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Wie wohnt eigentlich so ein Olympia-Berichterstatter? Grischa Brower-Rabinowitsch lädt ein zum Besuch in der Ringe-Reporter-Unterkunft. Ich komme wohl nicht darum herum. Jetzt muss ich doch glatt die Italiener das erste Mal loben. Es schneit seit gestern Nacht dicke Flocken in und um Sestriere herum.

Die Kugeln vor dem Deutschen Haus, schneebedeckt:

Doch das befürchtete Schneechaos bleibt aus!

Wir konnten es heute morgen kaum glauben. Und ehrlich gesagt, ich bin immer noch ganz baff. Was ist hier los? Wie kann das passieren? Der Räumdienst funktioniert einwandfrei, die Straßen sind frei und Stau gibt es auch nicht.

Ich vermute mal, die Männer vom Räumdienst sind nicht nur alle vom Fach, sondern sie kommen hier aus der Gegend und machen den Job in Sestriere schon seit Jahren. Anders ist das nicht zu erklären. Wenn das Organisationskomitee Toroc in Turin über sie befehlen würde, wäre es garantiert schief gegangen ? Räumfahrzeuge aus Afrika und Fahrer aus Sizilien hätte es gegeben, davon aber 20 auf 100 Metern.

So ungefähr ist das nämlich mit den Bussen. Die kommen aus dem ganzen Land. Dementsprechend kennen sich die Fahrer nicht wirklich aus. Und die kleinen Haltestellenschilder erkennen sie auch nicht immer, also fahren sie einfach weiter.

So ist es mir auch heute morgen ergangen ? drei Busse fahren an der Haltestelle vorbei, obwohl sie nicht voll sind. Eigentlich will ich wieder um 10 Uhr beim Langlauf in Pratelago sein. Aber als ich zur Startzeit immer noch wie bestellt und nicht abgeholt an der Haltestelle stehe, drehe ich nach 30 Minuten Wartezeit frustriert wieder ab und stapfe zurück zum Deutschen Haus.

Da ist sie wieder, meine Liebe zu den italienischen Organisationsweltmeistern. Komme ich heute nicht, komme ich morgen. Sehr spaßig ist das ? vor allem wenn man keine Handschuhe mehr hat.

Heute bin ich auch ein bisschen traurig. Denn unser Kellerkind verlässt uns. Wolfgang ?Wolle? Lober aus Hannover.
Er ist seit dem ersten Tag als mein Kollege Ralf Drescher und ich am Bahnhof von Oulx abgeholt worden sind, unser ständiger Begleiter. Obwohl er es nicht muss, fährt er morgens um 8.45 Uhr mit uns los und wartet bis spät in die Nacht, um zusammen mit uns zurück in unsere Wohnung zu kommen. Dort sitzen wir jeden Abend noch eine halbe Stunde beim Bier zusammen.


Während des Tages besucht er uns immer wieder in unserem Büro und muntert uns auf. Wolfgang ist Techniker von Ricoh und muss sich hier um die ganzen Kopierer kümmern. Das ist ein feiner Job, denn er hat viel Zeit für andere Dinge ? etwa zu Harry und Waldi in die Show oder zum Biathlon zu gehen.

Allein sind wir in unserer Wohnung allerdings auch künftig nicht. Denn in den anderen drei Zimmern schlafen beinahe jede Nacht andere Menschen, die wir nicht kennen. Die Messe Düsseldorf quartiert in den Zimmern ihre Gäste ein. Die kommen dann für eine oder zwei Nächte, blockieren die Bäder und verschwinden mit irgendeinem VIP-Shuttle zu irgendeinem Wettbewerb.

Nicht immer wissen sie die Leistungen dort zu schätzen. Gestern haben mir die Fahrer sogar erzählt, dass eines unser One-Night-Stay-Paare sich nach einer halben Stunde beim Biathlon wieder abholen ließ. ?Das ist zu langweilig und wir haben den Schießstand gar nicht richtig gesehen?, haben sie gejammert. Ignoranten! Kein Wunder, dass die Tribünen halb leer sind.

Zurück zu Wolfgang, unserem Kellerkind, bevor ich mich in Rage schreibe. Der 50einhalb-jährige Hannover-96-Fan hatte nämlich das beste Zimmer in unserer Wohnung. Quasi eine eigene Wohnung:

Schauen wir uns also an, wie man als Olympia-Abkommandierter so wohnt:

Hier die Küche:

Nur die Decke ist nicht besonders hoch (Wolle ist 1,80m, Ralf 1,97m groß):

Hinter dieser Tür verbirgt sich die Toilette, in der auch ein Pygmäe nicht stehen könnte:

Hier das opulente Wohnzimmer der Familie, die ihre Wohnung für uns geräumt hat:


Der Flur:

Und unser Bad in dezentem Baumarkt-Gold:

Und damit: Guten Heimweg, Wolle!

Autor: Grischa Brower-Rabinowitsch.

Alle Ausgaben des Ringe-Reporters gibt es hier.


Kommentare


Christian Merz 17. Februar 2006 um 10:42

Und was passiert, wenn nun ein Ricoh-Kopierer kaputt geht? Sind Kopierer eigentlich nicht eh total Eighties?

Antworten

Grischa Brower-Rabinowitsch 17. Februar 2006 um 10:59

Wolle ist abgelöst worden. Gestern Abend ist Ricoh-Ralf gekommen. Der ist nun unser neues Kellerkind.
Kopierer sind doch eine tolle Erfindung. In den 2000ern können die sogar drucken, faxen und kopieren. Und schöne bunte Bilder ausdrucken… 😉

Antworten

Calla 17. Februar 2006 um 14:19

…..ich liebe dieses Weblog…einfach GROSSARTIG…momentan mein tägliches Highlight des etwas trockenen Büroalltags…DANKE!!!

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