Skip to main content

Ein neues Internet-Angebot könnte die Überwachung von Menschen zum Kinderspiel machen: Riya. Nehmen wir mal an, Sie wären eine Frau. OK, vielleicht sind Sie auch eine Frau, dann müssen Sie nichts annehmen. Der Rest versucht jetzt kurzzeitig die weibliche Seite in sich zu entdecken.

Sie als Frau also sind aus. Abends. Tanzen und trinken. Und werden angelabert von einem Abkömmling des männlichen Geschlechts, dessen nähere Bekanntschaft Sie sich definitiv ersparen möchten. Das zeigen Sie ihm zwar auch deutlich – aber Männer sind ja manchmal erschreckend schwerfällig in ihrem Denken.

Irgendwann also verlassen Sie die Lokalität. Zwei Tage später bekommen Sie eine E-Mail von jenem Herrn – obwohl Sie tunlichst vermieden haben, Ihre persönlichen Informationen zu übergeben.

Wie das möglich ist? Dank Riya.

Gestern morgen nämlich ist mir beim Lesen der „Wirtschaftswoche“ fast das Müsli aus der Hand gefallen. Silicon-Valley-Korrespondent Matthias Hohensee plaudert in seinem wöchentlichen „Valley Talk“ (leider noch nicht online) über jenes Unternehmen Riya.

Dieses dürfte wieder einmal eingeordnet werden unter jenem leidigen Oberbegriff Web 2.0, unter dem nicht nur Kapital eingesammelt werden soll, sondern die Vernachlässigung des Datenschutzes als Errungenschaft propagiert wird.

Und bei letzterem dürfte Riya eine neue Ebene bedeuten. Riya analysiert Fotos und stellt Ähnlichkeiten zwischen ihnen fest. Indem die Fotos sämtlicher Nutzer und deren von den Fotografen selbst vorgenommenen Kategorisierungen genutzt werden.

Das kann theoretisch erstmal nützlich sein: Wo war nochmal dieser Tempel? Ach ja, Thailand. Doch Riya behauptet, auch Gesichter erkennen zu können. Wie heißt die Blonde mit dem hübschen Lächeln? Anscheinend Tanja-Anja. Sagt zumindest das Foto, das ein Kumpel von ihr bei Riya verwaltet. Und offensichtlich ist sie häufiger in den angesagten Szene-Lokalitäten unterwegs. Im letzten Urlaub war sie mit Freundinnen auf Sylt, sagen deren Fotos. Und betrunken ist sie echt süß, zeigt das Bild aus der Bar, die erst ab 3 Uhr am Morgen besuchenswert ist. Der Name führt zum Arbeitgeber, die E-Mail-Adresse ist da schnell gefunden – und der Stalker macht sich an sein Handwerk.


Kommentare


Don Alphonso 27. Februar 2006 um 15:10

Wenn Flickr die Hölle ist, dann ist gerade ein 8 Höllenkreis dazugekommen.

Antworten

platzhalter 27. Februar 2006 um 15:49

Irgendwie war das nur eine Frage der Zeit (nicht eine der Zeitung). So viele Fotos, der leichte Hang der online-Bevölkerung zu Selbstdarstellung… alles nur lose Fäden. Hoffentlich kommt da kein Businessmodell zu Stande, wo man sich da erst rauskaufen muss, bevor man weiter halbwegs unidentifizierbar bleibt.

Antworten

che2001 27. Februar 2006 um 16:59

Boah! Schleppnetzfahndung made by Marketeers, das ist ja schon fast private Stasi. Das schreit ja schon nach der Erstellung einiger Jammer-Emitter, die kräftig Nonsens-Infos streuen…

Antworten

srksms 27. Februar 2006 um 18:06

Ich glaub da wechsel ich doch schnell nochmal zum Islam und lass mir nen Bart wachsen. Bilder von Osama gibts ja auch genügend, nur finden tut ihn trotzdem keiner. Sehen ja auch alle irgendwie verdammt ähnlich aus in der Gegend…

Antworten

jeremy 27. Februar 2006 um 19:24

Riya is very slick. It’s a great demo. The founder and CEO ended with the search engine finding a photo of his son on the wall of his office in the background of a picture of him. The engine found something we could barely see. Very nicely done. This guy is a demo god in the making if he isn’t already one.

