Skip to main content

Vielleicht kennen Sie, lieber Leser, ja die Pro-7-Sendung „Stromberg“, in der ein despotischer Intrigant über ein verstaubtes Versicherungsteam herrscht. Und vielleicht dachten Sie: alles erfunden.Nö, alles aus dem wahren Leben – beweist ein Rechtsstreit zwischen der Allianz und der Sängerin Nena. In der Straße, in der ich wohne, lebt auch ein leidlich hochrangiger Herr der Axa-Versicherung. Er macht sich in der Nachbarschaft beliebt durch das Anbringen von kopierten Zetteln mit seinem Titel, dem Firmenlogo und den handelsüblichen Daten, auf denen er handschriftlich Anweisungen gibt, wie in dieser Straße zu parken ist. Er ist der Grund, warum ich niemals eine Versicherung bei der Axa abschließen würde.

Wer in Großkonzernen arbeitet, brüstet sich gern mit dem Arbeitgeber. Er vergisst aber oft, dass sein Auftreten gleichfalls die Wahrnehmung dieses Unternehmens prägt. Wer möchte eine Versicherung abschließen, bei der im Schadensfall womöglich jemand über die Auszahlung entscheidet, der auf kopierte Zetteln Parkbefehle schreibt?

Gleichfalls möchte sicherlich niemand mit Menschen über Lebensversicherungen oder Autoschäden diskutieren, der wegen einer Titulierung wie „Krawattenträger“ vor Gericht zieht oder die Anrede „Ey“ als beleidigend empfindet. Der sich düpiert fühlt, wenn ein Musiker auf der Bühne auffordert: „Kommt doch nach vorne“ oder „Singt doch mit“ oder „Habt doch keine Angst“. Oder der das Headbanging eines Rockgitarristen als Zeichen für Drogenkonsum empfindet. Und als Höhepunkt: Der all dies auch noch vor Gericht vorträgt.

Klingt nach „Stromberg“? Nein. Klingt nach Allianz.

Die hatte Nena für eine Firmenveranstaltung gebucht und bemerkenswerte 120.000 Euro bezahlt. Nena aber spielte den Saal leer und nun mag die Allianz nicht mehr zahlen. Sie glaubt die Sängerin unter Drogeneinfluss wahrgenommen zu haben. Offensichtlich haben sich die Verantwortlichen vorher kein Nena-Konzert angesehen: Die redet immer so.

In einem Anfall von Uns-ist-nichts-peinlich zog die Allianz vor Gericht und was dort passierte ist in einem wunderbar süffisanten Bericht bei Heise.de nachzulesen. Der letzte Absatz sagt dabei alles, was zu sagen ist:
„Da nicht alle geladenen Zeugen erschienen waren, kam das Gericht zu keinem Abschluss, legte den gegnerischen Parteien aber nahe, sich mittels einer Spende der Sängerin an eine gemeinnützige Organisation gütlich zu einigen. Der Unterhaltungswert der Verhandlung überstieg nicht nur den der durchschnittlichen Fernsehgerichtsshow bei weitem, sondern wahrscheinlich auch den der „Incentive-Veranstaltung“ mit Nena-Konzert. Finanziert wurde beides von der Allianz – allerdings mussten die Zuhörer der Verhandlung vorher nicht eine bestimmte Menge an Versicherungen verkaufen, sondern konnte sie kostenlos genießen. Von daher ist im Interesse der Öffentlichkeit zu hoffen, dass sich die Parteien nicht auf einen Vergleich einigen und bald eine neue Verhandlung mit neuen Zeugen ansteht.“

(Danke an Christian Kirchner)


Kommentare


weltherrscher 4. Juli 2007 um 16:27

die schrägste nummer der letzten 400 jahre, mindestens.

Antworten

Peter Fisch 4. Juli 2007 um 16:42

Hallo, wie kann ich den Herrn von der AXA kontaktieren? Würde ihm 1 Woche kostenlosen Urlaub inkl. Vollpension anbieten, damit er in meiner Straße seinem Hobby fröhnen kann. Es wäre relativ dringend, schließlich sind die großen Ferien schon fast wieder vorbei.

