Zu größeren Artikel gehört ein Foto. Klar. Erst recht, wenn es um eine Konzertkritik geht. Das sehen immer mehr Künstler (oder besser: ihre Manager) anders. Ihre These: Zu einer Konzertkritik gehört nur ein Foto, wenn der Künstler daran verdient. Selbst wenn es um die Nicht-Kommerzialisiserung heuchelnden Jungs von Coldplay geht.
Es ist ein grausamer Job: Fotograf sein und ein großes Konzert fotografieren zu müssen. Denn meist werden die schwer bepackten Kollegen wenige Minuten vor Beginn der Show in den Graben vor der Bühne gescheucht. Da dürfen sie sich dann zehn, fünfzehn Minuten die Linse aus dem Hals knippsen und werden dann abgeführt wie eine Horde Viehdiebe.
Für viele Künstler (oder besser: deren Manager) ist der soziale Status eines Fotografen anscheinend auch nicht höher angesiedelt als der eines Haus-und-Hof-Kriminellen. Auf dem gleichen Niveau liegt auch die lokale Zeitung, die sich erdreistet, Bilder des Konzertes abdrucken zu wollen.
Seit Jahren gibt es immer wieder Fälle, in denen Rock-/Pop-Artisten verhindern, dass Bilder ihrer lokalen Konzerte erscheinen. Wenn ich mich richtig erinnere, war es Michael Jackson, der zum ersten Mal die Anwesenheitsdauer von Fotografen beschnitt.
In den vergangenen Wochen aber häufen sich die Fälle. So verzichtete der "Kölner Stadtanzeiger" auf Bilder des Coldplay-Konzertes am Fühlinger See und der Bericht über Destiny’s Child wurde mit einer puristischen weißen Fläche bebildert. Ähnliches gab es vor zwei Wochen bei Black Sabbath: Dort wurde erst kurz vor dem Auftritt in Dortmund ein Fotoverbot verhängt.
Dahinter steckt – wie sollte es anders sein – das Geld: Die Bandmanager wollen langfristig die Rechte halten an allen Bildern um diese zu vermarkten. Dass sie dabei die Presse vergrätzen und ihr tatsächlicher zusätzlicher Erlös sich im eher marginalen Bereich bewegt – egal.
Dass der "Kölner Stadtanzeiger" mit der Drohung, nicht über ein Konzert der Back Street Boys zu berichten doch noch eine Fotoerlaubnis erhielt, weist den einzigen richtigen Weg: Wenn eine Band sich nicht fotografieren lassen mag, dann braucht sie auch keine kostenlose Werbung durch eine Jubilarie im Kulturteil. Stattdessen kann man eine Konzertkritik ersetzen durch einen kleinen Hinweis, warum die Zeitung auf die Berichterstattung verzichtet.
Handelt es sich gar um eine Ach-wir-sind-ja-so-alternativ-und-unkommerziell-Truppe wie Coldplay wäre Essay über Heuchelei eine schöne Ergänzung.
Kommentare
marco 20. Juni 2005 um 11:46
Ich habe vor ein paar Tagen einen Artikel in den Lübecker Nachrichten zu dem Thema gelesen, Grundtenor ist der gleiche wie in dem des Kölner Stadtanzeigers.
Kleine Ergänzung dazu: Ich war am Nachmittag auch auf der Coldplay-PK, wo das Gerücht über die Verträge aufkam (aufgrund dessen dann AP, DPA und Co die Berichterstattung verweigert haben). Der Protest war insofern erfolgreich, als das am Abend der übliche Vertrag ohne die o. g. Klauseln ausgehändigt wurde. Es ist immer noch ne Frechheit, dass es o. g. Bestebungen gibt, aber hier hat der Protest der Kollegen gewirkt.
themaastrix 20. Juni 2005 um 15:05
Eigentlich hätte es heute abend Fotos von Tori Amos aus dem Hamburger Stadtpark geben sollen, aber zu den Bedingungen des Management wollten wir dann doch nicht….
