Warum nur gehen alle so pfleglich mit Bettina Rust und ihrem Sat-1-"Talk der Woche" um? Weil die Sehnsucht nach einer Alternative zu Sabine Christiansen das Denken ausschaltet.
Eigentlich müsste die Sache klar sein: Runtermachen ist angesagt in Sachen "Talk der Woche". Der Sat-1-Versuch, eine Konkurrenz zu Sabine Christiansen zu etablieren, war von der ersten Sendung an ein grauenhafter Fehlschlag.
Das liegt weniger an Bettina Rust. Die kann schnodderig bis pampig sein, einst moderierte sie von 1993 bis 1994 bei Premiere eine Anruf-Show namens "0137", die für ihre Zeit absolut richtungsweisend war. Aber da musste sie auch keine ernsthaften Diskussionen führen. Oder Menschen gegenüber sitzen. Außerdem konnte sie zur Beruhigung vor laufender Kamera ständig eine quarzen.
Jetzt schon. Und im Hinterkopf hat sie immer das Sender-Mantra: Sei anders als Christiansen, sei anders als Christiansen, sei anders als Christiansen. Deshalb versucht Rust so anders zu sein als Christiansen, dass es weh tut. Sehr weh.
Dazu das Konzept: Zwei unterschiedliche Gäste sollen das Wochengeschehen durchhecheln. Wären die Gäste gut und kompetent, würde der Zuschauer vielleicht einschalten. Harald Schmidt und Giovanni di Lorenzo in der ersten Sendung – Respekt. Aber nicht mal die konnten wirklich interessantes erzählen. Noch dazu drei bis vier Themen in einer Sendung – da bleibt so viel Zeit für tiefe Diskussionen wie für die persönliche Ansprache einer Schraube auf dem VW-Fließband.
Doch nun kommt das erstaunliche: Die Medienkritiker fallen nicht über Rust her, mangeln sie nicht nieder. Stattdessen sanfte Worte, gestern erst wieder. Da schreibt der "Tagesspiegel":
Die "taz" setzt zwar die Giftspritze an:
"Sie ist unbeholfen bis überfordert."
Doch dann fliegen wieder Wattebällchen:
"Nun hat Schawinski mit Bettina Rust wieder auf eine gute Frau gesetzt, deren Qualitäten im Unterhaltungsbereich liegen – und ihr das falsche Format gegeben."
Ja, die Bettina ist schon eine nette und liebenswerte anscheinend. Viel wahrscheinlicher aber ist, dass die Medienredaktionen sie für die einzige Möglichkeit halten, Sabine Christiansen vom Sender zu bekommen. Die nämlich mag niemand mehr. "Talkshow mit Hans Eichel und Gästen" sei ihre Sendung, giftete mal die "Zeit". Die Satire-Partei Die Partei lästerte in ihrem jüngsten Wahlspot sogar, Bundespräsident Horst Köhler habe den Bundestag "in Absprache mit Sabine Christiansen" aufgelöst.
Nein, Christiansen mag niemand mehr. Aber warum jetzt? Eine gute Moderatorin war sie noch nie. Vielleicht jedoch ist sie den Medienjournalisten der Republik zu erfolgreich. Oder zu mächtig. Und wer sich in Deutschland den Neid der Schreiber zuzieht, dessen Zeit kann schnell um sein.
Kommentare
hanno 31. August 2005 um 16:44
die liste schlecht vorbereiteter, voreingenommener und neunmalkluger (schlechter, fehlbesetzter…) moderatoren lässt sich ohne weiteres fortsetzen. beispiel von gestern abend: ard, 20:15 uhr, farbe bekennen. gabi bauer und hartmann von der tann interviewen den kanzler. musst nach fünf minuten wegschalten, weil ich reale schmerzen aufgrund des gesehenen und vor allem gehörten verspürt hatte.
Ivo 31. August 2005 um 16:56
Vielleicht, weil die Sendung gut ist?
Andi 31. August 2005 um 18:45
Farbe bekennen ist für mich eine der wenigen Polit-Talk Sendungen, die noch erträglich sind: kritische Nachfragen bei schwammigen Antworten und immer sachlich fundiert.
gruß andi
Ps: Im Spot der PARTEI, löste Präsident Herbert Köhler den BuTag auf 😉
marcc 1. September 2005 um 13:31
?Sabine Christiansen? hat zu oft Weltuntergangspropheten und getarnte INSM-Vertreter wie Arnulf Baring dabei gehabt.
Dann führt sie immer noch schlecht durch die Sendung und schankt zwischen „lassen sie uns mal konkret werden“ und „das ist jetzt zu detailliert“ wie ein Rohr im Wind.
Und inzwischen merkt man halt, dass das nur nach Tiraden nach dem Tatort strebt, aber nicht nach Lösungen oder Ideen.
eva 14. September 2005 um 15:35
Kl. Tipp: Die Lufhansa sucht doch noch dringend STewardessen…
und Maybritt Illner würde ich zurück ins Schaufenster schicken..
Mein Vorschlag: Howie Carpendale als neues Christiansen-Double
engagieren, die Stammzuschauer würden es bestimmt nicht merken, wäre genauso kompetent aber wesentlich amüsanter
und anstatt des Pseudo harten: ich-bin-knallhart-dank-Botox- Gesicht von Christiansen gäb es zwischendurch immer mal wieder lustige Showeinlagen von dem Traum aller Frauen ab 60.
Dann würde ich auch endlich GEZ-Gebühr. bezahlen
diethylpropion 2. Juni 2006 um 10:12
diethylpropion