Weblogs, Video, Podcast – all das hat, in Unternehmen angewandt, eine schöne Nebenwirkung: Man erkennt wes Geistes Kind die generelle Wertehaltung der Mitarbeiter ist. Als Kind hatte ich mehrere Taschenbücher aus dem Hause Disney, die angefüllt waren mit Nutzwertigem für Kinder. Nein, es waren nicht die heute noch existenten „Lustigen Taschenbücher“, sondern dickere Exemplare, ich glaube angepreist als buchige Helfer des Fähnleins Fieselschweif.
Dort gab es auch einen Bereich für „Wie sag ich’s auf englisch“. Einen Abend unterhielt ich meine Eltern auf Köstlichste, als ich versuchte die englischen Satzfetzen auf Deutsch auszusprechen, denn dies war meine Grundschulzeit und auf der Grundschule war Fremdsprachenunterricht damals nicht mal eine pädagogikstrategische Diskussion wert.
Darüber also lachen Kinder. Und ihre Eltern. Zumindest beim ersten Mal, dann wird’s langweilig.
Das dachte ich bisher. Es zeugt von der ausgeprägten, kindischen Naivität der Ameisen des Web 2.0, dass auch eine von Ihnen sich beömmelt über die Tatsache, dass Menschen an anderen Orten linguistische Differenzen pflegen.
Wie zum Beispiel Aaron Krane. Er arbeitet für die Weblog-Suchmaschine Technorati und füllt dort auch ein Videoblog. In einer Ausgabe von Ende November, auf die mich gerade der Kollege Axel Postinett aufmerksam machte, wundert er sich über die Beständigkeit, mit der sich das unsäglich agierende Studentennetz StudiVZ an der Spitze der meist gesuchten Begriffe steht.
Statt dieser Frage aber nur ansatzweise ernsthaft nachzugehen, liest er deutsche Blogs vor und wundert sich, dass er sie nicht versteht. Dann erfreut er sich wie der Fünfjährige am eigenen Popel über die Unzulänglichkeiten von Online-Übersetzungsprogrammen.
All das spräche ja einfach nur für die Debilität eines Technorati-Mitarbeiters, wenn es da nicht noch eine andere Seite gäbe. Zum einen ist das Videoblog eben kein privates – sondern ein dienstliches. Und: Technorati will mit Hilfe der Berufskommunikatoren von Edelman verstärkt im internationalen Markt punkten. Dort aber hat man sich gerade gewaltig die Kauleiste demontiert, als eine vorgestellte Liste der angebliche einflussreichsten Blogs sich als Anhäufung von Fehlern und Unsinn entpuppte.
Wundern kann einen dies jetzt nicht mehr. Ebenso wenig wie die massiven technischen Fehler und Probleme bei Technorati. Kinder können schön mit Fischertechnik kleine Häuschen basteln. Geht es dann aber an die Ziegelsteine, sollte man lieber Männer ranlassen. Und bis Herr Krane dieses Wachstumsstadium erreicht hat, wird es noch ein Dutzend Jahre brauchen.
Kommentare
Thomas Knüwer 12. Januar 2007 um 9:25
Was mein Punkt ist? Da ist ein Unternehmen, das seine Internationalität betont und dann auf seiner eigenen Seite einen Mitarbeiter rumturnen lässt, der ein Weltbild hat wie Mogli, als er aus dem Dschungel gefischt wurde. Dies ist kein Teenager-Privat-Vlog – das ist ein Unternehmensanhängsel. Technorati widerum hat zwar anscheinend gute Klickzahlen, aber ist doch wohl kaum das, was wir uns wünschen. Offensichtlich wird es kaum für die Suche genutzt, sonst würden deutsche Suchbegriffe nicht so schnell nach oben wandern. Und die Suchergebnisse sind kryptisch, unzuverlässig und schwankend.