What I want to know is if Riya can scale to the web at large. Can it work on Flickr? Can it work on all the photo sites combined? If it could, that would be an amazing thing. My daughter Jessica once said to me, „Dad, if you want to make a lot of money, invest in a company that can find pictures of people“. Riya does that, right now in a limited way, but possibly over time in a much bigger way. I am going to give it a spin for sure.

Antworten

Matthias 27. Februar 2006 um 20:14

Thomas, Du liest erst am Sonntag die Wiwo 😉 Privatsphäre? Die haben wir doch schon lange nicht mehr. Heute heißt das hübsch „Personal media.“ Die Stalker müssen doch gar nicht mehr ausgehen. Die tummeln sich doch alle schon auf Myspace.com & Co. Okay, heute vielleicht im Karneval… Riya ist erst der Anfang. Google, Yahoo, Microsoft, Adobe, Myspace and Tagworld arbeiten ebenfalls dran. Aber der Bedarf ist da. Auf der Demo war der Stand umlagert. Da fällt einem dann ein, dass man so etwas bei Fraunhofer schon vor Jahren gesehen hat.
Angeblich war Google am Kauf von Riya interessiert, kam dann aber zur Erkenntnis, das auch selber auf die Reihe kriegen zu können. Riya ist vorzuwerfen, dass sie eine an sich gute Idee im Windschatten von social networking ausschließlich als Internet-Service aufsetzen, statt für die weniger exhibitionistischen Zeitgenossen einen Software-Download anzubieten. Für iphoto auf meinem Mac würde ich es sofort nutzen.

Antworten

tknuewer 28. Februar 2006 um 7:58

Puh, man kann ja nicht alles lesen! 😉 Und der Kollege Hohensee schreibt stilistisch einfach besser – da lohnt sich das Warten 😉

Antworten

balou 28. Februar 2006 um 10:02

Da bin ich aber froh, dass ich so ein verstockter alter Knochen bin. Mag keine Fotos von mir, zahle durchweg bar, hab keine Bahncard und fotografiere (fast) nur Kühe …

Antworten

marcel 28. Februar 2006 um 15:14

„Web 2.0, unter dem nicht nur Kapital eingesammelt werden soll, sondern die Vernachlässigung des Datenschutzes als Errungenschaft propagiert wird. „

Sehe ich nicht so. Jeder entscheidet bei den meisten web2.0 services doch selbst, wieviel er von sich selbst preisgeben möchte. Mir fällt auf Anhieb keins ein, bei dem das nicht so wäre.

Verbindungen verschiedener Services (myspace und flickr über riya) sind natürlich etwas grenzähgängerig und könnten mal schnell mehr offenbaren als ursprünglich gewollt.

Antworten

Hasenfussvertreter 28. Februar 2006 um 17:38

Bei der nachhaltigen Zunahme von Digitalkameras jeglicher Kulör kann irgendwann niemand mehr verhindern, dass sein Konterfei ins Übernetz gelangt. Müssen sich die weniger exhibitionistischen Zeitgenossen damit abfinden, Gläsern wider Willen zu werden?

Antworten

Matthias 1. März 2006 um 5:32

Ich fürchte Ja. Mit Sicherheit wird es aber künftig Dienste geben, die persönliche Daten verdecken und verfälschen so wie heute bereits anonym im Web gesurft werden kann. Das wird allerdings kosten. Privatsphäre wird also wertvoll.

Antworten

RiFID.de 2. März 2006 um 3:24

Dotcom-Boom, zweite Auflage: Web 2.0 = Cheap Technology + Social Web + Ubiquity. Kritiker verweisen nun auf mögliche Spätfolgen der freiwilligen Transparenz

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*