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Medien nehmen sich zu oft wichtig – und werden zu oft wichtig genommen. Erfrischend, dass die frisch gebaute LTU-Arena in Düsseldorf dies demonstrativ nicht tut. Körperlich schmerzhaft ist es leider auch.

Es gibt ja nicht wenige, die behaupten, man müsse Journalisten reichlich gutes Futter und Alkohol reichen, um sie gutwillig zu stimmen. Im Sinne meines Berufsstandes hoffe ich, dass es vielmehr zutiefst menschlich ist, dass wer entspannt und in gutem Umfeld seiner Arbeit nachgeht, auch mit offenerem Herzen an eine Sache herangeht. Wer, sagen wir mal, sich gerade mit der dba herumgeschlagen hat, braucht eben ein wenig, um "runterzukommen".

Baut man nun ein neues Gebäude und hat häufig Journalisten zu Gast, kann man auf die Idee kommen, dies zu berücksichtigen. Muss sich ein Schreiber unter Termindruck nicht mit verschlungenen Wegen herumschlagen, brennen seine Augen nicht von mieser Beleuchtung, sitzt er bequem und bekommt ein ordentliches Mahl, ist er vielleicht geneigt, positivere Worte in sein Laptop einzuhacken. Wie gesagt: Dies kann man berücksichtigen.

Muss man aber nicht.

Gestern war ich zum ersten Mal in den Presseräumen der neu erbauten LTU-Arena in Düsseldorf, es ging um ein Interview am Rande des ersten Heimspiels von Rhein Fire. Von den Zuschauersitzen aus ist dieses Stadion äußerst gelungen, selbst oben in der Ecke hat man noch einen relativ ordentlichen Blick. Aber die Zuschauer müssen ja auch nicht in die Katakomben…

Die betreten Pressevertreter durch eine rohe Metalltür und arbeiten sich dann vor bis zum Pressebereich. Der besteht aus einem Pressekonferenzraum und einer Cafeteria von bemerkenswerter Schlichtheit und der Größe einer Studentenbude. Nichts lenkt das Auge ab von den abwaschbaren Wänden in jenem minimal kremfarbenen Ton, zu dem man in fünf Jahren nicht sagt: "Müsste mal wieder gestrichen werden" – weil man schon am ersten Tag dieser Meinung ist.

Das Neon-Licht entspricht sicher deutschen Mindeststandards – mehr aber auch nicht. Stuhl- und Tischwerk erinnert an Werkskantinen, womit ich nichts gegen Werkskantinen gesagt haben will, es gibt sehr schöne. Und bei den meisten gibt es besseres Essen. Nein, ich fordere hier keine üppigen Buffets, aber ein warmes Gericht zum Mittag wäre freundlich. Oder doch wenigstens Senf zu den gereichten Frikadellen. Oder Ketchup. Beides aber war nicht aufzutreiben.

Na gut, journalist ist ja nicht zum essen hier. Aber Wegzehrung ist auch nicht schlecht auf dem Zeit raubenden, merkwürdigen Weg Richtung Pressetribüne. Einen kahlen Gang gehts lang, durch Türen mit dezenten Schildern und dann nochmal durch die VIP-Garage. Schön, dass die Strecke provisorisch mit auf dem Boden angebrachten, rot-weißen Absperrband markiert war.

Irgendwann traf auch der Kollege ein, der verloren ging auf dem Weg nach oben. "Das ist das erste Mal, dass ich mich in einem Stadion verlaufe", sagte er. Es ist ein erfahrener Kollege.

Der lustigste Teil aber beginnt nun. Die Plätze hoch oben, direkt unter dem Dach, sind in langen Reihen angeordnet. Kommt wer zu spät, müssen alle hoch – die erste La-Ola-Animation nimmt ihren Lauf. Jemand zur Toilette? Und wieder eine Welle. Allerdings eine langsame. Denn aufstehen ist nicht ganz so einfach. Wer immer die Maße dieser Sitzreihen geplant hat, dürfte eine Hand breit größer als ein Hausschwein sein. Ab 1,90 Körpergröße aber presst der Platzbesitzer seine Knie trotz unanständig breitbeiniger Haltung gegen das senkrecht stehende, eingeklappte Tischchen. Fährt er dieses aus, sind die Knie zwar entlastet, er muss aber Post-Weight-Watchers-Bauchumfang vorweisen, ansonsten presst sich das schwarze Brett in die Magengegend, die ja gefüllt ist mit senfloser Frikadelle.

Die Kollegen, die aktuell berichteten, bauten auf diesem Tischchen ihre Laptops auf und versucht mit weit gespreizten Ellenbogen zu tippen – eine spannende Erfahrung, die der modernen Rechtschreibung neue Varianten hinzugefüt haben dürfte. Und dann musste wieder jemand zur Toilette: Laptop hoch heben, Tischchen hochklappen und synchron aufstehen, vorbeidrängeln lassen, setzten, Tischchen runter, Laptop hinlegen…

Es war ein sehr sportlicher Nachmittag für manchen der Reportierenden. Verbunden mit dem Wunsch, den Architekten der LTU-Arena auch einmal an diesen Plätzen zu wissen. Gefesselt. Mit runter geklapptem Tischchen. Und geknebelt mit einer Frikadelle ohne Senf.


Kommentare


Björn Harste 12. April 2005 um 15:04

Unangenehmes Erlebnis.
Aber nett geschrieben. Danke für die Erfrischung. 🙂

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