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Wenn Unternehmen einen Kunden gewonnen haben, fühlen sie sich oft genötigt, das per Pressemitteilung in die Welt hinauszuschreien. Dumm nur, wenn die Welt sagt: „An dem Job werdet Ihr vielleicht nicht lange Spaß haben.“ Langfristige strategische Partnerschaft festigt führende Position von Rewe auf der Rethelstraße

Der Rewe-Markt auf der Düsseldorfer Rethelstraße, der weltweit führende Nährstoff-Tradingplace für die Region Düsseldorf-Düsseltal, meldet den Fortbestand der wichtigen und engen Partnerschaft mit dem Journalisten Thomas Knüwer. Das per Geldübergabe abgeschlossene Abkommen beläuft sich über die Belieferung mit Actimel Vanille sowie wechselnden Käsesorten. „Wir freuen uns sehr, mit dieser Zusammenarbeit unsere Nummer-Eins-Position im Food-Markt der Rethelstraße zu untermauern“, heißt es bei Rewe.

Gaga, oder? Aber eigentlich könnte jeder Supermarkt, jeder Schuster und jede Reinigung täglich hunderte von solchen Mitteilungen verschicken. Macht die Software-Branche schließlich auch.

So richtig hab ich ja nie verstanden, warum Berufskommunikatoren ständig Meldungen raushauen, weil ihr Arbeitgeber sein Produkt verkauft hat. Gut, das nennen sie anders. Da heißt es dann „langfristige Kooperation“. Oder „strategische Partnerschaft“. Faktisch aber hat nur ein Unternehmen das gemacht, wozu es auf der Welt ist: Sein Produkt oder seine Dienstleistung verticken.

Gerade gestern ist mir eine zunächst mal besonders verschwurbelt formulierte Version ins Postfach gekommen:

„Kein Glücksspiel: LOTTO Niedersachsen
geht mit MySQL Cluster auf Nummer sicher

Hochverfügbarkeit für Lotto und Toto im Internet

München, 8. November 2006 ? MySQL AB, Hersteller der weltweit populärsten Open-Source-Datenbank, meldet, dass die Toto-Lotto Niedersachsen GmbH (LOTTO Niedersachsen) MySQL künftig für alle einschlägigen Aufgaben einsetzt. Grund sind die hervorragenden Erfahrungen mit dem MySQL Cluster für das Online-Geschäft des Glücksspielunternehmens.
Jörg Neue, EDV-Leiter bei LOTTO Niedersachsen bringt die wirtschaftlichen Vorteile auf den Punkt: ?Durch den Einsatz von MySQL Cluster können wir unsere Datenbanken sehr granular skalieren und somit flexibel auf das Wachstum des Unternehmens reagieren.? Skalierbarkeit und Hochverfügbarkeit kommen aber vor allem den registrierten Kunden und Tippgemeinschaften zugute, die ihre Tipps online abgeben. Besonders lobt Neue die professionellen Beratungs- und Support-Leistungen, die es ermöglichten ein performantes System in sehr kurzer Zeit zu erstellen.

?Wir bieten den Lottospielern eine Verfügbarkeit von 99,999 Prozent?, freut sich Mike Wiedemann, Country Sales Director Central Europe bei der MySQL GmbH. ?MySQL Cluster wird bei LOTTO Niedersachsen in der klassischen 3-Schichten-Architektur von Präsentations-, Applikations- und Persistenz-Schicht auf sechs Knoten in einer Linux-Umgebung betrieben.?“

Diese krude Mischung aus Fachenglisch und Blödsinn wäre an sich ja schon lustig. Wer aber die Lotto-Szene beobachtet, muss diese Pressemitteilung empfinden wie die Verkündigung „Ich hab mir gerade ein Ticket gekauft für die zweite Fahrt der Titanic“. Denn ein großer Teil der Lottogesellschaften hat gerade sein Online-Geschäft eingestampft.

Und so könnte es passieren – muss nicht, aber kann – dass der Hersteller der „weltweit populärsten Open-Source-Datenbank“ nicht lange Freude am Lotto-Kunden hat. Aber vielleicht feiert MySQL einfach die Feste wie sie fallen.


Kommentare


Torsten Kammer 8. November 2006 um 16:57

Im Prinzip stimme ich zu, nur im konkreten Fall nicht. So wie ich diese Mitteilung verstehe, hat Lotto MySQL schon lange im Online-Bereich eingesetzt und verwendet es jetzt noch zusätzlich für alles andere, wo dort eine Datenbank gebraucht wird. MySQL bleibt damit also trotz Schließung von Online-Angeboten dort im Geschäft.

