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Auch die Deutsche Post hat sich von ein paar Beratern eine Second-Life-Repräsentanz aufschwatzen lassen. Eingeweiht werden soll sie mit einer Pressekonferenz – in Second Life. Eine Dame von einer kleinen PR-Agentur am Rande einer bergigen Stadt, die dies nun Journalisten verkaufen soll, war gerade etwas sprachlos nach einem kleinen Telefonat mit mir. Eigentlich habe ich ja keine Lust mehr, schon wieder auf Firmen einzudreschen, die ihr Geld – und damit bei börsennotierten Firmen auch das Geld ihrer Aktionäre – in Second Life verbrennen. Deshalb hatte ich auch die Einladung ignoriert, die mir ein Kollege weitergeschickt hatte:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der Eröffnung des Post Towers auf „Post Island“ geht die Deutsche Post World Net am 3. Mai 2007 den Schritt in die virtuelle Welt „Second Life“. Dabei schlägt sie eine Brücke von der virtuellen in die reale Welt: So können die Besucher des Post Towers beispielsweise aus Second Life heraus ech-te Postkarten mit individuellem Grußtext an Empfänger im realen Leben versenden.

Ingo Bohlken, Mitglied des Bereichsvorstands BRIEF Marketing der Deutschen Post, möchte Ihnen gerne einen exklusiven Einblick in die Möglichkeiten des Post Towers auf „Post Island“ geben. Begleiten Sie ihn bei den ersten Schritten der Deutschen Post in Second Life und erfahren Sie mehr über die Ziele und Visionen, die für die Deutsche Post damit verbunden sind.

Wir laden Sie herzlich ein zur ersten virtuellen Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung des Post Towers auf „Post Island“ in Second Life am Donnerstag, 3. Mai 2007, 11.00 Uhr.“

Nun aber rief mich gerade die PR-Agentur der Deutschen Post an. Was mich angesichts der Größe der Kommunikationsabteilung fragen lässt, warum es überhaupt einen solchen Dienstleister gibt. Angesichts von nicht blogbaren Erfahrungen mit der internen Kommunikation des Konzerns, erübrigt sich das aber wieder – die so kommunikationskompetent ist wie eine verwesende Leiche.

Nun gut, der Dialog mit jener Dienstleisterin also lief ungefähr so ab:

„Dürfen wir Sie denn bei der Pressekonferenz im Second Life begrüßen?“

„Glauben Sie, unser Verlag hat eine Firewall, die Second Life durchlässt?

„Über technische Details bin ich nicht informiert.“

„Aber ohnehin wäre ich nicht da, denn ich halte nichts von dieser Second-Life Euphorie.“

„Aber es gibt schon über fünf Millionen Nutzer weltweit.“
„Fünf Millionen Avatare, nicht fünf Millionen Nutzer.“

„Und mehrere hunderttausend in Deutschland.“

Ich warf schon mal die Homepage von Second Life für die Details an.

„Es sind insgesamt sogar über sechs Millionen Avatare aktuell. Aber viele Nutzer haben mehrere Avatare. Und in den vergangenen zwei Monaten haben sich davon nur 1,7 Millionen angemeldet, in den vergangenen 30 Tagen sogar nur eine Million. Wenn wir davon die Neuanmeldungen abziehen…“

„Aber jeden Tag werden in Second Life 2,5 Millionen Dollar umgesetzt…“

„Ja, theoretisch. Aber wenn wir uns anschauen, wieviele Leute damit tatsächlich Geld verdienen, dann waren es im März keine 500 Leute, die einen positiven Cash-flow über 2.000 Dollar hatten. Und das bedeutet noch nicht, dass sie das Geld tatsächlich rausgezogen haben.“

„Ähm, ja, ich seh schon, Sie haben sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt…“

„Nö, eigentlich nicht. So schwer ist das ja nicht.“

„Auf jeden Fall danke für die Informationen und einen schönen Tag noch.“

Ein Trauerspiel. Und das möchte ich noch nicht einmal der netten Dame zuschreiben. Aber Berufskommunikatoren müssen sich einfach angewöhnen, dass sie die Themen für die sie werben auch tatsächlich begreifen. Das aber erfordert Zeit. Und diese Zeit ist oft nicht da.


Kommentare


Marc 2. Mai 2007 um 14:08

Sind Sie sicher, dass Sie mit einer echten Person und nicht mit einem dieser Avatare gesprochen haben, die mehr oder weniger geschickt Fragen beantworten können, wenn die entscheidenen Stichworte fallen? 😉

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Markus Pirchner 2. Mai 2007 um 14:09

>Und diese Zeit ist oft nicht da
Das kann aber nicht entschuldigen, dass sich professionelle Kommunikatoren mit Viertel- oder Achtelwissen an die Arbeit machen. Wenn sie das Know-how nicht haben, sollen sie es gefälligst zukaufen. Es gibt ja KollegInnen und Kollegen (Partner, Mitbewerber usw.), denen es nicht zu mühsam ist, sich das Wissen anzueignen.
Mir scheint hier eher eine gewisse \“professionelle Arroganz\“ am Werk zu sein, die davon ausgeht, dass \“die anderen eh noch weniger\“ kundig sind.

