Sprechen Sie meinen Kollegen Axel Postinett derzeit besser nicht auf das Apple Iphone an. Denn dann dreht er richtig auf. Ein Hype sei das, ein überteuertes Handy mit mittelmäßiger Ausstattung und längst nicht all die Zeilen und Sendeminuten wert, die es bekommt. So sehen es viele Technik-Experten.
Ich sehe das anders. Für mich ist das Iphone der Beginn einer Revolution unserer digitalen Arbeitswelt. Erinnern Sie sich noch an den Film „Minority Report“? Den wenigsten sagt der Titel etwas. Hilft man nach mit der Verbindung von „Science Fiction“ und „Tom Cruise“ fällt langsam der Groschen. Zwei Szenen sind es, die jedem im Gedächtnis geblieben sind – unabhängig von der etwas kruden Handlung.
In der einen eilt Cruise durch ein Einkaufszentrum, in dem 3-D-Werbeanzeigen ihn mit Namen ansprechen und für Produkte gewinnen wollen. In der zweiten Szene arrangiert er Daten und digitale Bilder per Hand auf einer vertikalen Glas-Anzeige.
Wer zum ersten Mal Videos sieht, in denen jemand sich Bilder oder E-Mails auf einem Iphone anschaut, dem kommt sofort Tom Cruise in den Kopf. Dass diese Szene so haften geblieben ist, zeigt, wie sehr sie unseren Wünschen entspricht.
Die Begeisterung um das Iphone könnte der Anfang vom Sieg der Verbraucher über die Programmierer werden – und der Beginn einer Revolution.
Denn jene skeptischen Technik-Experten sind der kleinere Teil der Käufer von Handy, Computern, Kameras. Sie finden sich auf jeder neuen Plattform zurecht, ihnen genügen die heute handelsüblichen, kargen Gebrauchsanleitungen, sie kennen die Tricks, um kleine Software-Macken zu umgehen.
Ich gehöre nicht dazu. Seit kurzem habe ich ein Nokia N95. Es ist ein tolles Handy, das beste, das ich bisher hatte. Doch warum kann ich keine Gmail-Konten darüber abrufen? Warum ist das Handbuch schlampig und chaotisch zusammengeschustert? Warum kann ich einzelne Elemente nicht dorthin schieben, wo ich sie hinhaben möchte?
Ein gut ausgestattetes, elegant aussehendes und vor allem funktionierendes Mobiltelefon – das wäre schön. Und ich bin guter Hoffnung, dass es heute in den USA auf den Markt kommt. Warum? Weil Apple mit dem aus Sicht der Technik-Fanatiker ebenfalls überteuerten und mittelmäßigen und rechtetechnisch Guantanomo-ähnlichen Ipod genau dieses Erlebnis geliefert hat.
So könnte das Iphone die Innovationskette der IT-Industrie umkehren. Bisher gaben PC den Takt vor, alle Programme, alle Innovationen wurden für sie entwickelt. Irgendwann gab es die abgespeckten Versionen für das Handy, meist waren es hakelnde und hoppelnde Klone: Egal ob die Übertragung von Textdokumenten, dem Surfen von unterwegs oder der Bearbeitung von Fotos – all das funktioniert auf dem Handy. Theoretisch. In der Praxis ist es meist eine Qual, weshalb die wenigsten Menschen es nutzen.
Zum ersten Mal geht nun eine grundlegende Innovation vom Handy aus – und wird dann die Computer erfassen. Denn die Verbraucher werden sich schnell fragen, warum das, was ihnen auf dem Telefon so viel Spaß macht, weil es ihren normalen Bewegungsvorgängen viel näher kommt, nicht auf dem PC möglich sein soll? Im Gegenzug werden massive Gelder in die Produktion und Entwicklung von berührungssensitiven Anzeigen fließen.
Es ist keine Utopie zu prophezeien, dass schon in fünf Jahren die ersten Computer-Tastaturen ersetzt werden durch Touchscreens. Und dass sich gewisse Arbeiten am Bildschirm völlig verändern werden. Derzeit öffnet ja nicht der Mensch eine Datei: Er führt mit der Hand eine Plastikschale namens Maus, die ihrerseits einen Zeiger auf dem Bildschirm bewegt, der dann eine Datei öffnet: Das Arbeiten mit dem Computer entspricht dem Laufen mit einem Holzbein.
