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Manchmal reichen schon kleine Dinge, um die Stimmung zu verderben. Ein unzufriedener Kunde, zum Beispiel, oder eine neue Kollegen. Das ist in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt auch nicht anders.

„Wie sehen SIE denn aus?“, kreischt Junior Consultant Tanja-Anja durch das Großraumbüro der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt.

Die Köpfe der Mitarbeiter schießen Richtung Eingang, der Chef steht im Türrahmen, die Krawatte pendelt weit geöffnet über seinem bauchgewölbten, weißen Hemd, der Brioni-Nadelstreifenanzug ist ungewohnt zerknittert.

Doch was alle erstarren lässt: Das linke Auge des Chefs ist blau-grün-veilchenverziert.

„Das war die Nahles“, grummelt der Chef.

„Wie, die Nahles?“, fragt Senior Consultant Sabine ungläubig. Damit konnte nur SPD’lerin Andrea Nahles gemeint sein. Für die schrieb der Chef ja seit kurzem das Weblog.

Die Stimme des Chefs sinkt in einen drohenden Tonfall ab. „Ja, die Nahles. Hab sie doch begleitet zu diesem Schultermin heute. Und da sollte sie dann boxen fürs Foto. Als sie fertig war, hat sie sich umgedreht und zugeschlagen. Unabsichtlich, behauptet sie. Stimmt doch nie. Die ist nur sauer, über die Weblog-Einträge, die ich für sie schreibe. Zu schmalzig findet sie das, hat sie mir vorher vorheult. Weiß überhaupt nicht zu würdigen, was ich da für sie tue. Auf Sätze wie ,Menschen sind hier nur Schachfiguren in einer perfiden Machtphantasie‘ – da käm die doch gar nicht drauf.“

Schwungvoll kommt Alexandra dem Chef entgegen, die neue Senior Consultant. Behutsam legt sie ihren Arm um die Schulter des Vorgesetzten: „Na, Chef, das kriegen wir wieder hin. Meine Oma hat mir ein altes Hausrezept hinterlassen, wir kühlen jetzt ihr Auge, dann hole ich gleich was aus der Drogerie und sie werden sehen: Morgen ist das Auge wieder wie neu“, flötet sie, bevor sie den Chef in sein Büro geleitet.

„Schlange“, zischt Sabine.

„Zicke“, wirft Tanja-Anja hinterher.

Denn die Stimmung ist nicht gut, seit Alexandra da ist. Für eine Drückebergerin halten sie alle, seit sie angeblich Migräne bekam bei ihrem ersten Projekt. So musste Praktikantin Julia allein für ein Geschenk sorgen, dass der neue Kunde an die Medienwelt verschickte.

Immerhin: Der Chef war begeistert von dem zweiflammigen Mucki, der Mohrenfigur, die mancher für Kitsch halten würde, aber von „AD“ als dernier crie gepriesen wurde. Ein Sonderlob bekam Julia und eine Prämie, die für ein gemeinsames Abendessen mit Senior Consultant Lars reicht. Heute abend geht es ins „Riva Gauche“, den angesagtesten Laden der Stadt, an deren Rand die kleine PR-Agentur liegt.

Trotzdem: „Alexandra mögen wir nicht“, wie es Sabine auf den Punkt brachte. Natürlich im kleinen Kreis. Ohne Alexandra. Und ohne den Chef, um den sich die Neue rührend kümmert. Gerne huscht sie mal kurz in sein Büro, meist dröhnt kurz darauf sein heiseres Lachen und ihr nasales Kichern aus dem Raum. Alexandra schlägt aufs Gemüt.

„Ich hatte nicht mal mehr Lust zu flirten“, berichtet Tanja-Anja von der Mediennacht der CSU-Medienkommission, zu der sie eingeladen war. „Könnt Ihr Euch das vorstellen?“, fragt sie die anderen. Nö, können sie nicht. Nicht bei Tanja-Anja. Haarklein berichtet sie von ihrer unsozialen Reaktion:

Er: Und, was machen Sie so?
Sie: Ich arbeite in einer PR-Agentur.
Er: Hmmm. Toll.
Betretenes Schweigen
Er: Und? Macht es Spaß?
Sie: Ja, ich bin sehr zufrieden.
Kurzes Schweigen
Sie: Und? Was machen Sie so?
Er: Ach, ich versuche, mich als Anwalt durchzuschlagen.
Sie: Ah! (überlegt kurz adäquate Reaktion) In welcher Kanzlei?
Er: Ich bin Einzelkämpfer.
Sie: Hmmm.
Langes betretenes Schweigen
Sie: Auch nicht einfach, was?
Er: Ich hatte es mir leichter vorgestellt, als ich angefangen habe. (lacht bitter)
Sie: (lacht viel zu laut) Ja, das denkt man ja immer.

Weitere Abenteuer der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt:

Kurz vor Mitternacht
Koffeein-Schock
Mai-Ausflug
Frühlingsgefühle
Wahlkampf
Marcelinho
Arbeitsverweigerungskampf
High-Society
Verzweiflungstat
Frisches Blut


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