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Alphager 8. November 2006 um 18:20

Das „weltweit populärste Datenbank“ müssen Sie nicht in Anführungszeichen setzen; das stimmt wirklich.

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Thomas Knüwer 8. November 2006 um 18:30

Meist genutzt heißt ja noch nicht „beliebteste“, was wieder „populär“ bedeutet.

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Thomas Knüwer 8. November 2006 um 19:04

Letzteres ist natürlich richtig. Ich wollte mit dem Artikel auch nur explizit darauf hinweisen, dass das Verschicken einer solchen Mitteilung genau am Tag, an dem der Online-Abschied mehrerer Lottogesellschaften bekannt wird extrem unglücklich ist.

Was den Unterschied zwischen beliebt und verkauft betrifft: Windows?

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nordlicht 8. November 2006 um 19:42

Also gut: „Mit Ausnahme von Monopolprodukten.“ Und MySQL ist kein Monopolprodukt. Und MySQL ist die weltweit populärste Open-Source-Datenbank.

Was das Timing der Mitteilung angeht, sicher, das war keine Meisterleistung.

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Ralf 8. November 2006 um 22:58

Der Unterschied zwischen Supermarkt und Softwarehersteller dürfte der sein, dass man als Kunde sehen kann welcher Typus und wie viele Leute im Supermarkt einkaufen gehen.
Bei Softwareherstellern ist es als Kunde schon schwer zu beurteilen ob die Angaben der Hersteller (Wir versorgen die halbe Welt mit unserer Software und die sind vollauf zufrieden) stimmen. Deswegen bedient man sich in dieser Branche ganz gerne so etwas was allgemein als „Referenzen“ oder „Referenzkunde“ bekannt ist.

Grade eine staatliche Lotteriegesellschaft ist als Referenz mitunter das beste was man sich wünschen kann. Selbst dann, wenn grade die meisten (!) Lotteriegesellschaften das Onlinespiel einstellen wollen.
Ich würde nicht sagen das der Zeitpunkt unglücklich gewählt ist. Sondern eher das der Text schlecht formuliert wurde.

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Cator 8. November 2006 um 23:59

Mal überlegt: Wenn das verbreiteste Produkt nicht das beliebteste ist, warum ist es dann noch am verbreitetsten?

a) Übergangszeit, je nach Lebensdauer des verbreitesten Produkts unterschiedlich Lang, bis die meisten umgestiegen sind
b) Verkomplizierung und Verhinderung des Umstiegs durch Proprietarität, Kündigung ignorieren oder verschleppen
c) Erpressung, Nötigung

Aber zum Thema… in der Meldung steht doch: MySQL wurde hauptsächlich nicht für das Online-Geschäft gekauft (da hat LOTTO ja die positiven Erfahrungen überhaupt erst her), sondern um Intern die EDV etwas aufzumöbeln. Das lässt sich natürlich nicht gut in Worte fassen, die so klingen, als ob das den Lottospielern irgendwas nützte. Die dürften eh von MySQL noch nie was gehört haben.

Von daher muss ihr letzter Satz klingen:
„Und so kann, aber wird es wohl nicht passieren, dass der Hersteller der „weltweit populärsten Open-Source-Datenbank“ nicht lange Freude am Lotto-Kunden hat.“ Guter Deal für MySQL, ich frag mich, wen LOTTO dafür rausgeschmissen hat.

Zum „populär“: Bei Datenbanken hängt die Wahl doch nur davon ab, was der Kunde braucht und nicht von Sympathien wie bei Musik. Daher würde ich hier schon sagen, das Popularität der Verbreitung entspricht.
Ich schätze allerdings HSQLDB ist am verbreitetsten, denn wie ich las, wird die bei InstallShield verwendet, also in jedem zweiten Installer.exe

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marcc 9. November 2006 um 12:07

@nordlicht: Beliebt mag MySQL vielleicht bei meinem Provider sein, der es mir und anderen Kunden mehr oder weniger aufs Auge drückt. Was mich aber nicht stört, Hauptsache ist doch, dass es funktioniert.

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nordlicht 9. November 2006 um 18:58

Ja klar. Es liegt auch in der Natur von Serverdatenbanksystemen, daß sie weniger bis gar nicht von Privatleuten auf dem Laptop betrieben werden.

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