Auch Microsoft hat das erkannt:
Was das Iphone nun anstößt ist die Entwicklung einer Prothese für den 100-Meter-Sprint – das ersetzt zwar kein Bein, ist aber ein dramatischer Fortschritt.
Kommentare
Jens 29. Juni 2007 um 15:48
@Thomas:
Warum kannst Du keine Gmail-Konten über das N95 abrufen? Ich kann\’s mit dem N80i, und eigentlich ist das N95 doch deutlich besser als das N80i.
Florian 29. Juni 2007 um 16:08
\“Und ich bin guter Hoffnung, dass es heute in den USA auf den Markt kommt.\“
Ach, gibt\’s daran Zweifel? 😉
Rainersacht 29. Juni 2007 um 16:28
Oha, oha – da outet sich einer als fortschrittsgläubig. Oder vielleicht doch als strenggläubiges Mitglied der Steve-Jobs-Sekte, dem Messias, der ja höchstpersönlich die Benutzeroberfläche als solche auf dem Sinai von höchster Stelle entgegengenommen hat.
Ich persönlich möchte jedenfalls keine Fettflecken auf dem Bildschirm wegputzen müssen. Und die Vorstellung, mit den Fingern auf einer Glasscheibe zu trommeln, damit Text entsteht, macht mich jetzt schon kichern.
dussel 29. Juni 2007 um 16:32
\“Es ist keine Utopie zu prophezeien, dass schon in fünf Jahren die ersten Computer-Tastaturen ersetzt werden durch Touchscreens.\“
Es ist auch keine Utopie zu prophezeien, dass es damit ebenfalls Probleme geben wird. Dass es schlechte Handys gibt ist letztlich dem Preiskamp fgeschuldet – an Forschung zu dem Thema mangelt es jedenfalls nicht (wie ich für eine entsprechende Prüfung lernend leidvoll anmerken muss).
Nur drei mögliche Hindernisse: Bei einem Touchscreen fehlt das haptische Feedback. Sie müssen immer hinschauen, um was zu tun. Man kann sich nicht an den Tasten orientieren. Für das Telefon heißt das: Viel Spaß beim Autofahren. (Von Blinden noch gar nicht gesprochen.) Zweitens zeigen sich Mängel erst nach längerer Zeit. Wird das Touchscreen auch mit Kratzern und Verschmutzungen noch gut funktionieren? Drittens: Werden sich Hard- und Softwarehersteller auf gemeinsame Standards einigen können? Hat bis jetzt meist noch nicht geklappt.
Ich bleibe skeptisch.
Andreas 29. Juni 2007 um 16:33
Es ist auch jetzt schon keine Utopie mehr, denn die ersten Computertastaturen sind längst schon ersetzt.
Das iPhone und seine Bedienung sind unbestritten schick. Für einige reicht das als Kaufanreiz bereits aus. Es sei ihnen gegönnt.
Andreas 29. Juni 2007 um 16:39
@Rainersacht: Finger auf Glassscheibe und Touchscreen selbst sind ja auch nur temporär, da bereits an anderen/besseren Verfahren gearbeitet wird, die Bewegungen von Hand/Fingern im Computer zu erfassen.
MarkS 29. Juni 2007 um 17:24
\“Sieg der Verbraucher über die Programmierer\“ – Entschuldigung, aber das ist Quatsch. Ob bei Nokia oder Apple: Wir sind immer nur Anwender einer von Programmierern mehr oder weniger gut erstellten Software. Und warum Apple da so gute Noten bekommt, ist mir ein Rätsel, seit ich letzte Woche einem Computer-Neuling am Mac helfen sollte, eine Audio-CD zu kopieren. An meinem Windows-PC mach ich das in zwei Minuten. Am Mac brauchten wir dafür Stunden, um herauszufinden, wie es geht. Der Apple kopiert Audio-CDs nur über Umwege über ITunes – in einem Verfahren, das völlig unlogisch ist. Ergonomisch eine Katastrophe! Und so einer Firma soll ich ein Handy abkaufen, das Deutschlands Journalisten in höchsten Tönen loben, ohne überhaupt mal eins in der Hand gehabt zu haben?
Tobias 29. Juni 2007 um 17:48
Auf die Gefahr hin hier jemand desillusionieren zu müssen: Touchscreens sind nun wirklich keine Erfindung von Apple. Dass sie erstmals bei Handys auftauchen, ist ja nun wirklich hanebüchener Unsinn… Ohne die Umsetzung zu werten: Microsoft hatte sogar mal ein ganzes Betriebssystem, das genau darauf ausgerichtet war.
