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Nach dem gestrigen Abend zweifele ich selbst an mir: Bin ich dumm?

Gestern abend moderierte ich den Düsseldorfer Salon, eine kleine, feine Privatinitiative. Dabei bringen die drei Organisatorinnen Menschen zusammen, die Lust haben über Themen zu diskutieren, die vielleicht nicht zum Alltagsgeschäft gehören.

Wie bereits unten angedeutet war diesmal Katherina Reiche die Gastrednerin, CDU-Abgeordnete und Bildungsexpertin. Thema: „Werden die Deutschen immer dümmer?“

Bevor die hier mitlesenden Berufszyniker rufen: „Ja! Und was habt Ihr den Rest des Abends gemacht?“ – gemach, gemach. Denn nach Frau Reiches interessantem (und von bemerkenswerter Wahlkampffreiheit geprägtem) Vortrag war ich ein wenig ratlos. Da wurden die heutigen Kindergärten bemängelt, die liebevoll aber planlos mit dem Nachwuchs umgehen. An den Schulen warten Lehrer von gestern mit Stoffen von vorgestern. Die Unis sind überfüllt, die Studienbedingungen katastrophal. Kann es da noch verwundern, dass wir Deutschen immer dümmer werden?

Ja. Oder wir waren schon immer dumm. Kann auch sein. Meine Kindergartenzeit war liebevoll aber planlos. Meine Grundschullehrer planlos und liebevoll (mit ausdrücklicher Ausnahme meiner Handarbeitslehrerin). Am Gymnasium antwortete die Geschichtslehrerin auf unsere Bitte, statt zum vierten Mal das Dritte Reich abzuhandeln, doch mal den Vietnam-Krieg durchzunehmen: „Das ist noch nicht lang genug her.“ An der Uni saß ich mit 1200 Leuten in einem Hörsaal für 800, während die Vorlesung live in einen anderen Hörsaal mit weiteren 300 Studenten übertragen wurde.

Ich bin also dumm.

Na gut, so einfach ist es dann auch wieder nicht. So räumte Frau Howald, Leiterin einer Kindertagesstätte in Essen, mit einigen Vorurteilen auf. Zum Beispiel, dass es die ausländischen Kinder seien, die Probleme haben – in ihrem Haus (ich glaube sie betreut Nachwuchs aus 19 Ländern, wenn ich es richtig im Kopf habe) sind es die Deutschen, die ohne Frühstück ankommen, mit chaotisch gepackten Sachen.

Immerhin: Es gibt Hoffnung. Das Schulsystem soll geändert werden. Zwei Drittel der Inhalte sollen vorgegeben werden, ein Drittel kann frei gestaltet werden. Leider aber wird das noch Jahre dauern. Und bis dahin werden die Deutschen wohl noch ein wenig dümmer. Oder sie bleiben es.


Kommentare


Gerold Braun 6. April 2005 um 10:22

Ich find ja das Bild im Artikel sagenhaft 😉 Was das wohl ist?

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tknuewer 7. April 2005 um 11:07

Ups, bin ich so verstanden worden, dass Frau Reich dumm sein soll? Wenn ja: So war das definitiv nicht gemeint!
Übrigens hat sie kein Honorar erhalten und hat auch die Übernachtung selbst bezahlt. Der Düsseldorfer Salon ist eine Privatinitiative.

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Eva 17. Juni 2005 um 16:20

Ich bin noch sehr jung und vielleicht zu jung um hier mit schreiben zu können aber ich bin der Meinung, dass eine liebevolle Umgebung wichtiger ist, als jedes Wissen.
Sie können jetzt meinen, dass ich ein naives „Jungchen“ bin, und da gebe ich Ihnen nicht ganz unrecht, aber ich finde es wichtig auch über soziale Intelligenz zu diskutieren!
Außerdem muss Ihnen schon klar ein, dass es ungerecht ist, allein der Schule die Schuld zu geben!!! Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Eltern oder das Fernsehen Schuld haben.
Ich bin der Meinung, dass man alle Faktoren in einen Topf werfen und Lösungen suchen soll und nicht schimpfen, denn das bringt nichts gar nichts!!!!

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