Medienkongress 0.0

Es lohnt sich, auf dem NRW Medienforum zu sein. Nicht zur persönlichen Bereicherung oder Wissensanhäufung – sondern zur Belustigung. Um 9 Uhr 51 erklang die Kapitulation. Eine Fleischsonderpreisverkündigungsstimme schallte durch das Foyer der Kölner Messehallen: „Das Highlight Konvergenzforum findet nicht im Auditorium statt, sondern im Saal Mainz.“

Es war das Einknicken vor einer Abstimmun mit den Füßen. Denn zu diesem Zeitpunkt, neun Minuten vor der ersten Diskussion des dritten Tages des Medienforums war klar, dass sich jene Situation, die gestern schon auffällig wurde nochmals gesteigert hat: Es ist hier leer. Sehr, sehr leer.

Gestern, als die Kanzlerin vorbeischaute, war das große Auditorium gerade mal zu zwei Dritteln gefüllt. Kaum hatte sie geendet, verschwanden weite Teile der Zuhörer. Auch bei dem Forum, bei dem ich gestern auf der Bühne saß waren die Stuhlreihen nur dürftig gefüllt.

Vergangenes Jahr, sagen die, die dabei waren, war es voller. Was also ist los? Vielleicht liegt es am chaotischen Programm. Damit meine ich nicht den Ablauf, sondern den Abdruck des Ablaufs – die gedruckten Programme sind ein wildes Durcheinander. Vielleicht sind auch die Themen teilweise viel zu speziell, teilweise merkwürdig formuliert wie ein Gesetzesentwurft.

Und vielleicht liegt es auch am bizarren Umfeld. Würde jemand eine Satire über Medienkongresse schreiben, und wäre er nicht besonders geistreich, so würde er all das ersinnen, was es in diesen Tagen in den Kölner Messehallen zu besichtigen gibt.

Ein offenes W-Lan zum Beispiel existiert nicht. Wer surfen will, muss den Mondpreis von Netcologne akzeptieren: 8 Euro pro Stunde – unverschämt. Und: Wer sich anmeldet, muss dies nach Ablauf seines Kontos immer wieder neu tun – er kann nicht mit dem gleichen Username (eine Kombination von Zahlen und Buchstaben, die er sich nicht aussuchen kann) immer wieder online gehen. Ist Netcologne immer so rückständig?

Ein besonderer Lacher sind auch die in den Räumen stehenden Kameras. Sie zeichnen nicht auf, sondern filmen nur ab – für die Großbildleinwände. Videos im Netz? Live-Stream? Unbekannte Möglichkeiten für das Medienforum.

Wundert es da noch, dass der heute stattfindende Podcast-Tag keine Möglichkeit hat, die Diskussionen als Podcast aufzuzeichnen?

Kein Preis passt besser zu diesen Tagen als der Grimme Online-Award und seine traurigen Umstände. Die heutige Mitteilung, die ich in meinem E-Mail-Postfach vorfand ist eine schöne Ergänzung:

„Zu den technischen Voraussetzungen vor Ort: Leider können wir aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für die Stabilität des vorhandenen W-LAN-Netzes nicht garantieren – aber wenn tatsächlich Funkstörungen auftreten sollten, werden wir uns bemühen, eine schnelle Lösung für die Live-Berichterstatter unter Ihnen zu finden.“

Ja, als Besucher des Medienforums ist es wirklich lustig. Wenn man nicht Organisator ist. Dann wäre es einem peinlich.

Nachtrag: Lesen!