Gerade las ich hier noch, man sollte sich nicht zu Dingen äußern, von denen man offensichtlich keine Ahnung hat. Das wäre vielleicht auch bei diesem Beitrag angemessen gewesen…
Touchscreens werden Tastaturen niemals ganz ersetzen. Sie sind in bestimmten Bereichen sinnvoll – aber nicht zur täglichen Arbeit. Es sei denn, man will nur ein paar Dateien hin- und herschieben.
Lustig auch die Aussage:
\“Dass diese Szene so haften geblieben ist, zeigt, wie sehr sie unseren Wünschen entspricht.\“
Direkt darüber werden zwei Szenen beschrieben:
\“In der einen eilt Cruise durch ein Einkaufszentrum, in dem 3-D-Werbeanzeigen ihn mit Namen ansprechen und für Produkte gewinnen wollen. In der zweiten Szene arrangiert er Daten und digitale Bilder per Hand auf einer vertikalen Glas-Anzeige.\“
Entspricht es denn wirklich unseren Wünschen, was in erster Szene beschrieben wird? Wollen wir das wirklich? Also ich will es zumindest nicht. Und wenn die Aussage nur für eine der beiden Szenen gilt, dann stellt sich die Frage, ob sich hier jemand aus Apple-Gläubigkeit die Sache dreht, wie sie ihm gerade gefällt…
Jochen 29. Juni 2007 um 17:48
Natürlich kann man mit dem Nokia Gmailkonten abrufen. Entweder per POP oder indem man sich von Nokia eine Konfigurationsdatei simsen lässt. RTFM bzw. YFGI 🙂
Marcel 29. Juni 2007 um 17:58
Was habt Ihr Journalisten bloß mit diesem Iphone? Seit Ihr neuerdings der verlängerte Arm der Marketing-Abteilung von Apple, oder wie muss man das verstehen? Ich benutze seit Jahren pda\’s, die all das schon lange und – glaubt man den verspotteten Technikern – besser können als dieses Spielzeug für nicht erwachsen Gewordene. Und wer für den Namen und das (meiner Meinung nach nicht mal gelungene) Design allein das Äquivalent von 600 US$ ausgibt, entschuldigung, der ist entweder vom lieben Gott bei der Größe des Geschlechtsteils nicht genügend bedacht worden oder hat ein sonstiges ernsthaftes psychisches Problem. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke, trifft das ja leider auf einen Großteil unserer Gesellschaft zu, mmhh, Scheißdreck!
Marcel 29. Juni 2007 um 18:01
Entschuldigt bitte die Flüchtigkeitsfehler, das ist das Adrenalin…
Jörg Weisner 29. Juni 2007 um 18:18
Thomas, ich finde Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen – zumindest aus meiner Sicht.
Wenn ich mir allerdings hier die bisherigen Kommentare ansehe, dann scheint in Deutschland die Skepsis zu überwiegen. Wie gut für Steve, dass er in den USA das iPhone starten lassen kann. Wenn es dann die entsprechende Flughöhe erreicht hat, werden wohl auch die einen oder anderen Deutschen zu begeistern sein.
MuGo 29. Juni 2007 um 20:56
Auch ich frage mich eine Sache (das mit dem Touchscreen – und PDAs – wurde ja schon erwähnt…). Nein, ich frage mich sogar zwei Sachen: Zum ersten, warum ich mit meinem Handy Gmail-Konten aufrufen muss.? Zum zweitens, warum mir mein Notebook deswegen plötzlich als benutzerunfreundlich erscheinen soll. Zugegeben, es ist ein bisschen klobiger als das iPhone und hat ein wenig mehr gekostet – dafür besitzt es über einen benutzerfreundlichen Bildschirm und steht dem iPhone auch ansonsten in nichts nach. Aber was zählt schon meine Meinung – ich bin ja auch mit meiner Krücke von MP3-Player zufrieden und habe noch immer keinen Grund gefunden, ihn durch einen iPod auszutauschen. Nicht, dass der iPod nicht schon ein nettes Teil wäre – aber warum so getan wird als wäre es der einzig nutzbare MP3-Player ist und bleibt mir ein Rätsel…
Frank Meier 29. Juni 2007 um 23:51
In Amerika gibt es kein UMTS. Wozu sollte also Apple das einbauen????