…
Markus 20. Juni 2005 um 22:45
Eigentlich ist das doch ganz einfach: in Deutschland ist es nicht verbietbar, von Menschen öffentlichen Interesses (und dazu gehört Coldplay) bei öffentlichen Veranstaltungen (und dazu gehören Konzerte) Photos zu machen. In Amiland kann man das verbieten. Und viele Amis verwechseln Deutschland mit einer amerikanischen Enklave. Das wird sie unter Merkel auch vielleicht. Aber noch kann man das nicht verbieten.
Verbieten kann man die Nutzung eines Blitzes (Showbeeinträchtigung).
Und, ja, oft darf man auch nur die ersten drei Songs ganz vorne photographieren (weil man den Gästen, die teuer für ihre Karte bezahlt haben nicht die ganze Zeit hektisch herumlaufende Photographen vor die Nase setzen will). Aber sonst…..
lex 21. Juni 2005 um 0:24
ist ein Konzert eine öffentliche Veranstaltung? Ich glaube eher eine privte, da Eintritt bezahlt werden muss. Der Konzerthallenbetreiber- oder Mieter hat auf jeden Fall das Hausrecht. Was anderes, wenn die Musiker auf öffentlichen Plätzen unterwegs sind.
sven 21. Juni 2005 um 13:43
ein konzert ist eine öffentliche veranstaltung, da man nicht nur auf einladung rein kommt und die veranstaltung öffentlich beworben wurde.
Markus 21. Juni 2005 um 13:58
Sven hat Recht. Ein Konzert ist öffentlich, solange jeder dort hineinkann. Also: Kameras raus und Photos gemacht. Und wenn ein dicker Ami kommt und Euch das verbieten will, ihm eine Klage nach deutschem Recht androhen.
Markus 21. Juni 2005 um 14:01
Ach so: Aufnahmen mit bewegtem Bild (Film und Video), sowie Tonmitschnitte, egal mit welchem Medium und egal in welcher Qualität, sind und bleiben natürlich ohne Genehmigung weiterhin aus urheberrechtlichen Gründen streng verboten.
KPD – Kultur | Protest | Dieburg 24. Juni 2005 um 16:03
1., Satz 2: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ – Nicht bei Coldplay und „Krieg der Welten“. „Knebelvertrag“ ist mein persönlicher Favorit für das Unwort des Jahres. En detail geh…
KSFoto 2. März 2009 um 16:35
Rechtlich sieht das so aus (im groben, hatte mal ein Jurist auf der Picta erklärt): Der Künstler hat das Urheberrecht für seine künstleriche Show. Der Veranstalter oder der Hallenbesitzer haben das Hausrecht. Alle drei wollen eine positive Berichtserstattung. Deshalb erlauben sie dem Fotografen, die ersten drei Lieder zu fotografieren. Der Künstler oder der Veranstalter dürfen kein Hausverbot aussprechen, dass darf nur der Hallenbesitzer. Der Veranstalter kann höchstens ein Platzverbot erwirken. Andersherum darf der Hallenbesitzer aber auch nicht da Fotografieren verbieten, dass darf nur der Künstler oder sein Management. Hallenbesitzer, Veranstalter, Künstler oder Management dürfen nicht die Fotos verwenden, den die Rechte daran hat der Fotograf. Fazit: Jeder ist auf jeden angewiesen, damit es ein Erfolg wird.
Wenn so große Bands wie Coldplay, Grönemeyer und Co. die Arbeit der Fotografen mit solchen Auflagen behindern (bei Grönemeyer durften die Bilder in dem angegebenen Medium nur sechs Monate verwendet werden, zu dem durften nur DPA, Reuters und zwei weitere Fotografen in den graben), dann sollten alle – Agenturen, Schreiber, Fotograf und Zeitungen – an einem Strang ziehen und auf die Berichtserstattung verzichten. Es gibt Künstler und deren Manager, die freuen sich auf die Berichtserstattung, mit denen kann man auch sehr gut zusammenarbeiten (Barbara Schöneberger, etc.). Die anderen werden sehen was sie davon haben. Also haben die o.g. Medien richtig gehandelt.
KS