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Microsoft bringt eine Einweg-DVD auf den Markt. Hieß es seit vergangenem Sonntag, als eine britische Zeitung darüber berichtet. In Wirklichkeit aber ist die Meldung der Beweis für eine neue Rubrik der Digitale-Menschen-Belustigung: Internet-Mythen. Irgendwann in den 90ern kamen die Urban Myths auf. Städtische Legendengeschichten, zum Beispiel die von der Spinne in der Yucca-Palme. Später dann gab es die Erzählung von dem arabisch anmutenden Herren, der den ehrlichen Finder seiner verlorenen Tasche reichlich entlohnte und ihn warnte, die Stadt zu verlassen, weil gar schröckliches sich ereignen würde.

Diese Geschichten spielten mit der Angst urbaner Humanoiden, denen die Masse um sie herum Unwohlsein bereitet. Zu viel Fremdes umgibt sie und zu viele Fremde, man weiß nicht, warum der eigentlich nett aussehende Mensch einen Platz weiter in der U-Bahn seltsam vor sich hin brabbelt, hat Angst vor der nächsten Straßenecke, an der die Laterne ausgefallen ist, zuckt zusammen, weil nachts das Parkett in der Wohnung so merkwürdig knackt.

Heute nun gibt es eine neue Variante: Internet-Mythen. Oder um im Jargon zu bleiben: Net Myths. Zum Beispiel den armen, kranken Jungen, der möglichst viele E-Mails bekommen möchte, bevor es ihn dahinrafft. Oder die Behauptung, Ericsson würde Gratis-Handys verteilen, an jeden, der eine Mail schickt. Oder dass man diesen oder jenen Dateityp nicht herunterladen solle, weil ein Virus den PC explodieren lässt.

Ähnlich wie die urbanen Mythen spielen auch diese Geschichte mit der Angst vor dem Unbekannten, dass einen umgibt und von dem man sich nur lösen könnte, löste man sich von der Gesellschaft. Ist das Internet wirklich sicher? Welche Daten von mir schwirren herum? Was kann ich kaputt machen? Kann jemand mich kaputt machen?

Seit dieser Woche gibt es einen neuen Internet-Mythos: Microsofts Einweg-DVD. Offensichtlich war es die britische Sonntags-Wirtschafts-Zeitung „The Business“, die als erste die Behauptung aufgriff. Nun ist „The Business“ immer ein Glücksspiel: Mal haben sie richtige Hammermeldungen, mal gequirlten Quark – dazwischen gibts übrigens selten was.

Diese Meldung nun, das Microsoft Film-DVDs anbieten würden, die man nur einmal schauen könne (sicher der Traum aller Filmproduzenten), ist kompletter Unsinn. Und „The Business“ nannte auch nur eine Quelle, nämlich eine Person aus dem „Senior Management“, was alles und gar nichts heißen kann.

Trotzdem zog die Nachricht ihre Kreise, was Ed Bott in seinem Weblog nachzeichnet. Mancher übernimmt gar die Story ohne Quellenangabe. Es ist verzeihbar, wenn Hobby-Blogger nicht bei Microsoft nachfragen, doch bei einem journalistischen Online-Angebot wie Heise hätte ich zumindest eine Standard-Anfrage an die Presseabteilung erwartet.

Nun also ist klar: Die Sache ist Unsinn. Es bleibt aber die belustigende Erkenntnis, dass dies anscheinend selbst bei Microsoft nicht sofort klar war, wie Ed Bott schreibt:

„In fact, the original story sparked a flurry of e-mails around Microsoft as people in different groups tried to figure out where on earth this story came from. After the head-scratching stopped, a spokesmen told me, they concluded that the story was not true.“


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