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Der Relaunch einer Internet-Seite – das klingt so leicht. Hier nen büschen Technik, da nen büschen Technik und schon läuft das Teil. Das Gegenteil ist der Fall, wie in diesen Minuten unser Kooperationspartner vom „Tagesspiegel“ demonstriert. Eigentlich sollte gestern Mittag schon der Schalter umgelegt werden, doch es dauert ein wenig länger. Nun aber ist Tagesspiegel.de in neuem Kleid online. Wie auch andere, ziehe ich den Hut: Der Tagesspiegel hat seit heute die optisch ansprechendste Nachrichtenseite im deutschsprachigen Netz, der Relaunch ist in Sachen Optik weitaus gelungener als das, was „Welt“, „Süddeutsche“ und „Zeit“ jüngst auf die Beine stellten (Hinweis: Der „Tagesspiegel“ ist Partner des Handelsblatts).

Trotzdem dürfte Hektik herrschen. Zum einen, weil das System derzeit unter der Last zusammzubrechen scheint: Die Zugriffszeit darf teilweise in Minuten gemessen werden, wie auch Chefin Mercedes Bunz im Relaunch-Blog zugibt.

Zum anderen, weil irgend ein Technikteufel Meldungen doppelt und doppelt und doppelt:

Aber ist der Bohai um die Startseite überhaupt gerechtfertigt? Wieviele Leser kommen tatsächlich über die erste Seite auf das Angebot?

Mit der Verbreitung von Diensten wie RSS wird der Anteil derjenigen steigen, die unmittelbar auf einzelne Nachrichten gelangen, ohne die Startseite zu sehen. Dies wird künftig ein Umdenken erfordern. Denn es handelt sich hier um Kunden, die anlassgetrieben das Angebot aufsuchen. Sie interessieren sich für ein bestimmtes Thema.

Wer ein kundenorientiertes Angebot bieten möchte, muss sich deshalb radikal wandeln. Derzeit versuchen Nachrichtenseiten die Leser von außen auf andere Themen zu führen. Da tauchen neben dem gewünschten Artikel im besten Fall Anreißer zu anderen Stücken aus dem gleichen Ressort auf. Nur wenn ein Artikel eingebettet ist in ein Special, wie derzeit in Sachen G8, dann sind diese Weiterverweise gefüllt mit ähnlichen Themen. Spiegel Online schafft es im Moment noch am besten, die Lockangebote mit dem Artikel in Verbindung zu bringen.

Künftig werden sich Nachrichtenseiten aber weiter öffnen müssen, wollen sie ihre Leser wirklich bedienen. Zum einen werden sie im Text nach außen verlinken, zum anderen auch andere Quellen einbeziehen. Warum, zum Beispiel, nicht einen Kasten mit Links zu anderen Nachrichtenseiten nach dem Motto: „Das schreiben andere darüber“? Eine inkonsequente Version davon hat bereits Welt.de. Oder dazu passende Video-Verlinkungen zu Youtube, Sevenload & Co?

Eine steigende Zahl von internetkundigen Lesern ist genau das von Weblogs und privaten Seiten gewohnt – und wird dies auch von großen Seiten erwarten. Die Medienkonzerne werden lernen müssen: Das Einsperren des Lesers in den goldenen Käfig Homepage wird auf Dauer nicht funktionieren – egal wie hübsch dieser Käfig auch sein mag.


Kommentare


marcel weiss 6. Juni 2007 um 13:33

Bevor man in den Medienhäusern so Hokusbokus lernt wie RSS, muss man erstmal bei grundsätzlicherem anfangen wie zum Beispiel der Tatsache das man auch zu Seiten außerhalb des eigenen Angebots verlinken kann. Und dass das nicht Leser dorthin vertreibt, sondern sie wegen des besseren Service zurückkommen lässt.

Ach, alles so kompliziert mit dem Interweb. Mit dem Papier früher war alles viel einfacher.

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Al 6. Juni 2007 um 13:43

Ich habe mittlerweile die ganzen \“professionellen\“ News-Seiten wieder aus meinem Reader geschmissen, weil die die Nachrichten erstens so schnell raushauen, dass man mit dem Lesen gar nicht mehr nachkommt; zweitens erdrückt die Flut an \“professionellen\“ Nachrichten die selteneren privaten Blog-Einträge; drittens sieht man den RSS-Feed-Items nun mal nicht an, ob die Redaktion sie nun für wichtig erachtet oder nicht (indem sie sie prominent platziert oder auch nicht). Da verlasse ich mich lieber wieder auf die richtigen Internetseiten…

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Alex 6. Juni 2007 um 13:45

> Zum anderen, weil irgend ein Technikteufel
> Meldungen doppelt und doppelt und doppelt:
Könnte es sein, dass die gleiche Technik wie beim Handelsblatt genutzt wird? 😉
Auf keiner anderen Homepage begegnet mir dieser Effekt so häufig: Ein Artikel als Aufmacher, zusätzlich als erster inhaltlicher Artikel und zudem noch einmal in der Sparte, manchmal sogar gleich an dritter Stelle.
Ganz genau wie hier angegeben jeweils mit identischer Überschrift, Headlines und zuweilen auch Aufmacherbild.

> Aber ist der Bohai um die Startseite überhaupt
> gerechtfertigt? Wieviele Leser kommen tatsächlich
> über die erste Seite auf das Angebot?

Ich beim Handelsblatt recht häufig. Und gerade heute nervt mich die der Homepage vorgeschaltete Werbung (irgendetwas graues, das einen 10 sek warten lässt, wenn man es nicht wegklickt) ganz gewaltig. Ich erinnere mich nicht, wann mich ein Pop-up-Fenster in letzter Zeit mehr geärgert hat.

