geschäfte mit sich selbst machen, auf warmen Aufsichtsratspöstchen sitzen dürften, dürfte diesem Golem nicht mehr beizukommen sein. Wie wäre es einmal mit einem Atlas der Anatomie dieses Stinktieres?
Ich selbst habe schon lange Radio und Fernsehen hinausgeworfen und weigere mich, GEZ-Gebühren für ARD Angebote \“aus neuartigen Rundfunkempfangsgeräten\“ zu bezahlen, aus denen ich mich nicht informieren will.
Dieses von den Landesfürsten inszenierte Gesetz, mit dem man GEZ-Gebühren ganz rechtsstaatlich auf Gesetzesgrundlage, für die es keine verfassungsrechtliche Grundlage gibt, für den PC eintreibt, ist eigentlich so klar verfassungswidrig, dass es für mich den selben frechen Versuch darstellt, wie die aktuellen Angebote der ÖR an die Märkte, nämlich wie weit man gehen kann.
Mir scheint, dass überall in Politik und Verwaltung, staatlich, halbstaatlich oder wie auch immer, auch die aller letzten Schamgrenzen gegen Geld gefallen sind.
dogfood 28. November 2007 um 11:33
Sorry, aber ich kann diesen Bullshit bzgl. \“Proporz\“ oder Parteipolitische Denke in den ÖR nicht mehr hören.
Jo, den gibt es.
Aber da das privatwirtschaftliche Modell gegenzuhalten, ist mehr als dreist, denn im Zeitalter der Medienkonvergenz erleben wir auch, wie interessensgesteuert die Medien inzwischen agieren, um irgendeine andere Abteilung aus dem Konzern zu pushen. Mal mehr, mal weniger offensichtlich.
Mich stört — mal wieder — die Grundtonalität die aus diesem Eintrag oder auch aus einigen Kommentaren rauszuhören ist: dass die ÖRs die Privatmedien knebeln und deswegen — so wird impliziert — eine Reihe von guter Content nicht entsteht.
Wieder: Bullshit.
Craigslist ist nicht deswegen in den USA populär, weil es dort nur schwachen ÖRR gibt.
Es läuft in die andere Richtung aus: die Privatmedien wollen einen Schutzraum haben, in dem sie weiter — ohne an Nachhaltigkeit oder mittelfristige Strategien zu denken — den Inhalt an den Erfordernissen von 30% Erlössteigerung anpassen können.
Mal soll doch nicht tun, als würden die hiesigen Privatmedien nur so vor Innovation strotzen. Es gibt hierzulande seit 2-3 Jahren nur ein Momentum: die Bilanz. Man schaue auf die die RTL-Group, Pro7Sat.1, Online-Auftritte einiger Zeitungen (Bildgalerie anyone?), den Umstrukturierungen rund um Tagesspiegel oder den Montgomery-Medien.
Das ist verglichen mit dem was in UK im Internet oder Digital-TV/-Radio abgeht, ein unsagbarer Haufen visionsloser BWLer. Die sich, siehe DVB-T-Versorgung in einigen Regionen, freiwillig aus dem Thema \“Grundversorgung\“ rausgehen, weil ihrer Meinung die Kosten selbst in Regionen wie Kassel, Stuttgart oder Leipzig zu hoch sind.
Das ist zumindest mein Beweggrund warum ich *weite Teile* (aber nicht alles) des jetzigen Status Quo beibehalten möchte. Bei den ÖRs weiß ich zumindest, dass ich in irgendwelchen Ecken und Enden fündig werde.
Ich bin dankbar für die Manuskripte beim Deutschlandfunk, für die Nachrichtenradio-Streams die ich via Internet im Büro hören kann, für EinsExtra bei denen ich am Nachmittag Nachrichten statt die 5te Wiederholung einer Hitler-Dokus auf N24 sehen kann.
(BTW: Ja, ÖR-Content auf YouTube & Co. wäre begrüßenswert, wird aber ein zähes Brett, wenn man sich auf Jonet die Diskussionen zum NDR-Versuch mit CC-Lizenz ansieht, Stichwort Verwertungsrechte & Vergütung)
Zico 28. November 2007 um 14:43
@dogfood:
Bravo! Sie sprechen mir aus tiefster Seele.
gerrit 29. November 2007 um 10:34
Beschämend, dass die ÖR sich so wie hier
http://www.youtube.com/watch?v=R9JRm3iQQak
vorführen lassen. Und die Deppenleerzeichen in den Schreiben des NDR sind darin das Harmloseste…