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Und dann ist man sprachlos. Weil es in Deutschland anno 2015 noch so einen homophoben Kackscheiß wie das „Westfalen-Blatt“ gibt, das Lokalblättchen für Bielefeld.

Auf der Facebook-Seite der Zeitung rauschen derweil die negativen Kommentare rein – natürlich ohne Stellungnahme der Redaktion. Die vergräbt sich und hofft, dass es bald vorbei ist. Weder bezieht man Stellung pro der freien Mitarbeiterin, die diesen Mist verzapft hat, noch entschuldigt man sich. Von den Chefredakteuren Ulrich Windolph und Andre Best (weiß jemand, ob es ein Zufall ist, dass einer der Geschäftsführer den gleichen Nachnamen hat?) – kein Wort.

Man darf das feige finden.

Nachtrag: Inzwischen gibt es eine Stellungnahme des Verlags – besser wird die Sache dadurch aber nicht.

„Sollte die Einschätzung der Diplom-Psychologin Barbara Eggert Ihre Gefühle verletzt haben, so bedauern wir das außerordentlich. Wir bitten dafür ausdrücklich um Entschuldigung und versichern, dass uns nichts ferner lag als das. Wir haben Verständnis dafür, wenn beim Lesen insbesondere der kurzen Fassung der Kolumne »Guter Rat am Sonntag« der Verdacht der Homophobie entstehen konnte. Das WESTFALEN-BLATT weist aber zugleich den Vorwurf zurück, der Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit das Wort reden zu wollen. 

Sehr selbstkritisch müssen wir einräumen, dass in der Kolumne so formuliert wird, dass der Text Kritik geradezu herausfordert. Das ist unzweifelhaft eine gravierende journalistische Fehlleistung, die die Redaktion in vollem Umfang zu verantworten hat. Wenn die Rede davon ist, dass die Kinder »verwirrt werden« könnten, dann fehlt zwingend die Erklärung, woraus dies resultieren könnte – nämlich nicht aus dem Besuch einer Hochzeit zweier Männer an sich, sondern dadurch, dass den beiden Töchtern des Ratsuchenden bisher jegliche Aufklärung über Homosexualität fehlt. 

Diese Entscheidung der Eltern ist sicher für sich genommen diskussionswürdig. Wir halten sie mit Blick auf das Alter der Töchter – die Mädchen sind acht und sechs Jahre alt – allerdings durchaus für legitim. Selbstredend kann das jeder Erziehungsverantwortliche für sich selbst und seine Schutzbefohlenen natürlich anders sehen und handhaben. Diese Eltern aber haben für sich so entschieden, und auf dieser Entscheidung wiederum fußt der Rat unserer Autorin.

Barbara Eggert erklärt persönlich: »Hier geht es nicht um meine Weltanschauung oder einen gesellschaftlichen Konflikt, sondern um ein ganz privates, nicht repräsentatives Problem eines verunsicherten Vaters. Ich habe ihm geschrieben, dass seine Kinder vielleicht nicht liberal genug erzogen wurden und ihm geraten, ein offenes Gespräch mit seinem Bruder zu suchen, um seinen Standpunkt zu erklären. Ich bin der Meinung, dass man alle Menschen ernst nehmen und respektieren muss, auch die, und gerade die, die anders denken als man selbst, alles andere würde mir intolerant erscheinen.«

Geradezu absurd ist vor diesem Hintergrund der Verdacht, das WESTFALEN-BLATT empfehle »Kinder von Homosexuellen fernzuhalten«. Dem widerspricht schon das geschilderte Ausgangsszenario seitens des Familienvaters, wonach seine beiden Töchter in gutem Kontakt zu ihrem Onkel stehen. Auch ging es im vorliegenden Fall um eine ganz konkrete Lebenssituation und nicht um eine generelle Handlungsempfehlung. Diese steht uns weder zu noch würden wir sie uns anmaßen.

