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Manchmal brauchen Amts- und Würdenträger einen Schlag Realität auf den Teller. Deshalb hier mal zwei Bettlektüren für Michael Konken, den Chef der journalistischen Verbandsgewerkschaft DJV. Er hat es nun mal so gesagt, der Herr Konken, und aus der Nummer kommt er bei mir so schnell nicht raus:

„Blogs sind meines Erachtens nur in ganz wenigen Ausnahmefällen journalistische Erzeugnisse. Sie sind eher der Tummelplatz für Menschen, die zu feige sind, ihre Meinung frei und unter ihrem Namen zu veröffentlichen.“

Stellt sich die Frage: Sind deutsche Blogs so unterirdisch schlecht? Oder sind die Amis und die Briten einfach wahnsinnig?

Denn in den USA wurden Blogger gerade rechtlich gleichgestellt mit Journalisten. Und Christiane Link vom Behindertenparkplatz macht mich gerade auf einen Artikel aus dem Vereinigten Königreich aufmerksam: Dort hat die Journalistengewerkschaft NUJ einen Blogger als Mitglied aufgenommen.

Aber vielleicht handelt sich sich ja hier um eine Achse der Feigen.


Kommentare


Uwe G. 15. November 2007 um 18:38

Wenn man die Zahl aller Blogs nimmt und dann die Zahl derer, die den Anspruch haben \“journalistische Erzeugnisse\“ zu sein, dann sind es nunmal Einzelfälle. Und nur weil EIN Blogger in eine Journalistengewerkschaft aufgenommen worden, kann man doch wohl schlecht von der Verallgemeinerung ausgehen, dass der Großteil oder gar alle dorthin gehören.

Und ich meine mich zu erinnern, dass wir in der Diskussion auch schonmal so weit waren, dass das selbst fast alle Blogger so gesehen haben – dass Blogs eben nicht unbedingt das gleiche wie Journalismus sind. Auch wenn man darin Journalismus betreiben kann. Scheint nur nicht ganz in Herrn Knüwers Kopf zu gehen. Ein bißchen weniger Arroganz täte diesem Blog hier gut.

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Rainersacht 15. November 2007 um 19:21

Je stärker Blogs einfach als eine spezielle, einfach zu bedienende Form Content-Managament-System wahrgenommen werden und je mehr Menschen Bloggen als nettes Hobby betrachten und betreiben, desto irrelevanter wird die Frage, ob Blogger auch Journalisten sind. Ich schätze, in einem Jahr kräht kein Hahn mehr danach. Dann wird es eben Blogs mit journalistischem Anspruch geben und welche ohne.

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Mart 15. November 2007 um 20:04

@Uwe G.: Was genau macht denn den Journalisten aus? Was stellt ihn, bzw. die Ergebnisse seiner Arbeit, qualitativ über den durchschnittlichen Blogbeintrag?
Warum ist noch der bösartigste Text in der Bild, der schlampig recherchierte oder schlichtweg sachlich falsche Beitrag bei SPON Journalismus = gut, während Blogs pauschal diffamiert werden?

Wenn mir jemand vor den Karren pisst, muss ich mich dagegen wehren dürfen. Nichts anderes macht Thomas Knüwer hier und für mich hat das nichts mit Arroganz zu tun.

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Andreas F. 15. November 2007 um 20:46

@Mart: Weder Grundgesetz noch andere Gesetze legen fest, wer sich in Deutschland als Journalist bzw. Presse bezeichnen darf, und wer nicht.

Für mich ist daher jeder ein Journalist, der meint, er wäre einer 🙂

Der DJV ist ja auch nur eine Berufs-Standesorganisation, die sich natürlich versucht von der bösen Konkurrenz der Nicht-Mitgliedern abzugrenzen. Wenn auch manchmal auf dümmliche Weise. IMO.

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Chat Atkins 16. November 2007 um 8:34

Die neuen Mikromedien ersetzen zunehmend eine grundlegende Funktion des klassischen Journalismus, die von angestellten Weltkommentatoren bisher als ihre alleinige Domäne betrachtet wurde: die Meinungsbildung vorwiegend durch \’Massenmedien\‘. Das wird zukünftig nur noch ein Teil des Spiels sein. Statt sich jetzt zu freuen, dass nicht mehr alle Menschen durch die engen Tore verlagsseitig eingenordeter Gatekeeper gequetscht werden, dass die Mauern dazwischen gefallen sind, statt darüber erleichtert zu sein, dass nicht mehr – ob nun Springer, ARD oder FAZ – in Old-Media-Town überall nur die Stimmen der jeweiligen Herren ertönen, empfindet das Gros der Journalisten diese neuartige Situation vor allem als existenzbedrohend. Sie stellen sich damit selbst ein Bein. Denn sie werden in dem neuen Umfeld nur eine Überlebenschance haben, wenn sie wieder eine eigene Stimme gewinnen. Welch eine Chance für die besseren unter ihnen, für diejenigen, die wirklich eine eigene Stimme haben! Irgendwann werden sogar die Verlage einsehen müssen, dass sie FÜR DEN MARKTERFOLG in einem grundlegend veränderten medialen Umfeld die Ansichten von hellwachen, blitzintelligenten und sprachbegabten Individuen brauchen, statt der heutigen Oblatenbäcker mit ihren Traditionsrezepturen, denen schon bald sogar die angestammten Funktionärspöstchen dahinschmelzen dürften.

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Harald 16. November 2007 um 12:33

Grunsätzlich fände ich es zwar gut wenn (bestimmte) Blogs mit journalistischen Erzeugnissen und deren Autoren mit Journalisten gleichgestellt wären. Aber statt zu argumentieren warum das so sein sollte nur auf die USA und UK zu verweisen ist wohl nicht dazu geeignet den DJV zu überzeugen Blogs ernst zu nehmen. Ein ganzer Blogger im britischen NUJ ist keine sehr repräsentative Gruppe (Stichwort \“Kritik an Marktforschungsergebnissen der Tanja-Anjas\“), und bloß weil die USA es jetzt so handhaben wie beschrieben muss es nicht richtig sein, die haben auch die Todesstrafe und 90 Schusswaffen je 100 Einwohner und wir nicht 😉

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Sascha Stoltenow 16. November 2007 um 12:50

Ein zentrales Problem des Journalismus ist doch, dass er einen Wandel beschreiben muss, der ihn selbst betrifft. Vielen Journalisten geht es zur Zeit wie Schlafwandlern, die mitten auf dem Dach plötzlich aufwachen. Kein Wunder, dass sie erstmal erschrecken und nicht so kluge Sachen sagen. Allerdings können Journalisten nicht erwarten, dass sie von den Innovationen, die sie permanent beschreiben nicht betroffen sind.

Das zeigt sich auch an der Rolle der Medien und Verlage, die sich doch schon längst gewandelt haben. Einen wesentlichen Teil des Gewinns bringt nicht das klassische Programm, sondern Corporate Publishing, Veranstaltungen etc.

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oliver gassner 28. November 2007 um 11:13

Ich bin etwas spät dran aber von der dju habe ich auch gehört (will sagen: im direkten Gespräch mit einem Hauptamtlichen aus Stuttgart), dass man Blogger als MItgleider aufnimmt. sie bekommen auch rechtsberatung aber KEINEN Rechtsschutz. Der sei (impliziere ich jetzt) Leuten vorbehlaten, die mit jouralistishem Schreiben auch ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die Bildblogger würden also aufgenommen – falls sie es noch nicht wären 😉

Ich hab das damals auch gebloggt. Ob es zu einer dju-Eintrittwelle kam, weiß ich nicht.

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