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Der Frühling ist da, die April-Scherze schlagen aus. Doch, liebe herum albernde Berufskommunikatoren, zwei auf einen Schlag aus dem gleichen Haus ist dann auch irgendwie blöd. Und ohnehin kann die Herumscherzerei auch böse Folgen haben.

Für ernsthafte Journalisten sind April-Scherze eigentlich schön. Man kann herumspinnen, den Geist driften lassen, einfach mal albern sein. Dumm nur, dass es eben auf diesen einen Termin beschränkt ist. Und jährlich wiederkehrende Termine, egal ob Nationalfeiertag, DFB-Pokal-Endspiel oder Tag des Venenleidens, sind in der journalistischen Planung im gleichen Gehirnteil gespeichert, der uns Männern am 23.12. meldet: „Mist, morgen ist Weihnachten und Du hast noch keine Geschenke.“

Deshalb tun wir Schreiber uns manchmal schwer mit dem April-Scherz. In meinem ersten Jahr als Redakteur sollte das Handelsblatt zum ersten Mal in seiner Geschichte einen solchen Witz enthalten – die Entstehung war qualvoller als manches unter Folter hervor gepresste Geständnis zu Zeiten der Inquisition. Ergebnis: Der Bundestag sollte künftig auch von Gänsen bewacht werden. Hab schon schwerer gelacht.

Vielleicht fühlen sich deshalb viele Berufskommunikatoren befleißigt, uns mit Ideen auszuhelfen. Oder es ist die Hoffnung, uns so richtig einen mitzugeben. Aus Rache. Für das, was wir ihnen das Jahr über antun.

Gerade kamen die ersten beiden Scherze des Jahres – leider unübersehbar aus dem gleichen Haus. Die geringe Möglichkeit, darauf hereinzufallen ist dahin. Schade, weil so blöd sind sie gar nicht.

Erste Idee: Ein Hersteller von Gratis-Postkarten mit Saugnäpfen (ja, so was scheint es zu geben) behauptet die unten abgebildete Abschleppmethode entwickelt zu haben:

23 Minuten später meldet sich eine Dialogmarketing-Agentur mit der gleichen Adresse wie jener Kartenhersteller und offeriert:
„Alles Kreative für 1 EURO – egal ob Visitenkarte, Infobroschüre oder Radio-Spot!“

Und weiter:
Einer der Geschäftsführer, Stefan Weiss (39) dazu: ?Wir kochen alles runter ? kein werblicher Firlefanz mehr: keine Meetings, keine Diskussionen, keinen Latte Macchiato, keine Mittagspausen?  ?Sonst geht das betriebswirtschaftlich natürlich nicht? ergänzt Geschäftsführer Christian Kohnen (34), ?auch in Sachen Dienstleistung ist ?1? the magic number: 1 Briefing, 1 1-Euro-Jobber, 1 Korrekturschleife, 1 Ausdruck, ? aber eben alles auch für nur 1,- Euro.

Nun wird mancher Werber rufen: „Wo ist der Scherz? Das ist Realität!“. Aber trotzdem – auch das eine nette Idee.

Vielleicht fällt ja jemand drauf rein. So wie auf meinen ersten April-Scherz. Das war noch in jenen Zeiten als freier Mitarbeiter der „Westfälischen Nachrichten“, Lokalredaktion Senden, Zeilenhonorar 25 Pfennig. Damals kämpfte mein gelieber SC Preußen Münster um ein neues Stadion. Und weil sich das so lange hinzog (und am Ende auch mit dem Nicht-Bau endete) entstand die Idee: Wir melden, das neue Stadion entsteht in Senden, direkt an der Autobahn. Die Preußen spielten mit, zwei Kicker ließen sich schon mit Senden-Stadtplan ablichten. Nun lag der 1. April damals am Karfreitag. Es kam Ostern, es kam der Dienstag nach Ostern – und beim örtlichen Lokalradio blätterte jemand durch die Zeitungen des Wochenendes. Bis zum späten Nachmittag wurde damals immer wieder verkündet, die Preußen spielten demnächst in Senden. Dann hat wohl mal jemand beim Verein angerufen. Oder nachgedacht.

Zum Schluss noch eine Warnung: Auch für den Verfasser eines solchen Scherzes kann er böse ausgehen. Das erlebte ich ein Jahr später. Da meldeten wir, das Schloss Senden würde Drehort einer neuen RTL-Serie. Die Praktikantin wurde schnell zur hauptdarstellenden Tochter von Witta Pohl ernannt und für den 1. April zum Casting ins Rathaus geladen. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele kommen. Vor allem junge Familien, deren Mütter die Filmkarriere des Nachwuchses fördern wollten. Die Option körperlicher Gewalt stand lang im Raum an diesem Morgen. Glücklicherweise färbte der vorösterliche Frieden ab.  


Kommentare


marcc 31. März 2005 um 16:54

Und in Nerd-Magazinen wie der ct geht ein Scherz auch schonmal unter. Da wurde im Heft über einen Audio-CD-Entmagnetisierer berichtet. Der sollte für audiophile Ohren die Klangqualität verbessern.

Ich dachte mir: Aha, Sonic Voodoo, 1. April, alles klar. Nur war das nicht der Aprilscherz, das war echt. Der echte Scherz war für IT-Halb-Laien nicht erkennbar.

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