Ulrich Windolph, Redaktionsleiter WESTFALEN-BLATT“


Kommentare


Chris 19. Mai 2015 um 15:13

Eltern können doch entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen. Wenn die der Meinung sind, dass die Kinder das nicht so erfahren sollen, dann ist das halt deren Entscheidung. Man kann doch gesellschaftliche Wunschbilder nicht allgemein verbindlich machen. Das wäre ja totalitär. Ich glaube in der Mischung zeigt das Aufhebens um den Artikel wie weit wir schon sind.

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Thomas Knüwer 19. Mai 2015 um 15:30

@Chris: Eltern dürfen ihre Kinder auch homophob erziehen. Doch allein die Behauptung, schwule oder lesbische Paare fiele es nicht leicht, eine Hochzeit zu organisieren ist abstoßend. Und Kinder sollten verwirrt sein? Warum? Dass so etwas noch immer geschrieben wird, zeigt, dass wir längst noch nicht weit genug sind.

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Jens Schmidt 19. Mai 2015 um 16:06

Mittlerweile gibt es eine Stellungnahme der Redaktion. Ob diese allerdings die Gemüter kühlen wird…?

http://www.westfalen-blatt.de/Ueberregional/Artikel/1981377-In-eigener-Sache-Stellungnahme-zum-Artikel-Unsere-Toechter-schuetzen

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Carom 19. Mai 2015 um 16:33

Ich frage mich ja, wie diese Eltern es mit Bruder und Lebensgefährte im Alltag halten – wird da auch vertuscht und „so getan“? Sowohl die Frage wie die Antwort zeugen von einer diffusen Angst, Realität zuzulassen und auszuhalten – in der Familie ist noch einiges mehr im Dutt, vermute ich. Und solche Fragen über das lokale Käseblatt zu hantieren… Schräg, aus meiner Sicht sehr schräg.

Die Redaktion will vermutlich ihr „Profil schärfen“, sonst hätte sie sowohl Frage wie Antwort nicht veröffentlicht (der Freien ist das nicht anzulasten, die macht sowieso nur, was bezahlt wird). Bin gespannt, wie die Stellungnahme der Red. ausfällt, sofern überhaupt eine kommt.

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Sebastian 19. Mai 2015 um 16:51

Inzwischen gibt es eine Stellungnahme: http://www.westfalen-blatt.de/Ueberregional/Artikel/1981377-In-eigener-Sache-Stellungnahme-zum-Artikel-Unsere-Toechter-schuetzen

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m 19. Mai 2015 um 21:09

Andere Meinungen sind schwer zu ertragen, Herr Knüwer, ich verstehe das. Und wenn andere dann noch die Frechheit zu besitzen diese zu veröffentlichen — ja dann, ja ne das geht echt zu weit. Schnappatmung.

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m 19. Mai 2015 um 21:13

@Thomas Wie weit ist denn „weit genug“? Wann ist Ihre perfekte Gesellschaft hergestellt, das Paradies erreicht? Wer muss dafür alles gehen?

Wer wen leibt, fickt, heiratet ist mir egal. Bei mir selbst ist das alles auch nicht so ganz klar. Aber hier zeigt sich dann auch bei jemanden wie Ihnen, wie eingeschränkt der eigene ach so „progressive“ Horizont doch ist.

„Meine favorisierte Form des Zusammenlebens hat zu gelten, für Alle und abweichendes davon muss _sofort_ abgestraft werden.

Journalisten…

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somaro 20. Mai 2015 um 11:24

@m:
Sie könnten mir und Herrn Knüwer helfen: Wo ist denn da die Meinung mit Ahnung, welche man zulassen sollte?
Frau Eggert schreibt, dass Homosexualität Kinder nur verwirrt und zwar deshalb weil es eine Sache zwischen Erwachsenen ist.

Denken Sie eine Sekunde weiter, bedeutet das, dass diese Frau mit der Meinung hausiert, dass Sexualität erstens sich erst im Ewachsenenalter bildet (wann auch immer das sein soll) und zweitens, dass es äußere/erzieherische Einflüsse gibt, die das bestimmen können.