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medienblogger 2. Mai 2007 um 14:10

Mich würde ja mal interessieren, was ein Unternehmen, wie die Deutsche Post, so ein Auftritt bei Second Life kostet. Wenn sie schreiben, dort würde Geld verbrannt, gehe ich eigentlich von einem höheren Betrag aus.
Was SL betrifft so habe ich den Eindruck, dass dort mehr Avatare herumlaufen, die kommerzielle Ziele verfolgen als potenzielle Kunden. Der Markt hat Second Life derart schnell überschwemmt, soweit ist der Durchschnittsuser noch lange nicht.
Man könnte fast meinen, SL ist zu einer reinen PR-Plattform geworden, ohne das es jedoch jemanden gibt, den die Kommunikatoren erreichen könnten, was ja auch wieder zu der zitierten Geschichte da oben passt.

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Markus Pirchner 2. Mai 2007 um 16:10

SL ist sicher keine PR-Plattform, auch wenn ein paar Schnellmerker meinen, sie könnten auf einer (schon längst abgeflauten) Hype-Welle noch schnell ein paar Aufmerksamkeitspunkte erhaschen.
SL kommt mir vor wie eine Zuhälter-Messe: Lauter Loddel, keine Freier.

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Grauer 2. Mai 2007 um 16:14

Ist doch praktisch wenn sich die PR und die Journalisten direkt in SL treffen können. So ganz ohne störende lassen sich Reibungsverluste minimieren. So von Profi zu Profi lassen sich Botschaften kostengünstig verbreiten.
Für die Kunden könnte es interessant sein einen Briefkasten in Secondlife zu unterhalten. Die Post sorgt dann für automatische Befüllung und Leerung.
Bleibt das Blechding in Firstlife sauber

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Markus Pirchner 2. Mai 2007 um 17:06

Nö, dafür dass das \“Blechding\“ bis zum Erbrechen mit buntem Schrott angefüllt wird, sorgen schon – zumindest hier in Wien – die Direktmarketer. Buntes Rauschen – all noise, no signal.

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Christian 2. Mai 2007 um 20:57

Lieber Herr Knüwer,

ganz ehrlich: Bis ich Ihre Posts zu Second Life gelesen habe, dachte auch ich, ich sei ein Einzelfall, weil unsere Firewall Second Life blockiert. Ich gebe Ihnen recht: PRler müssen gut informiert sein. Sie sind schließlich das Aushängeschild eines Unternehmens gegenüber einem Journalisten. Aber wenn das Thema Second Life schon von den meisten Journalisten über den Klee gelobt wird, darf man sich doch nicht wundern, dass PR-Leute eines Unternehmens, das dort vertreten ist, nur die Pros aufzählen.

Der einzige für mich nachvollziehbare Fehler ist, dass die Agentur überhaupt die SL-Repräsentanz empfohlen hat. Aber das wiederum ist eine Folge des Honorierungssystem von Kommunikationsmaßnahmen: Man wird nicht für die Beratung bezahlt, sondern nur für die Maßnahme. Und da kostet das Abraten von einer Aktion unter Umständen eine Menge Budget. Nur für Agenturen, die auf langfristige Kundenbeziehungen ausgerichtet sind (wie selbstredend die, in der ich arbeite:-))), ist dies sinnvoll.

Und letztendlich muss nicht mal die Repräsentanz in SL an sich ein Fehler sein: Nämlich dann, wenn das Ziel lautet, im First Life zu zeigen, was für ein innovatives Unternehmen man ist…

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dot tilde dot 2. Mai 2007 um 22:11

gibts bei denen auch fliegende pillermänner oder solche späsken? dann wär das ja direkt was.

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Gero 3. Mai 2007 um 12:41

Ich war gerade dort und habe mir das mal live angesehen. Eine Stunde nach Eröffnung war da außer zwei Avataren keiner mehr.

Außer zwei Anja-Tanjas von der Post im Post-Outfit, die dauern gegen die Wände rannten und auf Fragen nicht antworteten bzw. nur mit vorbereiteten Standardsätzen. PR wie im richtigen Leben 🙂

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bittner 3. Mai 2007 um 16:59

\“Nur 100.000 Nutzer sind weltweit in Second Life aktiv. Ohne die Firmen bleiben nur einige zehntausend echte Kunden\“, lesen wir in der aktuellen W&V – Hefttitel übrigens – Second Life: Ende einer Party.

Die Karawane zieht wohl schon bald weiter. Linden Lab – nun aber fix mit dem IPO!

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Nicola 3. Mai 2007 um 17:10

@Christian: Wundern sollte man sich aber, wenn die Mitarbeiter die Cons nicht einmal kennen. Schließlich sollte man doch gerade als Berufskommunikator genau wissen worüber man spricht. Oder?

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Weltenweiser 4. Mai 2007 um 8:22

Das erbärmliche ist doch, daß die Server einbrechen, wenn mehr als 50 Journalisten wirklich vorbeigeschaut hätten. Ich habe mich auch schon vor längerer Zeit mal über Second Life ausgelassen. Mein persönliches Highlight waren die SS-Uniform und die Poster aus dem dritten Reich für die kuschelige Nazi-Repräsentanz in SL für Jedermann.

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