Nichts Böses tun, ist angeblich das Motto von Google. Doch beim Rumspielen mit neuen Funktionen, wird das immer schwerer. Die jüngste Ankündigung sorgt dafür, dass vielleicht erstmals so etwas wie eine Redaktion nötig ist. Bisher war Google ein Technologieanbieter. Praktisch alles lief automatisch, per Software, da musst niemand großartig ran. Aus wirtschaftlicher Sicht sehr praktisch, denn wo immer Menschen eingreifen sollen, müssen Menschen eingestellt werden. Und wenn das nicht per outgesourctem Inder möglich ist, dann sind Neueinstellungen teuer.
Doch bei Google ändert sich etwas. Und das könnte dem Unternehmen mittel- bis langfristig durchaus Probleme bereiten, denn es ändert die Unternehmenskultur, weg vom Anbieter technischer Dienstleistungen, hin zum Anbieter redaktionell bearbeiteter Inhalte.
Nehmen wir nur einmal die Kritiken. Seid kurzem können Restaurants, Hotels, Orte, benotet werden. Wer ein Google-Konto hat, kann Kritiken schreiben und Sternchen vergeben. Ich weiß nicht, ob jemand auf die eingegebenen Kritiken draufschaut. Nötig aber wird es mit steigender Popularität dieses Dienstes werden – denn ansonsten wird dies ein Hort für Spam-Werbung, wie sie auch dieses Weblog leider zu häufig erlebt.
Nun aber geht Google noch einen Schritt weiter. Und es ist ein gefährlicher. Wie im Unternehmensblog zu lesen ist, sollen die Beteiligten an Nachrichtengeschichten bei Google News künftig ihre Version der Storys erzählen dürfen. Aber eben nur die Beteiligten.
Als Journalist dreht es mir da den Magen rum. Berichtet beispielsweise das Handelsblatt über ein Unternehmen, kann dieses einfach sein PR-Gewäsch darunter setzen. Natürlich kann ich als Redakteur nochmals antworten: Nur muss dann künftig jeder Journalist ständig die Reaktion auf seine Artikel kontrollieren – während Unternehmen dies mit PR-Abteilungen und Dienstleistern tun. Es ist ein ungleicher Kampf, den Redaktionen nur verlieren können.
Google News wird so zu einem fröhlichen Treffpunkt der PR’ler werden. Die Leser selbst könnten, wie bei Blogs, ein Korrektiv sein. Doch die dürfen ja nicht ran, sie sind ja nicht beteiligt. Und überhaupt: Wer ist ein Beteiligter? Der Mitarbeiter eines Unternehmens? Der Anwohner eines Leck geschlagenen Chemiewerkes? Der Fan einer Fußball-Mannschaft, der im Stadion war?
Ich bin ja immer dafür, alles erstmal auszuprobieren. Doch scheint mir diese Idee von Anfang an eine Totgeburt. Sie erfordert jedoch vom ersten Tag an eine Redaktion: Schließlich muss jemand entscheiden, wer so nah an einer Story ist, dass er dort kommentieren darf. Und diese Kommentare müssen gegengelesen werden – schließlich soll es keine unflätigen Beschimpfungen geben.
Und Google mit Redaktion – das ist eine komplette Kehrtwende der bisherigen Unternehmensstrategie.
Kommentare
Armin 9. August 2007 um 18:14
Ich frage mich ja vor allem wie die wirklich ueberpruefen wollen wer da \“kommentiert\“.
Wenn es sich um Firmen handelt, woher weiss Google wer fuer die Firma sprechen darf und wer nicht? Gut, mag ueber eine Firmen-email gehen, aber was ist bei den oben erwaehnten Agenturen?
Oder bei Privatpersonen (die koennen ja durchaus auch mal in den Nachrichten auftauchen), nach welchen Kriterien koennen die beweisen dass sie es sind?
Erik 9. August 2007 um 21:37
Ist doch ganz schön, wenn das gespamme dann bei Google sich findet und nicht mehr bei den Beiträgen. Zu was das führt hat man bei Welt Dialog ja gesehen.
Christian 9. August 2007 um 21:43
\“Es ist ein ungleicher Kampf, den Redaktionen nur verlieren können.\“
Das wäre ja die Umkehrung des aktuellen Zustands. Denn im Moment kann ja nur das Unternehmen verlieren. Der Journalist schreibt und das Unternehmen muss es hinnehmen. Denn Gegendarstellungen glaubt keiner und berichtigt wird selbst fehlerhafte Berichterstattung eh nicht.
Dieses ständige Klagelied \“Die armen Journalisten gegen die bösen Unternehmen\“ ist m.E. eine absolute Fehldarstellung. Nennen Sie doch mal einen Fall, in dem die PR einen Konflikt PR-Journalist tatsächlich \“gewonnen\“ hat.