Giesbert Damaschke 30. Juni 2007 um 3:04
So sehr ich vom iPhone, ne, von den Videos zum iPhone auch begeistert bin und so sher diejenigen danben liegen, die meinen, das Multitouch-Display des iPhone sei doch nix neues — Tom-Cruise-Feeling kommt doch wohl eher bei Microsofts Surface auf.
Frank Joster 30. Juni 2007 um 9:17
Ja der Hass des Journalisten auf Techniker, die was anständiges gelernt haben. Da kommen dann so unqualifizierte Aussagen raus.
Also, Touchscreens am PC sind mehr als ärgerlich. Nach einem halben Tag will man die nicht mehr, weil die eigenen fettigen Fingerabdrücke nur noch ekelhaft aussehen. Bei mehreren Benutzern bekommt man das Kotzen. Das häufigste Zubehörteil für das iPhone wird dann auch der Lappen zum abwischen sein. Nicht nur für die Fingerabdrücke, sondern auf für den Dauersabber der den iPhone Fanatikern aus dem Mund trieft.
Touchscreens am PC sind auch mist, weil man nicht ständig mit ausgestrecktem Arm darauf rumfuchteln möchte. Ständig zwischen Tastatur und Touchscreen wechseln wenn man einen Text schreibt? Na, dann werden die Journalisten die ersten sein, die \“Scheiße!\“ brüllen. Touchscreens am PC sind nur was für Neonazis, die ihre Armmuskeln trainieren müssen.
Das Thema ist übrigens schon vor mehreren Jahrzehnten ausdiskutiert worden. Es ist ja nicht so, als ob es keine PC-Touchscreens gibt – für sehr beschränkte Anwendung (ekelhaft versiffte Fahrkartenautomaten) findet man sie. Die Möglichkeit auf den Bildschirm zeigen zu können gab es schon 1949 mit der Erfindung des Lichtgriffel. Zu recht wurde der später von der ergonomisch überlegenden Maus gekillt.
Aber warum Fakten zur Kenntnis nehmen, wenn man sich mal wieder über Techniker auskotzen kann? Damit die eigene Ideologie passt träumt man sich halt was zusammen.
PS 30. Juni 2007 um 9:47
Wenn sich sowas durchsetzt, ist das eher der Sieg des Marketing über das Controlling – oder auf Deutsch gesagt, die Einsicht, das Qualität auch Geld kosten MUSS….
zdys 30. Juni 2007 um 13:32
Sieg der Verbraucher ueber die Programmierer. So ein Unfug. Eher wird es so sei, dass der Technik-Ignorant durch einen Griff in die Brieftasche seine Dummheit nach aussen kaschieren kann. Wer wirklich Programmierer ist, weiss was er von dem ganzen Design-Hype zu halten hat. Ob MacBookPro Keyboard oder iPhone Touchscreen, zum echten, professionellen, Gebrauch ist das Zeug unnuetz.
Irgendwie erinnert mich diese ganze Marketing-Blase an die Morlocks die Elois. Moeglich dass das weniger mit Zeit und Maschinen als mit Kunden und Kuehen zu tun hat.
Sieg ueber die Programmierer, darin liegt der Wunsch. Ob in einer Informationsgesellschaft Geld Ignoranz kompensieren kann, darum geht es doch. Mit all der Angst um die Konsequenzen ob der eigenen Bescheidenheit und ob der Befreiungsschlag durch die Gesetze der Marktwirtschaft gelingt, das ist das iPhone, das ist der aufmerksamkeitsbefeuerte Glaubenskrieg.
# we will prevail
michael 30. Juni 2007 um 23:15
Wie, professioneller Gebrauch? Will ich sowas?
Das iPhone versucht doch nur eines: Nutzerfreundlich zu sein. Ich hab\‘ bisher kein einziges Review gelesen, dass das nicht bestätigt hätte.
Nein, für Vieltipper ist das Ding wohl nichts. Nein, Kompatibilität ist nicht in jeden Fall gegeben. Ja, durch Edge wird der Spass im Internet gebremst. Und so weiter. Alles klipp und klar legitime und oft schwer wiegende Kritikpunkte. Nur stellt sich durchaus auch die Frage nach der Wichtigkeit dieser Punkte.
Was das iPhone mitbringt ist, dass jeder es begreifen kann.
Techniker und Ingenieure stehen dem natürlich ratlos gegenüber. Die können mit jedem Gerät umgehen, das ist sowas wie deren Beruf. Warum also nur wegen sowas profanen wie Bedienbarkeit ein Handy kaufen? Wo doch andere ähnliche oder vielleicht mehr Feautures bieten?
