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Es gibt Momente, da hat man einfach – verzeihen Sie mir die Wortwahl – die Schnauze voll. Voll von ignoranten Wirtschaftsteilnehmern und meinungsfreiheitbekämpfenden Advokaten. Zum Beispiel von solchen Leuten wie dem Werbematerialen-Discounter Flyerpilot. Abmahnungen über Abmahnungen. Scheinbar ist in ganz Wirtschaftsdeutschland die Abmahnung das noch einzig bekannte Kommunikationsmittel mit Kunden und Kritikern.

Gerade erst hat ein Weblog zum ersten Mal einen juristischen Sieg gegen einen Abmahner errungen, da taucht schon die nächste Firma auf, die nicht nur versucht eine Meinungsäußerung über ihre Leistung mit dem Rechtsanwalt unterbinden zu können – sondern die in Günther-Klum-Manier nicht mal ansatzweise begreift, was Weblogs sind.

Diesmal geht es um ein Unternehmen namens Flyerpilot, dessen eigener Slogan „tieffligend billig und düsenschnell“ einen Hinweis auf Managementmethode und Denkweise liefern könnte. Flyerpilot ist mittlerweile im Lebenszyklus eines Internetnutzers im Stadium des brabbelnden Kleinkinds angelangt. Sprich: Man ist schon in der Lage, den eigenen Namen zu googeln. Und, ups, was taucht da auf? Ein Weblog, in dem ein Kunde über seine Erfahrungen schreibt.

Zufrieden war er nicht, der Kunde. Trotzdem hat er das noch ansatzweise höflich formuliert:

„Ich habe absolutes Verständnis dafür, dass was schief gehen kann. Auch mehrmals, man kennt das ja. Wofür ich aber absolut kein Verständnis habe ist, wenn man auf Nachfragen nicht einmal reagiert und man als (verärgerter) Kunde keine Information darüber bekommt was da vor sich geht. Geht die Firma den Bach runter oder was? Naja, Frust von der Seele geschrieben und Google freut sich ? neues Futter für Leute, die sich vorher über Firmen und deren Verhalten erkundigen.“

Die düsenschnellen Googler von Flyerpilot haben also festgestellt, dass der Beitrag an Platz zwei kommt. Nicht schön. Was macht man dagegen? Anmailen, um Entschuldigung bitten, auf dass der Blogger vielleicht diese akzeptiert und das auch in seinen Artikel reinschreibt, was dem Image der Firma zuträglich wäre? Nein, dafür reicht die geistige Gehirnkapazität deutscher Mittelständler nicht aus. Es wird abgemahnt.

Und das auch noch mit krudesten Forderungen:

„Die Anmeldung und Bewerbung Ihrer privaten Homepage unter dem Suchbegriff ?f.? bei Suchmaschinen ist rechtswidrig. Wir fordern die Beseitigung der Einträge unter dem Suchbegriff ?f.?…

Gleichzeitig informieren wir Sie darüber, dass wir uns auch an Google Deutschland wenden, um die Gründe für das Ranking ihrer privaten Seite auf Platz 2 der Trefferliste zu erfahren.

Ihre Seite verfolgt hier nicht den Zweck, neutral über Erfahrungen zu diskutieren, sondern ausschließlich das Ziel, Negativberichte über f. zu veröffentlichen und andere Konkurrenzunternehmen zu empfehlen.

Potentielle positive Beiträge würden so weit unten verschwinden, dass die meisten Lesern sie gar nicht mehr zu Gesicht bekämen.“

Ich bin kein Freund körperlicher Gewalt, doch bei solch einem Schreiben, möchte ich den Autor nehmen, ihn schütteln, ihm seine Flyer um die Ohren hauen, ihn dann in ein technisch gut ausgestattetes Gymnasium zerren, wo ihm ein pickeliger Teenager die Grundlagen einbläuen darf über das Medium, über das er seine eigenen Produkte verkaufen will. Zum Beispiel, wie das so funktioniert mit Google.
Früher, im Mittelalter, da gab es Zünfte. Da durfte nicht jeder einfach Händler oder Schmied werden. Er musste zumindest das Handwerk erlernt haben. Heute ist das nicht mehr nötig

(Gefunden bei Wirres.net)

Nachtrag: Es tut sich interessantes. Der Firma scheint es mehr um die Kommentare zu gehen, denn um den Beitrag. Nur: Warum haben sie das denn nicht in ihrem Anschreiben erwähnt? Sauber an der Sache vorbeiformuliert, würde ich meinen. Somit bleibt eigentlich nur eines: Die Anwälte feuern und durch Berufskollegen ersetzen, die schon mal was vom Internet gehört haben und ansatzweise Kompetenz mitbringen.

Nachtrag vom 31.3: Möglicherweise gibt es ja einen Grund, warum das Anschreiben die Löschung von Kommentaren nicht enthielt. Die Kommunikation jenes Unternehmens erscheint nach dem jüngsten Beitrag im Hessendscher, nun, sagen wir mal, flatterhaft.

Nachtrag vom 5.6.2007: Da dieser Beitrag ein Anlaufpunkt von sexuell frustrierten Teenagern und Werbespammern geworden ist, werden die Kommentare abgeschaltet. Möchten Sie etwas zur Diskussion beitragen, bitte ich um eine direkte Mail.