Antworten

Alexander 4. Juli 2007 um 19:51

Und ich dachte, nur in Amerika würde wegen jedem Rotz, äh, jeder Nichtigkeit geklagt.

Antworten

Bulo 4. Juli 2007 um 21:11

Ist doch hervorragend!

Dank dieser drolligen Nenantipathisanten hat die deutsche Sprache ein Adjektiv mehr: \“alliant\“ – ugs. für \“humorfrei, borniert, streitsüchtig\“. Etwa: \“Ach Schatz, das mit Deiner Frisur war doch nicht so gemeint. Nu\‘ sei doch nich\‘ gleich so alliant!\“

Super.

Bulo

Antworten

Thomas Hofman 4. Juli 2007 um 22:11

Ganz so harmlos soll aber Nena nicht gewesen sein. Sie hätte massive Kapitalismuskritik und Kritik an der Personalpolitik der Allianz gemacht.
Und wenn ich von jemand bezahlt werde ( ich glaube 50000.- !!! ) dann mach ich sowas nicht.

Antworten

Bulo 4. Juli 2007 um 22:17

@Thomas Hofman:

Du nicht, Nena schon.

Und das sollte man als Gastgeber eigentlich wissen!

Bulo

Antworten

Jan 5. Juli 2007 um 9:10

Ein Highlight an diesem verregneten Donnerstag morgen, vielen Dank, ich habe mich köstlich amüsiert! Besonders die Sache mit dem Headbanging, ich lach\‘ mich kringelig. Aber im Ernst: Wenn ich irgendwelche Versicherungen bei der Allianz abgeschlossen hätte, ich würde mir jetzt überlegen, sie zu kündigen. Wobei ich natürlich keinerlei Garant habe, dass eine andere der verschnarchten Versicherungen hier flexibler reagiert hätte.

Btw, nette Gage, ich dachte immer, 6-stellige Künstlergagen seien schon obere Kategorie, so Red Hot Chili Peppers – Niveau. Vielleicht hat ja auch der Verantwortliche die Stromerg Folge mit Roland Kaiser gesehen und wollte gleich mal mit beeindruckenden Budgets aufwarten 😉

@Thomas Hoffman

Laut wem hat Sie diese Kritik gemacht? Und selbst wenn, ich kann ja auch nicht Marilyn Manson für\’n Konzert buchen und mich dann beschweren, dass er kirchenkritische Kommentare abgibt. Bzw, kann ich schon, ist aber imho irgendwie doof…

Antworten

case 5. Juli 2007 um 11:54

Unglaublich – you made my day….

wenn sich das ein Stromberg-Autor ausgedacht hätte, hätten es ihm die Produzenten um die Ohren gehauen..

die besten Geschichten schreibt eben immer noch das Leben

Antworten

Denis 5. Juli 2007 um 16:03

Künstler sind eben unberechenbar. Otto hat auch mal die Allianz-Versicherung auf die Schippe genommen. Originalton: Und wer bei der Arroganz versichert ist, der ist ganz durchgekichert.

Antworten

Otto 5. Juli 2007 um 16:21

@Denis:

Zum (korrekten) Mitsingen:

\“Passiert dir mal ein Missgeschick,
ja da hilft auch kein Gestöhne.
Brichst du dir hin und wieder das Genick,
Sie werden trotzdem gar nicht löhnen.
Denn wer sich arroganz versichert –
der hat völlig ausgekichert.
Denn bei der arroganz beginnt vom ersten Augenblick das Bündnis mit dem Strick!\“

Antworten

Harald 6. Juli 2007 um 12:07

Ich habe mich mal mit dem Gedanken getragen eine Berufsunfähigkeits-versicherung bei der Allianz abzuschließen. Ist letztlich nicht zustande gekommen da mir die Bedingungen nicht gefallen haben, aber ich kann mich nicht erinnern dass \“Headbanging\“ oder \“Rockgittarist\“ als Leistungsgrund ausgeschlossen war.

Der arme Eventplaner der Allianz musste bei derartiger Humorlosigkeit vermutlich bereits seine Kisten packen 😉

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*