Früher, in der Schule, haben wir Lernversuche mit Ratten, Mäusen und Goldfischen gemacht. Seit gestern frage ich mich, ob wir Menschen im Büro so viel intelligenter sind als die Tierchen. Oder besser: Ob ich so viel intelligenter bin. Seit gestern gibt es in der Verlagsgruppe Handelsblatt neue Mitarbeiterkarten. Die gewähren Einlass, wenn der Pförtner gerade nicht da und sorgen für die Zeiterfassung der Mitarbeiter, deren Arbeitszeit erfasst wird. Vor allem aber dienen sie zur Abrechnung in der Kantine und bei den Kaffeeautomaten.
Solche Karten gab es auch bisher schon, allerdings mit Magnetstreifen. Die neuen müssen nur gegen ein Lesegerät gehalten werden, nicht mal aus der Geldbörse muss man sie rausfriemeln.
Solche kleinen Änderungen sind es aber, die einem vor Augen führen, wie sehr der Mensch ein Gewohnheitstier, ja sogar eine Büroratte ist.
Der Kauf eines Kaffees an der Maschinen verlief bisher so: Karte rausnehmen und in einen Schlitz einführen; Karte wird summend eingelesen; Kaffeeart wählen; Kaffee wird abgefüllt; Karte wird mit brummendem Geräusch wieder freigegeben.
Nun aber ist alles ein klein wenig anders. Die Karte muss eine Sekunde (und die kann lang sein) vor dem Leser fixiert werden, bis angezeigt wird, dass ein Kontakt besteht. Dann nicht wackeln und gleichzeitig mit der linken Hand den Kaffee wählen. Anschließend kann die Karte wieder weg.
Seit zwei Tagen nun stehe ich aber auch nach Abfüllen des Getränks wartend vor der Maschine und denke: Hier ist was kaputt, es muss brummen, meine Karte muss wieder rauskommen. Immer wieder passiert das. Eine bittere Erfahrung.
Kommentare
Hannes 21. März 2006 um 19:49
Ist der Leser wenigstens stark genug, daß man sich das Herausnehmen der Karte aus dem Geldbeutel spart? Im Idealfall sollte es genügen, diesen einfach komplett vor den Leser zu halten.
riemenschnitter 22. März 2006 um 12:43
Büroratte 1 an Büroratte 2: Es reicht, die Karte kurz davor zu halten. System merkt sich Guthaben. Dann Kaffee ziehen. Vorteil: Kein Balancieren notwendig. Nachteil: Nicht verquatschen beim Kaffeeziehen, sonst stellt der Kollege nach dem Davorhalten seine Tasse drunter und zieht.
Ähnliche wunderschöne Lernprozesse sind bisweilen unter Touristen in Nahverkehrssystemen asiatischer Großstädte zu beobachten.
Tag 1: Gang mit Prepaid-Karte zum Eingang Metro. Tasche auf. Geldbörse auf. Karte raus. Karte davor gehalten. Sperre geht auf. Durchgehen. Karte in Geldbörse. Geldbörse in Tasche. Tasche zu. Weitergehen.
Tag 2: Gang zum Eingang. Tasche auf. Geldbörse raus. Geldbörse davorhalten. Sperre auf. Durchgehen. Geldbörse in Tasche. Tasche zu. Weitergehen.
Tag 3: Gang zum Eingang. Tasche davorgehalten. Sperre auf. Durchgehen. Weitergehen.
Tag 4: Gang zum Eingang. Körperverrenkung, so dass Geldbörse irgendwie vor Kontaktfeld kommt. Sperre auf. Durchgehen.