Wenn einer eine Reise in die Politik macht, hat er viel zu erzählen. Viel ernüchterndes, vor allem.
Wer sich mit Hauptstadt-Korrespondenten über Dinge oberhalb des politischen Tagesgeschäftes unterhält, bekommt immer wieder einen Satz zu hören: "Ich weiß auch nicht, was die antreibt, so einen Job zu machen."
"Die", das sind die Politiker jedweder parteilichen Farbe und egal in welcher Bankreihe. "So ein Job" ist die Arbeit im Bundestag.
Denn auch wenn der Bürger gerne über seine Lenker herfällt, deren Job ist nicht gerade eine bezaubernde Welt der Entspannung: 16-Stunden-Tage sind normal, Sieben-Tage-Wochen auch, die Bezahlung ist bestenfalls OK, erst mit der Pension werden die Früchte geerntet. Wer in der Wirtschaft ein ähnliches Pensum vorlegen würde, hätte vermutlich mehr davon. In diesem Zusammenhang sei Jürgen Leinemanns hervorragendes Buch "Höhenrausch" empfohlen.
Wer sich als Mensch – oder schlimmer noch als Künstler – in diese Welt wagt, kommt meist erschöpft aus dem Kommissions- und Regel-Dschungel gekrochen. So wie der von mir seit langen Jahren geschätzte Heinz Rudolf Kunze (und wer jetzt aufjault "Der Schlagerfuzzi! "Dein ist mein ganzes Herz!", darf sich hier gerne mal ausführlicher mit dessen Werk auseinandersetzen).
Kunze war Mitglied der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland". Erstaunlicherweise war er der einzige Künstler in diesem Gremium, bemerkenswerterweise nominiert von der CDU, obwohl sein Herz eher links schlägt.
Ausführlich schildert er auf seiner Homepage nun seine Odysee durch die politische Struktur und von einem Unternehmen namens Enquete, "die sich mit kalten Chirurgenfingern einem zuckenden, warmen Objekt zu widmen bemüht ist, und mich und meinesähnlichen ein weiteres x-tes Mal auf so etwas wie Begriffe zu bringen".
Nur dass Odysseus, als er Heim kehrte, wenigstens ein paar Monster aus dem Weg geschafft hatte. Kunze dagegen kehrt Kopf schüttelnd in die Arme der Familie zurück:
"Selten in meinem beruflichen Leben habe ich so viel geschwiegen ? und dabei so viel gelernt. Unter anderem über das Vorurteil, Politiker seien grundsätzlich weltfremd. Eines Tages raunte mir nämlich ein Parlamentarier zu: ?Die Wähler sind nicht etwa blöd. Die Wähler sind ? noch blöder.? Er sagte nicht: Wählerinnen und Wähler. Soll man daraus schließen, daß er ein Konservativer war? Oder einfach nur ein vernünftiger Mensch, der angesichts der Endlichkeit unserer Existenz keine Zeit für politisch korrekten Verbalfirlefanz hat?"
Kommentare
Thomas Knüwer 8. Juli 2005 um 9:37
Angehört schon – aber als Mitglieder bestellen, das haben sich die Politiker dann doch nicht getraut…
Stefan 8. Juli 2005 um 14:37
Ist HRK nicht derjenige Rockmusiker, der damals durch die Forderung nach einer Deutsch-Quote für deutsche Radiosender aufgefallen ist?
Thomas Knüwer 8. Juli 2005 um 14:49
Yep, stimmt. Nicht immer liegt er richtig. Wobei die Forderung zu jener Zeit noch vor der Neuen Neuen Deutschen Welle mit Helden, Sportfreunden & Co. lag.