Julias Blick gleitet über den Monitor hinweg, quer durch den Raum. Immer wieder. Sie kann die Augen nicht lassen von Lars. Ach, Liebe ist so schön. Sogar in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt.
Und so hört sie nicht zu, als Sabine lachend berichtet vom Maiausflug. Die anderen waren nach der Fun-Demo ja in Kreuzberg gelandet, wo sich jener unglückliche Flaschenwurf ereignete, der den Chef noch immer mit schwerer Gehirnerschütterung und Platzwunde ans Bett fesselt.
„Du kannst Dir nicht vorstellen, wie der sich anstellte. Da war dieser Rasta-Typ, der meinte, er sei Arzt. Aber der Chef hat immer nur geschrien: ,Ich bin Privatpatient! Ich bin Privatpatient! Ich will einen richtigen Arzt.‘ Nach einer Stunde war dann endlich nen Krankenwagen da.“
Doch Julia, die Praktikantin, hört nicht. In ihren Ohren zwitschern Lerchen ihr lieblich Lied, vor ihren Augen ziehen Wolken vorbei, die sich formen zu tuffigen Herzen. Allein sprechen kann sie nicht, darf sie nicht. Ist gezwungen zu Schweigen von jenen Stunden, mit Lars, als sie die Demo schon vorzeitig verließen um die Pressemitteilung zu schreiben. In der Wohnung ihres Freundes Matthias, der natürlich nicht da war. Oh, Gott, Matthias, wie soll sie ihm das nur beibringen. Das es aus ist, vorbei. Wegen Lars mit seinem Louis-Vuitton-Taschen-braunen Augen und dem Chanel-schwarzen Haar.
Es war ein tiefer Blick über das mit Prosecco gefüllte Wasserglas (die Champagner-Flöten warten noch daheim in der bayerischen Provinz, sie gehören zur Ausstattung, die ihre Mutter schon zusammengetragen hat). Es war um sie geschehen. Und es war wunderschön.
Und jetzt? „In der Agentur darf erstmal keiner was erfahren“, sagt Lars am nächsten Morgen, als sie in seinen Armen lag. Schwer genug: Schon beim Frühstück im Hotel fragte jeder, wo die beiden waren, warum sie sich nicht gemeldet hätten. „Wir sind einfach nicht durch die Sperren in Kreuzberg gekommen. 1. Mai-Krawalle und so“, murmelt Lars. „Na!“, meldete Tanja-Anja spitz ihre Zweifel an dieser Geschichte an.
Oh, welch süße Qual, ihn jetzt ständig zu sehen, den ganzen Tag. Und nur Abends die Freiheit, sich zu berühren, sich zu fühlen. Doch egal, die Welt ist schön, auch wenn es draußen stürmt und windet. Hier, in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt, ist das Glück eingekehrt.
Auch beruflich für Julia: Sie darf ihre erste eigene Pressemitteilung schreiben. Na gut, das Anschreiben für die Pressemitteilung. So ein Anschreiben sollen die liquiden Kunden jetzt immer bekommen – die letzte Anweisung vom Chef vor der Abreise nach Berlin. „Sieht doch edel aus“, meinte er, „und wird extra berechnet.“
Also tippt Julia und fühlt in ihrem Herzen den Stich von Amors Pfeil. Ja, auch andere sollen glücklich sein, sollen sich wärmen an der Liebe. An wunderschönen Worten, an einem Poem der PR. Und so schreibt sie:
„Der Deutsche macht eine Erfindung,
der Engländer kauft’s Patent,
der Amerikaner macht’s Geschäft,
der Japaner macht eine Kopie,
der Koreaner macht eine Kopie von der Kopie,
und der Franzose ernennt sie alle zu ,Rittern der Ehrenlegion'“!
Willy Meurer (*1934), deutsch-kanadischer Kaufmann, Aphoristiker und Publizist, M.H.R. (Member of the Human Race), Toronto
Die Zeiten haben sich geändert: Die Technologie für das fünfte Patent des Backup- und Storagesoftware-Spezialisten Connected wurde in Amerika erfunden, um damit auch in Deutschland Geschäfte zu machen. Weitere Informationen hierzu finden Sie anbei.
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