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Und da dachten wir immer, wir Deutschen seien so verbandshörig und organisationsfetischistisch. Denkste: Amerikanische Blogger wollen allen Ernstes eine Gewerkschaft gründen. Gewerkschaften haben im Internet ja eigentlich nichts zu suchen. Wer dort ausgebeutet wird, findet es cool, ausgebeutet zu werden, denn in der Ferne winkt die Aktienoption und mit ihr Schönheit, Reichtum, Berühmtheit.

Noch viel weniger aber würde man Gewerkschaften in der Weblog-Szene erwarten. Schließlich werden Blogs meist privat und freiwillig geführt.

Doch in den USA lässt sich damit eben inzwischen Geld verdienen. Viel Geld, sogar. In der jüngsten Ausgabe von „Wired“ war zu lesen, dass Michael Arrington mit seinem Techcrunch 200.000 Dollar monatlich einnimmt.

Und wo viel Geld, da viel Wunsch nach Abhabenwollen. Und so meldet das „Wall Street Journal“ (nur gegen Abo – aber das wird Rupert Murdoch ja vielleicht ändern), dass eine Gruppe von linkslastigen Bloggern eine Gewerkschaft gründen will. Ziel: Sie wollen einen gemeinsamen Tarif bei Krankenkassen haben, bei Schreibaufträgen Tarife einführen und vielleicht sogar ethische Standards setzen. Auch ein besserer Zugang zu Quellen in Form von Presseausweisen oder Akkreditierungen soll erreicht werden.

„,I think people have just gotten to the point where people outside the blogosphere understand the value of what it is that we do on the progressive side,‘ said Susie Madrak, the author of Suburban Guerilla blog, who is active in the union campaign. ,And I think they feel a little more entitled to ask for something now.‘..

,It would raise the professionalism, said Leslie Robinson, a writer at ColoradoConfidential.com. ,Maybe we could get more jobs, bona fide jobs.'“

Eine Idee, die eigentlich aus Deutschland kommen müsste, so vorurteilsmäßig. Ob es funktioniert? Curt Hopkins, Gründer des „Committee to Protect Bloggers“ sieht die Lage nach meiner Meinung richtig:

„The blogosphere is such a weird term and such a weird idea. It’s anyone who wants to do it…
There’s absolutely no commonality there. How will they find a commonality to go on? I think it’s doomed to failure on any sort of large scale.“


Kommentare


Marc | Wissenswerkstatt 6. August 2007 um 11:04

Interessant! Und auf diese vorrangigen Ziele wäre ich selbst gar nicht gekommen: \“Sie wollen einen gemeinsamen Tarif bei Krankenkassen haben, bei Schreibaufträgen Tarife einführen und vielleicht sogar ethische Standards setzen.

Nicht schlecht – vielleicht sollte ich mich in Übersee ansiedeln? 😉

Im Ernst: auch wenn es seltsam anmutet und hinsichtlich mancher Aspekte die Blogsphäre genau das Gegenteil einer Organisation (was eine Gewerkschaft ist und sein muß) ist – ein wenig mehr Interessensvertretung, -artikulation und v.a. -lobbyarbeit wäre gar nicht verkehrt. Man denke nur an die Abmahnproblematik, Haftungsfragen etc. Dabei geht es nicht um einen Freibrief in der Blogsphäre tun und lassen zu können, was man will. Allerdings wäre hier eine Anpassung der rechtlichen Kontexte notwendig. Und wenn ich irgendwann bei meiner Krankenkasse einen günstigen Blogger-Tarif wählen kann… warum nicht? 😉

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Bummelstreik 6. August 2007 um 12:52

Schlage vor Kleinbloggersdorf baut adical zur Gewerkschaft um. Oder Sie gründen die IG Blog als Untergruppe der ehemaligen IG Druck und Papier/IG Medien. Dann kann ver.di für Sie kämpfen 😉

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Jörg Friedrich 6. August 2007 um 13:49

aber gegen wen???

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Armin 6. August 2007 um 16:08

Irgendwie verstehe ich jetzt nicht was daran so besonders oder unmoeglich sein soll. Es gibt doch Z.B. auch eine Kuenstlergewerkschaft in Deutschland:

http://www.bbk-bundesverband.de/

So etwas aehnliches koennte doch diese \“Bloggergewerkschaft\“ auch werden. Halt noch ein Interessenvertretungsverband wie es ihn fuer alles moegliche gibt.