Dass auch Medien ihre Artikel verteidigen müssen – wie Unternehmen ihre Produkte – empfinde ich als nicht mehr als recht. Schließlich ist der Journalistenausweis keine Unfehlbarkeitsbescheinigung.
Disclaimer: Ich bin PRler.
Berufskommunikator 10. August 2007 um 9:52
@ Christian und Herrn Knüwer:
Ich finde, der ganze Ansatz ist falsch. \“Journalisten gegen die bösen Unternehmen\“, \“Konflikt PR-Journalist\“…
Die PR von Untenehmen sollte den Journalisten als Quelle für Informationen dienen, schließlich sind Unternehmen ein wesentlicher Teil der Gesellschaft. Dass PR natürlich versucht, die betreffende Organisation in ein möglichst gutes Licht zu rücken, ist klar. Aber auch hier gilt: Mit Lügen geht\’s nach hinten los. Und da Journalisten sowieso alles erstmal in Frage stellen (was auch gut ist), können sie ein bisschen Schöngerede auch wegwischen und die Fakten darstellen.
Dies ist mal wieder ein klares Plädoyer für ein Miteinander von Journalisten und PR-Praktikern. Wer sich auf wissenschaftlicher Ebene mit diesem Thema auseinander setzen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt: \“Media Relations. Interpersonale Beziehungen zwischen Journalisten und PR-Praktikern\“
Sorry Herr Knüwer, verstehen Sie dies bitte nicht als Spam… Es passt thematisch wirklich sehr zu dieser ganzen Diskussion.
Christian 10. August 2007 um 10:19
@ Berufskommunikator: Natürlich haben Sie grundsätzlich recht. Aber im Falle des Themas oben ist das ja etwas anderes:
Wenn man davon ausgeht, dass Google-News auch eine Quelle für Journalisten (oder andere Zielgruppen von PR ist), so geht es bei den Kommentaren nicht darum, den einen Autor des Artikels zu informieren – sondern all die anderen Journalisten, Blogger, Meinungsbildner und Kunden, die sich auf dessen Berichterstattung beziehen.
Das Problem für den Autor des kritischen Artikels ist: Er kann sich nicht einem neuen Thema zuwenden, sondern muss sich nun den Diskussionen stellen – was ihn von seiner eigentlichen Arbeit, dem Verfassen von Artikeln, abhält. Soweit verstehe ich die Argumentation – wobei ich finde, dass es zukünftig auch stärker zur journalistischen Arbeit gehören sollte, Fragen zu beantworten und sich auf Diskussionen einzulassen.
Nicht zustimmen kann ich allerdings der häufigen These, Journalisten seien der PR gegenüber machtlos. So beweist z.B. die aktuelle Kritik an der Stromwirtschaft (Vattenfall, Strompreise) das Gegenteil. Die Stromriesen wären sicherlich bereit, viel Geld dafür auszugeben, dass diese Debatten endlich aufhören. Aber sie haben keine Chance. Darüber bin ich übrigens sehr froh.
Thomas Knüwer 10. August 2007 um 10:24
@Berufskommunikator: Schön wäre es. Die PR gewinnt täglich. Nur fällt es nicht so auf. Ständig werden Journalisten Falschinformationen untergejubelt, gerät ein Manager in eine Krisensituation, füttern seine Spin Doktoren die Journalisten mit bewussten Falschinformationen.
Und künftig stehen solche Lügen und Verdrehungen unverrückbar bei Google – wünschen wir uns das?
Christian 10. August 2007 um 10:55
@ Thomas Knüwer:
Da würde ich dann aber immernoch sagen, dass der Artikel des Journalisten glaubwürdiger ist als die Antwort des PR-Treibenden.
Und für das Streuen von Falschinformationen eignet sich google eigentlich nicht, da der Spin Doktor dort ja mit offenem Visier auftreten müsste. Eigentlich ist er ja eher im Hintergrund tätig.
Rainersacht 10. August 2007 um 12:15
Blödsinn, Herr Berufskommunikator! PR in der Spielart Mediarbeit IST eine Lügenmaschine, in der jeder jeden verarscht: Die Unternehmen lügen die Medienarbeiter an, die Medienarbeiter lügen die Journalisten an, die Journalisten lügen erst ihre Chefredakteure und dann ihre Leser an; Agenturen lügen prinzipiell ihre Auftraggeber UND die Journalisten an … ad infinitum.
Als Romantiker würde ich mir wünsche, es gäbe so etwas wie eine aufrichtige und faire Medienarbeit, und es gibt auch organisierte Bestrebungen von Beteiligten, die das im Kopf und Herz nicht mehr aushalten.
