Schreiben – das kann doch jeder. Recherchieren – auch. Reicht doch ein Anruf. So denkt mancher Verlagsmanager und wundert sich, warum die Produkte seines Hauses immer seltener gekauft werden. Verlage sind eine merkwürdige Unternehmenskonstruktion. Sie bedienen zwei unterschiedliche Märkte, die im Widerspruch zu einander stehen.
Da sind zum einen die Leser, die kritischen, unterhaltsamen, informativen, appetitlich aufgemachten Journalismus wollen, die Anzeigen aber bestenfalls als nötiges Übel hinnehmen.
Und da sind die Anzeigenkunden, die möglichst viele Leser haben möchten, aber bitte doch nicht zu viel Kritik, zu viel Negatives und über das eigene Haus doch bitteschön nur schöne Dinge.
Entsprechend sind Verlage aufgeteilt. Da gibt es den kaufmännischen Bereich, der Journalisten oft genug für schlecht angezogene Berufsherummäkeler ohne Kinderstube hält. Und die Redaktionen, die misstrauisch beäugen, was „der Verlag“ so treibt.
Seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten, finden diese Seiten kein Verständnis füreinander. Das war kein so großes Problem, so lange Zeitungen und Zeitschriften keine große Konkurrenz hatten. Nun aber ist der Kampf um Werbung härter geworden, der Kampf um Leser erst recht. Die Verlage stehen in der Schlacht mit zwei Truppenteilen, die einen Zangenangriff versuchen. Nur weiß die rechte Seite nicht, wie die linke vorgeht und umgekehrt. Sie sollen sich nicht vermischen – das wäre der Tod. Sie sollten sich aber verstehen und miteinander kommunizieren. Vor allem aber sollten sie voreinander Respekt haben
In diesem Sinne sei zitiert, was ich gerade bei Turi2 lese:
„In der Verlagsgruppe Bauer kursierte vor einiger Zeit ein Bonmot, das die Wertschätzung verdeutlichte, die das Zeitschriftenhaus Journalisten zuteil werden ließ. Wer Redakteure brauche, heiß es im Verlag, müsse nur ein Seil über die Hamburger Mönckebergstraße spannen. Passanten, die darüber stolperten, ließen sich problemlos in jeder Redaktion einsetzen.“
Kai-Hinrich Renner in „w&v“ vom 28. April 2006.
Kommentare
christian 28. April 2006 um 20:38
jaja, der journalist soll respektiert werden. ich finde den witz mit dem seil nicht respektloser als so manchen eintrag, der hier zu uns pr schaffenden veröffentlicht wird. im grunde sollte man in bezug auf jeden berufsstand zunächst verständnis für deren sachzwänge zeigen anstatt sie pauschal als idioten abzustempeln.
Gruß, christian
50hz 30. April 2006 um 20:45
Ich bin ja Gott Lob kein Journalist. Betroffen war ich dennoch, als ich auf der \“Zukunft Print\“ die geballte Verachtung der versammlten Verlagsmanager für ihre Leistungsträger miterleben musste.
Journalisten müssen endlich streiten 3. April 2014 um 13:55
[…] In diesem Wandel bekleiden Redaktionen derzeit fast immer die Rolle des stillen Beisitzers, des Übersichergehenlassers oder auch des Schlachtviehs. Gelegentlich gibt es mal eine Demo dann, wenn alles schon zu spät ist. Fast schon aktiv ist es da, Verleger aus der Vergangenheit zu “echten Verlegern” zu verklären. Entsprechend niedrig ist der Stellenwert von Journalisten in Verlagskonzernen. Schon 2006 berichtete “W&V”: […]
Journalisten müssen endlich streiten | Carta 4. April 2014 um 8:36
[…] niedrig ist der Stellenwert von Journalisten in Verlagskonzernen. Schon 2006 berichtete “W&V”: […]