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Zum zweiten Mal verabschieden sich Marc, Oliver und Alexander Samwer aus einem Unternehmen, das sie gründeten. Eigentlich müsste man das Haupt vor ihnen neigen, weil sie so vieles richtig machen. Nur gibt es immer wieder Erlebnisse mit ihnen, die einen gewissen schalen Geschmack im Mund hinterlassen. Wer einen der drei Samwer-Brüder ohne Vorwissen erlebt, der ist in der Regel begeistert. Wie von einem Du-bist-Deutschland-Kampagnero entworfen kommen sie dahern: jung, bestens ausgebildet, eloquent, fröhlich. Ja, so müssen sie sein, die Bürger, damit Deutschland wieder nach vorne kommt.

Alexander war der erste der drei, dem ich begegnet bin. Ich moderierte eine Diskussion in Münster, er war gerade frisch gefeierter Alanda-an-Ebay-Verkäufer. Im T-Shirt gewandet hielt er einen mitreißenden Vortrag, als er wegmusste, rief er den zuhörenden Studenten zu: „Wenn Ihr ein Praktikum braucht: alexander@alando.de“.

Bald darauf war diese Mailadresse nicht mehr zu gebrauchen, die Samwers waren weitergezogen. Nach einer gewissen Pause tauchten sie mit Jamba wieder auf. Das Gründungsschema war das gleiche wie bei Alando: keine neue Idee, aber der richtige Riecher für die Zeit.

Und auch diesmal wieder das gleiche Spiel: Ein Investor steigt ein, die Samwers bleiben noch einige Zeit an Bord und werden dann zu „Beratern“, kündigen aber schon mal an, bald wieder etwas neues gründen zu wollen.

Eigentlich müsste man sie feiern. Sie haben sich bereits zweimal mit guter Nase an Trends angedockt, haben zweimal Geschäftsmodelle kopiert und dann profitabel verkauft.

Doch immer wieder trifft man eben auf diese Merkwürdigkeiten. Die Abschottung gegenüber der Realität, diesen Hang zur Informationsverdrehung.

Zum Beispiel Ende 2003, als wir uns in einer Serie anschauten, was aus den deutschen New-Economy-Helden geworden ist. Verabredet war ich mit Marc und Oliver Samwer, gekommen ist nur Marc. Und Alexander? Der mache gerade eine Auszeit und sei an einer US-Uni. Aber natürlich sei er weiter Mitglied der Geschäftsführung. Nur: Dort ist er wohl nie mehr aufgetaucht.

Es war ansonsten ein nettes Gespräch, Jamba lief gut, alles war rosig. Zurück in Düsseldorf schrieb ich, schaute mir nochmal die Jamba-Seite an und klickte aus purem Zufall auf das Impressum. Dort fand ich einen amerikanisch klingenden Namen unter den Aufsichtsräten. Einen Namen, den ich noch nie zuvor gehört hatte. Google ergab: Der Herr arbeitete für Summit Partners, ein Private-Equity-Unternehmen. Nanu? Marc Samwer hatte mir doch noch gesagt: „Bei Alando haben wir mit Venture-Kapitalisten gearbeitet. Bei Jamba hielten wir es für klüger, an strategische Investoren heranzugehen.“ Media-Saturn, Debitel und Electronic-Partner waren damals beteiligt.

Die Presseabteilung erklärte: Der Herr aus Übersee solle mit seinen Kontakten im Auslandsgeschäft helfen. Interessant nur, dass die Google-Suche „Summit Partners Jamba“ ergab, dass eben jene Summit Partners schon im September auf einer Konferenz eine Beteiligung an Jamba als Deal verkündet hatten.

Diesem Informationsdruck mussten sich dann auch die Samwers beugen: Ja, Summit Partners habe sich beteiligt. Ein halbes Jahr später dann verkauften die Brüder ihr Unternehmen ganz an Verisign.

Und nun steigen sie aus. Pünktlich in dem Moment, da die Klingeltoneuphorie ihrem Ende entgegen geht. Es war eine lukrative Zeit: Das Verisign-Geschäft hat ihnen zwischen 68 und 135 Millionen Dollar gebracht, 65 Prozent davon allerdings in Verisign-Aktien. Es wird reichen als Startkapital für ein neues Projekt. Denn dass dies der letzte Auftritt der Samwers war, das glaubt wohl niemand.


Kommentare


marcc 20. Dezember 2005 um 19:21

Ich habe nicht so ganz den Überblick: eBay gab es in den USA und daher konnte man darauf hoffen, dass die dann wenn sie nach Dtl. kommen entsprechende Anbieter übernehmen. War das bei Klingeltönen ähnlich? Und wenn ja, was läuft gerade im Ausland super und bei uns noch nicht? Dann wäre das abzukupfern ja die nächste „Geschäftsidee“. 😉

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marcel 21. Dezember 2005 um 12:20

Hmmm, nimmt man die Tatsache noch dazu, dass das Jambageschäftsmodell abgrundtief boshaft war und ist (Stichwort Abo), dann ergeben Dinge wie fragwürdige Informationspolitik oder auch das sehr schlechte Behandeln der eigenen Mitarbeiter (gabs mal einen Artikel im Netz) doch nur ein in sich schlüssiges Bild. Überraschen sollte das niemanden.
Die sind des Teufels.

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