Davon abgesehen finde ich die Handelsblattseite sehr gut, aber heute hat sie mich verärgert.

PS: Das Einsteigen über Startseiten halte ich für wichtig und interessant, um, ähnlich wie in einer Zeitung, halbwegs umfassend informiert zu werden und nicht nur meine Schmalrille zu verfolgen. Dieses Blog besuche ich unabhängig davon, weil es interessant ist. 😉

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Prospero 6. Juni 2007 um 21:02

Da müssen aber noch einige Technikschrauben gedreht werden, damit auch die Noscript-Benutzer die Links normal sehen – und nicht so:
# href=\“/politik/Deutschland-G8-Polizei-Heiligendamm;art122,2316343\“ onmouseover=\“return(true)\“ » Heiligendamm: Mecklenburg-Vorpommern will mehr Berliner Polizisten
# href=\“/politik/Deutschland-G-8-Gipfel-Heiligendamm-Protest;art122,2316290\“ onmouseover=\“return(true)\“ » G-8-Proteste: Bannmeile um Heiligendamm bleibt
Ad Astra

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7an 7. Juni 2007 um 0:15

tagesspiegel sieht jetzt aus wie guardian oder times online, nur in schlecht. die obere hälfte der hp ist gut, die untere sollte man löschen. die zeit hat endlich kapiert, dass diese 5000 links in der unteren hälfte nix bringen, da macht es jetzt der tagesspiegel. was soll man davon halten? aber auch diese tausend kleinen bilder sehen sehr komisch aus.

die ressortseiten sehen hingegen ganz ansprechend auf den ersten blick aus. aber die spaltenbreite der artikel geht gar nicht. das ist ja doppelt so breit wie bei anderen und viermal so breit wie in der zeitung. das ist schon fahrlässig.

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Martin Oetting 7. Juni 2007 um 12:34

Die Sache mit den Verweisen auf andere (\’fremde\‘) Seiten hat Dave Weinberger letztes Jahr in Paris bei LeWeb3 emphatisch beklagt. Er stellte dort dann recht plakativ fest, dass das Web eigentlich allein durch \“uns Blogger\“ gemacht, gestaltet, geschaltet wird, denn wir sind die, die verlinken und es damit zu dem machen, was es ist: ein Netz. Die Medienkonzerne hätten viel zu viel Angst davor, Empfehlungen für andere Seiten auszusprechen, weil sie füchten, dadurch Leser zu verlieren. Blogger funktionieren genau anders herum: je bessere Empfehlungen sie aussprechen, desto häufiger kommen die Leute wieder. (Allerdings müssen sie auch kein Geld mit Werbung verdienen.)

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Markus Merz 7. Juni 2007 um 23:31

Schickerweise haben sie beim Tagesspiegel auch gleich ihre ganzen alten eingehenden Links über den Jordan gehen lassen. Ich hatte da noch so ein paar Artikelchen per RSS archiviert und die Links landen alle auf der \’ist nicht mehr\‘ 404 Müllhalde.

Glückwunsch auch zu den unbedingt notwendigen neuen RSS Feed Links. Die alten Feeds wurden der ewigen Ungültigkeit übergeben.

Kleine Anreißerfotos im Feed gehören anscheinend auch der Vergangenheit an.

Internet Profis halt…

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Thomas Knüwer 8. Juni 2007 um 8:34

Da hätt ich mal eine Frage an die Technikkundigen: Die verlorenen Links sind ein Problem, das bei jedem mir bekannten Relaunch eingetreten ist. Zwingende Notwendigkeit? Oder ist der Aufwand die Adressen zu behalten, zu hoch?

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Erik 8. Juni 2007 um 12:22

Da braucht man nicht besonders \“technikkundig\“ zu sein.
Irgendwie ist das immer noch Denke, dass – wenn es erstmal was schönes Neues gint – die alten Seiten nicht mit einem Gedanken in das digitale Nirvana geschickt werden.

Habe ich schon oft erlebt und mich manchmal erfolgreich dagegen gestemmt.

\“Technisch\“ muss man eben während der Designphase, der technischen, eine Migration der alten Inhalte mitplanen – bei der seit 10 Jahren herrschenden Hektik bei Neugestaltungen ist dafür eben nie Zeit.

Ein Fehler, der teuer zu stehen kommen kann, bedenkt man Google PR und das, was Du oben geschrieben hast.

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Markus Merz 8. Juni 2007 um 15:02

> Zwingende Notwendigkeit? Oder ist der Aufwand die Adressen zu behalten, zu hoch?

Das alte Adressenschema folgt einem eindeutigen Muster.
Das neue Adressenschema folgt einem eindeutigen Muster.
Daraus leitet man Regeln ab und schreibt diese in die .htaccess Datei.
Jeder Aufruf einer alten Adresse führt zu einem Aufruf der neuen Adresse.

Auf ihrer besch… 404 Seite erklären sie ja auch noch ihr Schema…

Natürlich halten sie sich nicht einmal bei ihren eigenen RSS Feeds daran, sondern da wird mit einer Artikel-ID im Link gearbeitet, die einen dann zum Artikel bringt. Welcher der Links jetzt zukunftsträchtig, im Sinne von archivierbar, ist, das ist völlig offen.

Man kann bei einem Relaunch natürlich auch einfach das alte Adressenschema in das Lastenheft schreiben und eine Weiterverwendung vorschreiben.

Die Datenbankprofis haben die Migration ja wohl hinbekommen, aber die Internet Profis haben Müll abgeliefert. Alle alten externen eingehenden Links sind jetzt 404 Müll. Abgesehen von toten alten RSS Feed Links…

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