Schade, dass dieses Unverstädniss noch existiert.
Jens 1. Juli 2007 um 13:10
Übrigens läuft Gmail auf dem Apple iPhone nur via Standardmailprotokoll oder Webbrowser. Nicht mit dem genialen Java-Programm welches z.B. auf Nokia-Modellen läuft.
Insofern dürfte i.S. Gmail das Nokia N95 besser sein als das Apple iPhone. Jedenfalls solange Apple Java nicht nachrüstet.
Woo 2. Juli 2007 um 8:42
Ich schliesse mich mal diversen Vorkommentatoren an.. mir persoenlich ist der Hype um das iPhone voellig unverstaendlich, und demonstriert eigentlich nur, wie man mit massivem Werbebudget, ein paar gekauften Reviews und beschenkten Promis massiv Bedarf schueren kann.
Das einzige was das iPhone kann, ist nett aussehen. Zumindest die GUI. Technisch ist es aktuell kaufbaren und wesentlich billigeren Handys massiv unterlegen. Kein Java, kein UMTS, kein taktiles Feedback dank Tatschdisplay, klobiges Gehaeuse, miese Akkulaufzeit.. und dafuer 600USD auf den Tisch legen? Von logischen Entscheidungen KANN so ein Kauf nicht getragen sein. Da muss entweder Dabei-sein-Sucht oder diverse Kompensationszwaenge im Spiel sein.
Thomas Knüwer 2. Juli 2007 um 9:40
Ja, ja. Schlimm. Der Hype. Peter Glaser ist auch drauf reingefallen in seinem – wie fast immer bei ihm – sehr lesenswerten Stück in der \“Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung\“.
Patrick Wenzlik 2. Juli 2007 um 9:48
Eigentlich ist diese Naivitaet geradezu als traurig anzusehen. Es scheint immer noch Leute zu geben die glauben die Technik, bzw. deren Fortschreiten koenne ihnen das Denken abnehmen.
Es verlangt doch auch kein vernuenftiger Mensch einen PKW der von 5 Jaehrigen gelenkt werden kann. Wieso kann ein Mobiltelefon nicht einfach nur ein Telefon sein wie ein Hammer ein Hammer ist und eine Zange eine Zange. Dort verlangt ja auch niemand das Alles-in-einem-Idiotensicher-Werkzeug. Das sind nur die Forderungen von Leuten die zwar keinerlei Ahnung vom Thema haben, oder den Schwierigkeiten der Entwicklung modernen Technologie, aber nur allzugerne von Ihrer Denkpflicht befreit wuerden durch solche geforderten \“Wunderapparate\“ welches alles automatisch richtig machen. Am besten diese Geräte machen nichtmal das was man ihnen sagt, sonder gleich das was man eigentlich meinte.
Just my 2 cents
michael 2. Juli 2007 um 14:37
Hammer und Zange sind nicht kompliziert. Und selbst ein Auto lässt sich, wenn man es nur auf das Fahren beschränkt, einfach bedienen. Tatsächlich dürften diese drei Dinge so was wie der Idealfall sein. Reduziert und einfach.
Sobald elektronisches Gerät ins Spiel kommt wird es komplizierter. Wir mögen zwar ein mehrere Tonnen schweres Gerät problemlos durch die Stadt steuern können, das heißt aber nicht, dass wir die Uhr dieses Ungetüms richtig einstellen können.
Jegliches Elektronisches Ding fällt meiner Meinung nach in eine ganz neue Kategorie, für die wir ganz neue Metaphern, ganz neue Konzepte benötigen. Das ist alles viel zu abstrakt, so dass es am Ende eben doch nur noch der Techniker verstehen kann. Insofern brauchen wir virtuelle Knöpfe, Hebel, Ordner und Fenster (obwohl so was in Wirklichkeit natürlich Unsinn ist) um das alles nur ansatzweise zu begreifen.
Diese vermetapherisierung hat bei PCs ganz gut geklappt und zumindest die jüngere Generation wird schon bald nicht mehr wissen, dass es auch echte Ordner – aus Pappe – gibt. Für viele ist einen Computer zu bedienen genauso intuitiv geworden wie Auto fahren. Obwohl der doch die ultimative All-In-One-Mashine ist. Dieses All-In-One-Konzept halte ich nicht mal für fehlerhaft. Nur bei einen hast du Recht, das Denken sollte eine Maschine nie versuchen zu übernehmen, das geht nur schief.
