Skip to main content

Manchmal bin ich leicht auszurechnen. Gibt es zum Beispiel in einem Restaurant saisonale Sondergerichte, kickt mein FOMO aufs Schlimmste – ich will fast immer dabei sein. So auch kürzlich im Takumi, einem der vielen, wunderbaren Ramen-Läden im Herzen Düsseldorfs.

Doch was ist das Besondere an jener Suppe, die dort angepriesen wurde? Der Kellner konnte es nicht verständlich erklären, denn Deutsch sprach er nicht und Englisch nur gebrochen.

Ungewöhnlich ist das nicht und auch überhaupt kein Problem, das Radebrechen ist Alltagsdisziplin in einer Stadt mit einer derart großen Asien-Community.

Sehr bald könnte das aber alles anders verlaufen – dank Apple.

Gestern streamte der Konzern seine Keynote mit dem iPhone 17 und dem neuen iPhone Air im Mittelpunkt. Seit Jahren ist die mediale Resonanz weitgehend gleich auf die Ankündigungen: Man will enttäuscht sein. Das macht die Sache auch bequem, dann ist Nachdenken nicht weiter nötig. Hier ein Beispiel:

Mir dagegen fiel gestern Abend die Kinnlade ins Butterbrot. Nicht wegen des iPhones, sondern wegen einer Funktion, die unsere Gesellschaft nicht nur bei Nachfragen zu japanischen Nudelsuppenvarianten maßgeblich verändern könnte.

Mit den Airpods Pro soll die Simultanübersetzung von Gesprächen möglich werden. Hätte unser Kellner die Apple-Kopfhörer in den Ohren gehabt, wäre in seinen Gehörgängen unsere Stimme leiser geworden und eine Dolmetscherstimme hätte ihm gesagt, was unsere Fragen sind.

Für seine Antwort hätte es zwei Optionen gegeben. Hätten wir selbst keine Airpods im Ohr gehabt, hätte er seine Antwort aussprechen und die Übersetzung auf dem Bildschirm seines iPhone vorzeigen können.  Ansonsten hätten wir in unseren Airpods direkt die Übersetzung hören können.

Die Auswirkungen dieser Technik auf unser Zusammenleben könnten erheblich sein. Die platteste Veränderung findet im Urlaub statt: Wir könnten mit Einheimischen in fernen Ländern auf Augenhöhe kommunizieren und sie mit uns. Doch es geht weiter: Ausländische Arbeitskräfte könnten wesentlich schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden. In mehrsprachigen Notsituationen könnte Hilfe effizienter und schneller erfolgen.

Die Negativseite: Es könnte auch sein, dass der Drang, Sprachen zu lernen, zurückgeht. Das ist mehr als nur eine Frage von Hobbys. Wenn ich in einem fremden Land arbeite und mich nur auf Kopfhörer verlasse, könnte es sein, dass ich die einheimische Sprache nie lerne und deshalb schlechter in die Gesellschaft integriert werde.

Dieser barrierearme Dolmetscher ist eine echte Innovation. Umso alberner wirkt die Kommentierung, dass Apple bei KI zurückliege: Übersetzung, erst recht in Echtzeit, IST KI. Und zwar in Reinform.

Auch das dünne iPhone Air ist mehr als eine Geschmacksfrage. Aktuelle Handys sind so klobig geworden, dass sehr viele Menschen sie in durchsichtige Schutzhüllen mit Ketten daran packen und sie offen um die Schulter gehängt tragen – das Handy wird so zum sichtbaren Statussymbol.

Wird das Air zur Grundarchitektur aller iPhones, wären diese kompatibler zu Hosen- und Handtaschen – und verschwinden wieder aus dem Sichtfeld. Das dürfte den Impuls senken, sie offen auf dem Restauranttisch abzulegen oder direkt einen Blick draufzuwerfen, wenn jene Schulterkette vibriert. Auch dies: eine Veränderung unseres Zusammenlebens.

Technologie ist eben weit mehr als nur Geräte mit ihren Leistungsdaten und einem Preis. Sie sind die Verbindungsstücke zur Nervenbahn unserer Gesellschaft. Was sie technisch leisten, ist zweitrangig – viel spannender ist, was sie bewirken.


Keine Kommentare vorhanden


Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*