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Wolf 6. August 2007 um 16:36

das ist ja ganz reizend! man formuliert tarifverträge und ethische standards, bemüht sich um zugang zu presseausweisen und akkreditierungen. wie wäre es, wenn man dann noch die blogs etwas stärker kategorisieren könnte? nicht immer nur chronologisch, sondern einträge vielleicht in ressorts einteilen. und die kommentarfunktion braucht doch lettlich auch niemand. übrigens könnte man am ende noch hingehen, und die blogs irgendwie ausdrucken auf papier. vielleicht könnte man sie sogar am kiosk verkaufen? stellt euch das doch mal vor: endlich hätte man was in der hand, nicht immer nur diesen monitor…

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Matze 7. August 2007 um 0:39

man kann doch auch den monitor in die hand nehmen….

nein im ernst. schlecht ist die idee ja vom grundgedanken und den zielen her nicht. aber trotzdem, wie es oben heißt \“doomed to failure on any sort of large scale\“, weil die blogosphäre halt doch zu groß und unübersichtlich und verschieden und… ist.

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Dieter Rappold 7. August 2007 um 7:58

Ist da nicht irgendwo ein Denkfehler? Eine Gewerkschaft ist doch klassisch eine \“Arbeitnehmervertretung\“ während, wenn wir von Bloggern sprechen die Geld verdienen (wollen), wir ja meist von Selbständigen/Unternehmern sprechen? Also brauchen Blogger eher sowas wie eine Interessensvertretung oder einen Verband, eine Kammer, o.ä. – Aber ein solcher Verband der Richtlinien entwickelt um nachvollziehbare Qualitätskriterien zu entwickeln würde imho Sinn machen.

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Simon Columbus 7. August 2007 um 18:43

@ Dieter Rappold:

Eine Gewerkschaft ist ein Lobbyverband einer bestimmten Berufgruppe. Es gibt durchaus auch Gewerkschaften freier Berufe, wie die von Armin bereits genannte Künstlergewerkschaft.

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Dieter Rappold 7. August 2007 um 22:20

Hm – eine Gewerkschaft ist eine Gewerkschaft und sieht sich als eine Arbeitnehmervertretung und in diesme Sinne als Gegenüber der Arbeitgeber > http://de.wikipedia.org/wiki/Gewerkschaft

Ein Verbandwie der oben genannte: \“Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) ist die Berufsvertretung der freischaffenden bildenden Künstlerinnen und Künstler in Deutschland.\“

Der vertritt die Rechte der selbständigen Unternehmer als Lobby gegenüber dem Saat als jenem der Rahmenbedingungen setzt.

egal, ist eine i-Tüpfelreiterei, aber ein wesentlicher Unterschied.

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Jörg Friedrich 8. August 2007 um 8:27

Da würden sich die Deutschen aber ganz schön umgucken, wenn die Blogger plötzlich streiken würden. Mein lieben Mann, das ist ja ein völlig neues Drohpotenzial, was sich mit so einer Gewerkschaft aufbauen würde…

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Hannes Offenbacher 9. August 2007 um 15:41

ich meine, das ist – vor allem aus semantischen gründen – komplett falsch angedacht und kommuniziert. GEWERKSCHAFT, das wort ist so schwer wie die wirtschaft 1.0;
.
das hat mit der blogoshpäre und deren menschen nichts gemein, passt in keiner weise. nicht umsonst organisieren die blogger auch keine KONFERENZ sondern ein BarCamp. das passt zur kultur, ist authentisch und funkt.
.
in österreich wird es so eine initiative auf der meta ebene auch bald geben. aber sicher keine gewerkschaft 😉
.
das ganze läuft unter dem titel: BLÖGGER
Infos hier: http://www.bessergehtsimmer.at/2007/08/09/bloeggerat-neuer-schwung-fuer-oesterreichs-blogosphaere/

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Sören 17. August 2007 um 20:20

Gedankengänge eines Zeitgenossen

Die westliche Welt, wie sie heute existiert, muss nicht mehr altruistisch sein.
Nach Charles Darwin wird sich das Problem schon durch die natürliche Zuchtwahl selbst gelöst haben,
da die Gemeinschaft bestand hat, die sich gegenseitig unterstützt und hilft.

Aber in einer Welt, in der Einzelne Individuen nicht mehr auf die Hilfe von der Gemeinschaft angewiesen sind, da sie ja ein Recht auf den Luxus der Sozialleistungen besitzen, alleine durch ihre Geburt, ist es nicht mehr nötig altruistisches Verhalten nachzuahmen und diejenigen die egoistisch sind und den eigenen Vorteil suchen sind nun im Vorteil.
Da durch die Menschenrechte und die Sozialstaaten ein asoziales Verhalten ermöglicht wird.

Ich möchte nur eine allgemeine Debatte anregen, wenn ihr Kritiken, Anregungen oder Ähnliches habt, dann bitte an altruismus_debatte@gmx.net

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