Es geht also gar nicht um einen \“Kampf\“ der Journalisten mit und gegen die Medienarbeiter, weil beide Seiten prinzipiell korrupt sind und die Personen in erster Linie bestrebt sind, ihr Hinterteil zu sichern. Das geht nur durch den Anschein von Erfolg. Und wenn Erfolg realiter nicht stattfindet, dann wird halt gelogen.
Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede…
Sascha Stoltenow 10. August 2007 um 13:24
Nicht nur Rainersacht sacht eigentlich, dass Menschen immer noch zu doof sind, zu erkennen was \“wahr\“ ist und was nicht. Als Auch-PR´ler bin ich fest davon überzeugt, dass diese Überlegenheitshaltung nicht mehr zutrifft. Natürlich betrügen Menschen Menschen, aber das Web ( und da bin ich fast schon fortschrittsgläubig) macht es tendenziell schwerer, weil sich alle besser informieren können. Unternehmen wie Medien mögen noch für eine Weile das alte Katz und Maus-Spiel spielen. Langfristig wird es aber besser, bestimmt.
Mario 10. August 2007 um 14:14
Ich unterschreibe Saschas Statement. Und lege noch ein Ausrufungszeichen oben drauf –> !
Rainersacht 10. August 2007 um 14:22
@Sascha: Den Satz, dass das Web es tendenziell schwerer macht, die Menschen zu behumsen, unterschreibe ich ebenfalls mit äußerster Zustimmung. Das ist ja der Grund, warum sowohl PRler, als auch Journalisten die Beteiligung der Konsumenten an Debatten über Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen fürchten wie der Vampir den Knoblauch…
Ja, so betrachtet liegt im Webzwonull sogar Hoffnung 😉
Sascha Stoltenow 10. August 2007 um 15:08
@Rainersacht
… von der Wirklichkeit 2.0 ganz zu schweigen (denn – und da zitieren ich mich immer wieder gerne selbst – deren Veränderung ist das eigentlich 2.0lige des Webs).
Und danke, dass ich trotz Berufskommunikatorenstatus mithoffen darf 😉
Rainersacht 10. August 2007 um 16:05
Ach, sind wir alle nicht mehr oder weniger berufliche Kommunikatoren?
Berufskommunikator 11. August 2007 um 14:50
@Herrn Knüwer:
Das wünschen wir uns natürlich nicht… Auch wenn ich als PR-ler den Nutzen für meine Kunden erkennen sollte…
Das hängt aber damit zusammen, dass weder meine Agentur noch meine Auftraggeber jemals versucht gewesen wären, Falschinformationen zu streuen. Auch in Krisen gilt für uns die Devise, stets die Wahrheit zu kommunizieren. Man sollte als good company nicht die Tatsachen kommunikativ verdrehen sondern die Tatsachen selbst gestalten.
Ich weiß ja, die ethisch-moralische Diskussion auf den Berufsstand der PR zu dehnen ist ungefähr so glaubwürdig wie Bushs neue grüne Ausrichtung (huch, das könnte ja auch spin doctoring sein). Aber verstehen Sie es einfach als Plädoyer meinerseits an die PR/Unternehmen oder meinetwegen auch als Imagekampagne in eigener Sache. Deshalb hier eine Defintiton, wie ich meine Arbeit verstehe (ich alter Romantiker):
„Media Relations ist ein Instrument der Public Relations, mit dessen Hilfe zielgruppenspezifisch Dialoge mit Vertretern der verschiedenen Medien aufgebaut und gepflegt werden sollen. Durch den Aufbau langfristiger Beziehungen zu den Journalisten sollen die Medien als Kooperationspartner und Multiplikatoren für die Informationsvermittlung gewonnen werden. Durch den Aufbau informativer und kollegialer Beziehungen auf Grundlage professioneller Arbeitsstandards sollen sich gemeinsame Dialoge und persönliche Kontakte manifestieren, um somit langfristig das gegenseitige Vertrauen der Kommunikationspartner zu fördern und eine funktionierende Informationspolitik zu etablieren. Glaubwürdigkeit und Respekt gelten dabei als unabdingbare Voraussetzungen für eine gelungene Zusammenarbeit“
Edling, Julia (2003): Media Relations – Bestandsaufnahme, Systematisierung und Exploration möglicher Qualitätskriterien des Media Relations-Instrumentariums. Unveröffentlichte Diplomarbeit am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau, Ilmenau.
