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Es gibt einen kulinarischen Grund, warum mich der Zurückzug meiner Lieblingskonferenz re:publica in die Station Berlin freut: Direkt nebenan liegt das Brewhouse der Craft-Brauerei Brlo. Und dort kann man eine ganz eigene Form der modernen Brauhausküche genießen und das zu Preisen, bei denen wir Düsseldorfer hysterisch kichern vor Glück: Beim jüngsten Besuch verließen mein Mit-Chef Frank Horn und ich das Brewhouse mit an die Kapazitätsgrenze gefüllten Mägen und einem ordentlichen Pegel und hatten pro Person 60 Euro gezahlt.

Als ich meine Begeisterung über das Lokal aber mit Berlinern teilte, hörte ich mehrfach: „Da essen? Viel zu teuer!“

Nun gibt es Menschen, die sich solch ein Essen nicht leisten können und solche, die es sich nicht leisten wollen. Das eine ist traurig, das andere OK. Doch liegt in diesem Satz eben auch eine Wertung – und die zeigt, dass zu viele Menschen leben in einem Märchenland, geht es um Essen und Trinken.

Denn ich habe bei einer dieser Personen mach nachgehört. Und es stellte sich heraus, dass sie durchaus Gastronomien besucht, zum Beispiel den Italiener um die Ecke. Dort bekommt sie in diesem Fall tapfere Nudeln, fragwürdigen Wein – und zahlt mehr.

Gern werden Politiker gefragt, wieviel ein Liter Milch oder ein Pfund Butter kostet, mit dem Ziel, damit ihre Volksnähe zu testen. Dabei sind die allermeisten Menschen sich gar nicht bewusst, was wieviel kostet. Noch weniger aber wissen sie, weshalb es das so ist.

Dadurch entstehen dann Ambivalenzen wie diese:

Menschen möchten alles in Bio-Qualität bekommen – aber natürlich günstig.

Sie fordern, dass alle vegan leben sollen – und natürlich soll das Obst und Gemüse von kleinen Landwirtschaften stammen, die extensiv betrieben werden.

Überhaupt wollen sie ihre Lebensmittel nicht von angeblich bösen Großkonzernen – doch die Produkte von kleinen Herstellern sollen genauso viel kosten.

Sie möchten, dass alle an der Produktion und dem Vertrieb Beteiligten der Nahrungskette fair bezahlt werden – regen sich aber darüber auf, dass im Restaurant Hauptgerichte über 20 Euro kosten.

Und Trinkgeld? Na, da muss das Aufrunden bis zum nächsten, vollen Euro reichen.

Unsere Besetzung bei der rp23 (v.l.): Carmen Hillebrand, Ilona Scholl, Thomas Knüwer, Katharina Kurz, Annemarie Paulsen, Lee Greene.

Auf der jüngsten re:publica durften wir mit unserem Podcast Völlerei & Leberschmerz zum dritten Mal auf die Bühne und wollten versuchen, hier Aufklärung zu leisten. Dafür luden wir uns drei fantastische Gäste ein, um zu erfahren, wie sie in ihren unterschiedlichen Feldern Preise kalkulieren und mit steigenden Kosten umgehen:

Annemarie Paulsen vom Biohof Paulsen in der Uckermark berichtete über den Wechsel von der konventionellen Landwirtschaft zum Bio-Hof und welche Kosten damit verbunden sind.

Katharina Kurz, Mitgründerin von Brlo, haderte mit steigenden Kosten aber nur bedingten Chancen, dies auf die Preise zu übertragen.

Ilona Scholl, Gastgeberin und Mitbesitzerin des 1-Sterne- und 4-Hauben-Restaurants „Tulus Lotrek“, sprach über Menü-Kalkulationen und Nachwuchssorgen.

Hören können Sie die sehr muntere Stunde dort, wo Sie Podcasts hören, auf unserer Homepage, oder hier:

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Kommentare


Tim 6. August 2023 um 11:34

"dabei sind die allermeisten Menschen sich gar nicht bewusst, was wieviel kostet."

Noch weniger ist den Menschen übrigens bewusst, wieviel Fläche die Herstellung der Lebensmittel benötigt, vor allem bei Getreide und Kartoffeln (Gemüse ist relativ egal). Selbst auf hervorragenden Böden liegt der Ertrag bei Bio-Anbau mindestens 20 % unter konventionellem Anbau, bei schlechteren Bedingungen können es bis zu 50 % sein. Entsprechend größer ist der Flächenverbrauch.

Der Flächenverbrauch gehört als Pflichtangabe auf jedes Lebensmittel.

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