Aber wer hat denn behauptet, dass das iPhone das will. Alles was es versucht ist neue, sinnvollere Metaphern zu finden, denn begreifen kann der Nicht-Techniker so ein Handy sowieso nicht. Die Metaphern bisheriger Handys waren wohl nicht schlecht, wenn man nur Telefonieren wollte. Wollte man mehr wurden oft Metaphern vom PC übernommen, aber das funktioniert nicht so ganz. Insofern ist dieser ganz neue Ansatz, die neuen Metaphern, anscheinend ganz gut gelungen.
Das iPhone nimmt einen nicht das Denken ab, es gibt einen Raum zum Denken. Das iPhone will das bisher fehlerhafte All-In-One-Konzept bisheriger Handies durch Reduktion und Neu-Anordnung lösen. Was genau ist an Reduktion so schlecht? Der Hammer ist ein sehr reduziertes Werkzeug. Das iPhone will das auch schaffen.
Stefanie Harnau 3. Juli 2007 um 13:59
\“Es ist keine Utopie zu prophezeien, dass schon in fünf Jahren die ersten Computer-Tastaturen ersetzt werden durch Touchscreens.\“
Oha. Was sagt denn Ihre Glaskugel zum Anteil, lieber Herr Knüwer? Die ersten sind ja längst ersetzt, aber wohin gehts weiter?
5-10 %? Apple-mäßig < 3 %? Oder bleibt Deutschland touchverbreitungsmäßig auf dem Level der Bahnautomaten?
Das würde mich als einer der derzeit aktiven Touch-„Utopisten“ sehr interessieren. Ihr Beitrag lässt die bisher geleistete Pionierarbeit und das Investment als vielversprechend erscheinen. Als iPhone und Microsoft Surface ihre PR-Offensive starteten, dachte ich: Prima! Ich muss bald weniger erklären, was ich mache.
Aber wohin es sich entwickelt, vermag ich heute nicht zu sagen. Ich bin aufgrund meines Engagements definitiv optimistischer als meine Vor-Schreiber.
Aber, ganz eindeutig: Der Verbreitungsgrad steht und fällt mit den Anwendungen, dem viel gepriesenen, gefeierten King Content. Leider auch hier. Aber ganz egal WAS – das WIE ist entscheidend: Touch-fähige Inhalte müssen smart, intuitiv, simpel sein. Und vielerorts erst noch erstellt werden.
Fakt ist: Niemand tippt einen elegischen Liebesbrief per Touchtastatur mit ausgestrecktem Zeigefinger. Niemand möchte auf kleinfizzeligen Websites per (Wurst)Finger navigieren. Und die wenigsten können es. Multitouch sieht super aus und macht starken Eindruck, wenn es jemand bedient, der es kann (Jeff Han), aber Lieschen Müller ist überfordert, wenn sie ihre Urlaubsfotos mit beiden Händen auf XXL-Modus zoomen kann/soll.
Ich spreche aus eigener Erfahrung, da ich die letzten Monate ganz nah dran an der Produktentwicklung von Systemintegrationen mit Touchscreens im XXL-Format beschäftigt war und weiterhin sein werde. (XXL-Format meint: 42“ ist für mich schon inzwischen „klein“, 61 und 100“ Standard: DAS ist Minority Report, nicht das iPhone-Display ;-))
Ich selbst habe ein paar Tage gebraucht, bis mein Mittelfinger nicht mehr \“mitzog\“ und für irritierende Auslöser sorgte. Und das, obwohl ich als weiblicher Apple-Fan quasi doppelt intuitiv agiere. Ich sehe, wie der DAU am POI reagiert, wenn er zum ersten Mal in touch mit einem riesigen Touchscreen kommt: wie im Streichelzoo. Erst zurückhaltend, dann zunehmend mutiger, später begeistert. Und zum Schluss wird das arme Schäfchen fast zu Tode getatscht …
Die PR-Kampagnen von Microsoft Surface und das iPhone und das Nutzerfeedback werde ich jedenfalls weiterhin aufmerksam verfolgen.
Ipad – Coffeetable-Gagdet und iKlickhuren 27. Januar 2010 um 21:18
[…] Noch etwas geht seinem Ende entgegen: das Zeitalter der Maus. Nun sollen wir auf einem Touchscreen tippen. Dabei präsentierten die Apple-Köpfe ein eher unbeholfenes Achtfinger-System. Trotzdem bleibe ich dabei: Wir verabschieden uns Stück für Stück von traditionellen Eingabegeräten. […]