Sascha Stoltenow 11. August 2007 um 15:45
Sorry Berufskommunikator, aber das ist weder romantisch noch sonstwie – bspw. akademisch – erhellend, sondern einfach Quatsch. Und obwohl ich an die Kraft klar formulierter Gedanken glaube, würde ich vermutlich zu allerletzt eine Formulierung aus einer Diplomarbeit zu meinem Selbstverständnis erklären, es sei denn diese Arbeit wäre theoretisch völlig unzureichend aber mitreissend. (vgl. die Anforderungen an eine gute Theorie z.B. Allgemeingültigkeit). Und allgemein will wohl keiner sein (höchstens gemein), denn WIR SIND ALLE INDIVIDUEN 😉
Berufskommunikator 11. August 2007 um 16:13
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Was kann daran falsch sein, sein berufliches Selbstbild (zumindest teilweise) in einer Definition verortet zu finden, die wesentliche Eckpfeiler der eigenen Arbeitsweise darlegt?
Ich würde auch wirklich nicht von einem Selbstverständnis sprechen (ach, beim Durchlesen meines letzten Kommentares fällt mir auf – habe ich ja auch gar nicht)… Allenfalls davon, wie ich mir den Umgang mit Medienvertretern vorstelle.
Den akademischen Anspruch einer detailliert ausgearbeiteten Diplomarbeit, an der ein Student 6-9 Monate gearbeitet hat und sich während dieser Zeit mit einem thematischen Bereich ausführlich beschäftigt hat, grundsätzlich in Frage zu stellen, finde ich darüber hinaus anmaßend.
Sascha Stoltenow 11. August 2007 um 22:21
Hm, die Aussage \“Deshalb hier eine Defintiton, wie ich meine Arbeit verstehe\“ heißt also NICHT von einem Selbstverständnis zu sprechen? Das verstehe selbst ich nicht.
Und ja, es wäre in der Tat anmaßend, eine Diplomarbeit, die ich nicht gelesen habe, grundsätzlich in Frage zu stellen (wobei es grundsätzlich das Ziel von Wissenschaft sein MUSS alles vorherige grundsätzlich in Frage zu stellen. Und das kann ich nach zwei solcher Arbeiten wohl ganz unanmaßend behaupten.)
Gerade wenn aber diese Arbeit wissenschaftlich exzellent ist, würde ich allenfalls davon sprechen, dass sie eine objektiv nachvollziehbare Theorie darstellt. Diese wiederum kann ich als Individuum nicht zu meinem \“Selbst\“-Verständnis machen.
Davon abgesehen: wenn dieses Zitat so in der Arbeit steht, sehe ich da aus wissenschaftlicher Sicht doch die ein oder andere Inkosistenz (ganz normal bei Diplomarbeiten) und aus praktischer Sicht eine gehörige Portion Idealismus (was auch in Ordnung ist), die nicht unbedingt hilfreich sein muss. Aber das können wir gerne andernorts auseinanderfisseln.
Christian 11. August 2007 um 23:33
Also ich finde die Definition aus der Diplomarbeit gar nicht als so idealistisch. Und ich würde auch meinen Beruf – oder zumindest den Teil Media Relations – ähnlich beschreiben.
Dass ich oben so anderer Meinung war als Herr Knüwer, hat sicherlich mit einer ganz unterschiedlichen Wahrnehmung zu tun. Die beschriebenen Manipulationsversuche gibt es sicherlich. Andererseits gibt es auch Journalisten, die einem das Wort im Munde rumdrehen. Aber 3/4 der Zusammenarbeit laufen ganz fair. Ich habe die Wahrnehmung, dass viele PRler bei Journalisten genau den gleichen Fehler machen wie bei Bloggern: Sie haben Angst vor ihnen. Und mit Angst kann sich kein vernünftiges Verhältnis aufbauen.
Zu \“Auch wenn ich als PR-ler den Nutzen für meine Kunden erkennen sollte\“ (Berufskommunikator): Ich bin der Meinung, dass Manipulationsversuche nie einen Nutzen für das Unternehmen haben. Denn am Ende kommt alles raus – für einzelne Manager kann das natürlich anders aussehen, da ja dort teilweise sehr kurzfristig gedacht wird. Aber diese Kurzfristigkeit schadet den Unternehmen ja nicht nur in der Kommunikation.
Berufskommunikator 12. August 2007 um 13:57
Da gebe ich Ihnen völlig recht. Ich hätte meine Aussage mit ein bisschen mehr Ironie würzen sollen 😉
dietmar 2. September 2007 um 0:25
Naja, dass GOOGLE bislang keine händischen Eingriff hatte, ist wohl eher Gerücht. Eine ganze Armada von Mitarbeitern ist beim CORE — der Suchmaschine — zugange, um die Ergebnisse zu entspammen und nicht legitime Seiten aus dem Index zu Entfernen.