Der Vater ist ja auch ein Heuchler. Dem geht es offenbar gar nicht um die Homosexualität, er will sich nur nicht damit auseinandersetzen, dass die Ehe auch nicht nur Mann und Frau zur Verfügung steht.

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Calvero 21. Mai 2015 um 8:34

Hat eigentlich schon jemand geklärt, ob die Frage überhaupt echt war? Es ist ja kein großes Geheimnis, dass viele „Leserfragen“ und auch Leserbriefe in der Yellow-Ratgeber-Press sich von der Redaktion selbst ausgedacht und ausgeschmückt werden.

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Chris Kurbjuhn 21. Mai 2015 um 10:15

@Calvero: Ich frage mich, ob es Frau Eggert überhaupt gibt. Die ist außerhalb des Westfalenblatts nicht zu finden (wenn ich nicht was übersehen hab).

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Calvero 21. Mai 2015 um 10:57

@Chris Kurbjuhn Ich würde da nichts ausschließen. Es könnte auch eine Art „Dr. Sommer“ sein. Auf jeden Fall wurde sie jetzt gefeuert. Vielleicht schreibt sie ja unter einem anderen Namen einfach weiter;-)

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Sprachgewalt und Brutalität 21. Mai 2015 um 11:22

[…] Empörung, nach meiner Wahrnehmung einhellig, mit leichten Abweichungen. So ein homophober “Kackscheiß” gehöre sich einfach nicht. Gesellschaftlich gefährlich. Die Facebook-Seite des Blattes […]

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Was zu einer angemessenen Entschuldigung gehört … Westfalen-Blatt im doppelten Shitstorm | Krisen-Blog 22. Mai 2015 um 11:54

[…] Ostwestfalen“). Bild und Bildblog.de, Focus.de, Stern.de und viele andere berichteten darüber. Indiskretion Ehrensache schrieb gewohnt wortstark vom „Kackscheiß“ im „widerlichen“ […]

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UJ 22. Mai 2015 um 16:28

Nee Herr Knüwer, so sehr wie ich Ihre Texte sonst schätze: diesmal sind Sie Teil der Meute geworden, ohne es zu merken.

Frau Eggert hat genau richtig auf die Frage reagiert, indem sie dem Vater geraten hat, die Sache in Ruhe mit seinem Bruder zu besprechen. Sie hat ihn weder verurteilt noch seine Ansichten bestärkt. Ihre Äußerungen waren in keiner Weise homophob, im Gegenteil, sie hat durch ihren Rat die Möglichkeit geschaffen, dass eine etwaige Homophobie des Familienvaters abgebaut werden kann. Echte Toleranz kann man nun mal nicht von außen erzwingen. Das einzige, was man tun kann, ist eine Situation herbeizuführen, die die Chance bietet, Toleranz zu entwickeln. Das hat Frau Eggert getan. Alle die nun gegen sie gehetzt, und ihr Homophobie vorgehalten haben, haben letztlich dem berechtigen Anliegen der Schwulen und Lesben einen Bärendienst erwiesen.

Jetzt noch einmal zu den Punkten, die Sie besonders aufregten, Herr Knüwer: die verwirrten Kinder und die Schwierigkeit, eine Hochzeit zwischen Homosexuellen zu organisieren.

In der Tat sind die meisten Kinder, wenn sie das erste Mal ein homosexuelles Pärchen sehen, zunächst verwirrt. Das meint aber. nicht, dass sie einen geistigen Schaden davongetragen haben.Sie haben einfach nur etwas Neues entdeckt,das so nicht in ihr bisheriges Weltbild passt und bei dem sie erstmal überlegen müssen, wie sie das finden. Nicht mehr, nicht weniger. Spannend wird es dann, wie Eltern mit ihren Kindern im Anschluss darüber reden.

Und die Aussage, dass es nicht leicht sei, eine Hochzeit für Homosexuelle zu organisieren, stimmt ebenfalls. Das liegt nicht daran, dass Schwule und Lesben zu doof dafür seien, so wie Sie es, Herr Knüwer, anscheinend verstanden haben. Sondern es heißt schlicht und einfach, dass sich gewachsene Rituale, wie sie es bei Heteros seit Jahrhunderten gibt, für die Homos noch entwickeln/festigen müssen. Das Thema wird sich, spätestens in ein paar Jahren, von selbst erledigt haben.

