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Eigentlich wollte ich mich hier jetzt in sommerlicher Hitzeaggressionswallung lustig machen über den Titel, den ein Neuzugang bei BBDO erhält. Dann hab ich die Pressemitteilung weitergelesen – und frage mich, ob die „Rheinische Post“ ein von Anfang an falsch laufendes Vorzeigeprojekt einstampft. Angestellte großer Werbe- oder PR-Agenturen neigen dazu, ein wenig durchzuticken, geht es um den Titel auf der Visitenkarte. Der jüngst gekürte Chief Blogging Officer geht ja gerade noch, da taucht das Arbeitsgebiet noch mit auf. Gern erinnere ich mich aber an die komplett verpeilten Titel wie Möglichmacher bei J. Walter Thompson.

Und nun reihen sich auch unsere Fast-Nachbarn von BBDO in die Liste völlig irrsinnigen Stellenbezeichnungen ein:

„Zu Beginn des nächsten Jahres steigt Andreas Berens (38) wieder bei BBDO Düsseldorf ein. Er wird dort als so genannter Chief TotalWork Officer das Management-Team unterstützen und direkt an CEO Dickjan Poppema berichten.“

Tja, was macht so ein Total-Arbeit-Offizier? Alles das, was andere nicht machen? Aufräumen, verärgerte Kunden beruhigen, Espressomaschine putzen? So richtig kann das auch BBDO nicht erklären:

„Zu seinen Aufgaben wird es gehören, 360°-Kommunikation sowohl für bestehende als auch für Neukunden zu konzipieren…“

Ich nehme mal, er wird auf einen Stuhl geschnallt und um seine Achse gedreht, während er mit dem Kunden reden soll – das gab’s ja auch schon mal anderenorts.

„…und für diese Kunden die erforderlichen Prozesse dahinter zu steuern.“

Ach so, er muss den Stuhl selbst drehen.

„Mit der Besetzung der neu geschaffenen Position macht die Agentur ein weiteres Mal deutlich, welche Bedeutung sie vernetzter Kommunikation für den Geschäftserfolg ihrer Kunden beimisst.“

Gar keinen?

OK, es geht noch kryptischer:

„,Am Anfang unseres Auftrags steht immer ein Insight…“

Wahrscheinlich der, dass man überhaupt keinen Plan hat, wie man die Klamotten des Kunden verticken könnte.

„Diesen dann an allen Kontaktpunkten auch effektiv und zielorientiert zu inszenieren,…“

Den Insight? Wäre das nicht ein Outside? Und wer hat den? Der, der die größte Menge von dem weißen Pulver in seine Nase kriegt? Womit ich natürlich – diese Bemerkung ist ironiefrei – BBDO irgendwie in den Ruch des Drogenkonsums bringen will.

„..ist die Aufgabe von crossmedialer Kommunikation ? oder TotalWork, wie wir bei BBDO sagen.“

Oder noch eine schwachsinnige Blasenvokabel um den Kunden derart zu verwirren, dass er nicht merkt, wie man ihm das Geld aus der Tasche zieht, wie wir in der Welt der normalen Menschen sagen.

„Bei diesem Prozess muss jemand den Hut aufhaben, der über den Tellerrand einer Disziplin hinausblicken und unsere Kunden so wirkungsvoll unterstützen kann. Genau das wird der Job von Andreas‘, kommentiert Dickjan Poppema, CEO von BBDO Düsseldorf.“

Ja, und dann hängt er den Hut an den Nagel, fängt den dicksten Wurm und mahlt zuerst, weil er zuerst kommt.

Es ist halt ein lustiges Leben bei BBDO. Nicht so lustig scheint es bei der „Rheinischen Post“ zuzugehen, genauer bei deren Ableger „Opinio“.

Für den sollten Leser im Internet Artikel schreiben, die dann in eine Zeitungsbeilage einflossen. Mir kam das schon immer merkwürdig vor, denn weder sind die Themen originell, noch sind sie gut geschrieben. Und etwas lesen, nur weil es ein anderer Leser geschrieben hat? Das reicht nicht. Opinio ist ein umgedrehtes Blog: Weblogs werden wegen des Autors gelesen, Opinio sollte gelesen werden, weil es einen Autor gibt. Wenn dann aber der Autor eines von mir kritisierten Artikels sich meldet und berichtet, der schleimigste Satz eines Reiseberichts stamme von der Redaktion – dann ist das Konzept tot wie ein Rheinfisch nach einem Chemieunfall bei Hoffmann La Roche.

Was das mit BBDO zu tun hat?

„Andreas Berens war in den letzten zwei Jahren bei der Rheinischen Post als Kommunikationsleiter für die Marketing-Maßnahmen rund um die Zeitung, neue crossmediale Produkte wie OPINIO und den regionalen Onlinemarktplatz Kalaydo verantwortlich. Gestärkt mit diesen Erfahrungen kehrt er zum Ursprung seiner beruflichen Karriere zurück.“

Vermute nur ich subtile Ironie hinter dem letzten Satz?

Schon seit einiger Zeit fragt sich mancher, ob Opinio sich bald völlig verabschiedet, die Redaktion scheint zumindest in Kommunikationspause gegangen zu sein. Und nun geht jemand, der im Management für die Plattform zuständig war? Nachtigall, ick hör dir sterben…


Kommentare


Danny Faak 20. Juli 2006 um 18:47

Herrlich geschrieben. 🙂

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Danny Faak 20. Juli 2006 um 19:49

Ich hab mir gestern ne Pressemitteilung vorgenommen und war noch harmlos … wollte nicht von Null auf Hundert direkt alles niederbrennen – aber ich denke mal ich werde in Zukunft auch wieder auf das bewehrte \“Ich reiß alles auseinander\“ zurückgreifen …

Gerade Werbetexte verleiten oft dazu …

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50hz 21. Juli 2006 um 7:33

Haaalt! Des Haltungsturners neuer Titel CBO ist doch nur ein inoffizieller. Der offizielle ist aber \“richtig innovativ.\“

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