In beiden Punkten halte ich Ihre Aufregung für fehl am Platz und kontraproduktiv.

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Thomas Knüwer 25. Mai 2015 um 18:16

@UJ: Was die Kinder betrifft, zitiere ich einfach mal den geschätzten Spreeblick:
„Vielleicht wäre dem verzweifelten Bernhard und allen anderen Leserinnen und Lesern viel mehr geholfen worden, wenn man in der Kolumne und der Stellungnahme klargestellt hätte: Es geht hier nur in den Redaktions-, Psychologinnen- und Leserbriefausdenker-Köpfen um (Homo)Sexualität. Nicht in denen der Kinder.

Den beiden Töchtern von Bernhard würde man nämlich auf einer Hetero-Hochzeit nicht erklären müssen, welche Vorlieben das Ehepaar im Bett hat, und daher geht es auch bei einer schwulen Hochzeit nicht um die Sexualität des Paares.

Sondern es geht um zwei Menschen, die sich lieben. Was zu verstehen jedem Kind in jedem Alter problemlos gelingt, und dabei braucht man Sexualität nicht ein einziges Mal zu erwähnen und auch keine großartige Aufklärung zu betreiben. Außer der, dass es ein Fest gibt, wenn zwei sich Liebende beschließen, für immer beieinander zu bleiben. Kinder mögen Hochzeiten. Egal, wer da wen heiratet und wer wen küsst.“

Und ich weiß nicht, auf wie vielen schwulen Hochzeiten Sie schon waren, lieber UJ. Zumindest die Schwulen in meinem Freundeskreis haben überhaupt kein Problem mit Ritualen, Stil oder guten Feiern. Sie halten es exakt so, wie meine heterosexuellen Freunde: Sie feiern so, wie sie es schön finden.

Genau das macht diesen Artikel ja homophob: Die Betonung des Andersartigen setzt hier eine Bevölkerungsgruppe von der anderen ab.

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ansgar 23. Mai 2015 um 10:21

Es gibt eine Stellungnahme von Barbara Eggert dazu. Sie ist mittlerweile ihren Job los. Sie beantwortet auch die Frage, „ob es sie wirklich gibt.“
http://www.sueddeutsche.de/medien/westfalen-blatt-kolumnistin-barbara-eggert-ich-kann-nichts-homophobes-an-meinem-text-finden-1.2491169

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jochen 25. Mai 2015 um 18:31

Na, ja … ich moechte hier schon noch mal auf fefe und eine etwas moderatere Einordnung des Ganzen verweisen … und warum wegen einer vielleicht etwas misslungenen Kolumne gleich eine ganze Zeitung „widerlich“ ist erschliesst sich mir auch bei längerem Nachdenken nicht. Wie kann man als scm „Experte“ denn nur so aufgeregt sein?

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jochen 25. Mai 2015 um 18:55

Einen hab‘ ich noch – etymologisch sind Blumenkinder bei einer homosexuellen Hochzeit eh‘ fuer die Fuesse, Der durch das Bluemchenstreuen erhoffte Beistand der Fruchtbarkeitsgöttin der zu einem reichen Kindersegen fuehren soll … führt ja mal eher zu nichts. (to be honest) – Insofern waeren die Bluemnkinder eh‘ nur sinnlose Deko.

Und das wuerde ich meinen Kindern auch nicht zumuten. Deko – pfffff.

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Pacman und die homophobe Psychologin – Monatsrückblick Mai | Social Media Konzepte 13. Juni 2015 um 11:24

[…] am Sonntag“, aus dem Hause Westfalen Blatt, empfielt zunächst einem verunsicherten Vater, seine Töchter nicht auf die Hochzeit ihres homosexuellen Onkels mitzunehmen – könnte verstörend wirke…. Als die Blattmacher riechen, dass sich der homophobe Ratschlag eher zum homophilen Rückschlag […]

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