Nichts demonstriert die Bedeutung der Technologie für unser Alltagsleben besser als die Testimonial-Werbung des Jahres 2013. Denn einst waren es vor allem Luxusmarken, die Schauspieler und Sportler mit ihren Produkten ausstatteten um die Waren begehrlicher zu machen. So hielt Steve McQueen Tag Heuers Monaco in die Kamera und Audrey Hepburn trug Givenchy. Später wurden die Fan-Magneten eingeladen, sich – zumindest für die PR-Meldungen – aktiv an Kollektionen zu beteiligen. Weniger luxuriöse Marken bekamen Stars dagegen nur für viel Geld. So zahlte Pepsi 50 Mill. Dollar an Beynoncé und auch Michael Jackson tanzte nur für viel Geld zu Gunsten der Limonade.
In diesen Tagen sehen wir, wie die Tech-Industrie die Rolle der Luxusgüterbranche übernimmt. Denn Schauspieler Ashton Kutcher und Lenovo schlossen vorgestern einen Deal, der in der Modeindustrie dem „Entwerfen einer eigenen Kollektion“ entspricht. Der „Two and a half men“-Star darf sich künftig „Produktingenieur“ von Lenovo nennen.
Dass die Stars in diesen Funktionen tatsächlich aktiv an der Gestaltung von Produkten mitwirken, darf bezweifelt werden. Zum Start ist von Kutcher die übliche PR-Luft zu vernehmen: “Die Partnerschaft mit Lenovo vereint meine Liebe zu Technologie und Design, das unser Leben besser macht. Ich kann es kaum erwarten, mich reinzugraben und Lenovo zu helfen, mobile Computerprodukte für die Zukunft zu entwickeln, angefangen mit dem Yoga-Tablet. Lenovo dreht sich ganz um Innovation und starke Führerschaft. Unternehmertum ist Teil ihrer DNA, ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen.“
Immerhin: Kutcher hat tatsächlich Erfahrung mit Technologie. Zum einen über seine Produktionsfirma Katalyst Media, zum anderen als Internet Investor. Unter anderem war oder ist er beteiligt an den Star-Unternehmen Skype, Foursquare, Path und Flipboard. Nicht alles aber wurde zu Gold, wenn Kutcher es berührte: Das viel umjubelte Berliner Startup Amen fuhr laut krachend – und mit einiger Häme der Hauptstadt-Szene bedacht – gegen die Wand.
Doch ob er tatsächlich irgendeine Art Einfluss bei Lenovo bekommt? Unwahrscheinlich.
Kutcher ist aber nicht der einzige Prominente, der statt Handtaschenkollektion einen Tech-Titel bekommt. Sängerin Alicia Keys darf sich „Kreativdirektorin“ von Blackberry nennen. Oder besser: Blackberry darf sie so titulieren, genauso wie Intel das Black Eyed Peas-Mitglied Will.i.am „Direktor für kreative Innovationen“ (gibt es eigentlich auch andere?).
Es spricht für den Stellenwert von Technologie, dass Hollywood-Künstler sich mit Management-Titeln bei Handy- oder Computerherstellern locken lassen. Dafür dürfte nicht allein ein Anruf beim Agenten des Stars reichen. Traditionell braucht es für solche Kooperationen gute Drähte zwischen den Markenverantwortlichen und der Sphäre aus Sängern und Schauspielern, wie Jack Heuer erzählt, der Doyen des Uhrenherstellers Tag Heuer: „In meiner USA-Zeit lernte ich den Property Master Don Nunley kennen. Er war derjenige, der für Filme die Requisiten besorgte, und ich versorgte ihn mit Armbanduhren. So kam es dazu, dass beispielsweise Jack Lemon und andere Stars unsere Uhren in Filmen trugen.“
Dass Firmen wie Blackberry, Lenovo oder Intel überhaupt Zugang erhalten, zeigt wie sehr Technologie heute Teil der Luxusgüter- und Lifestyle-Branche geworden ist. Die Begeisterung der Promis für Technik nutzen auch Startups aus – per Investment. So bescherte die Meldung über Kutchers Beteiligung Amen eben eine exponierte Position unter den zahlreichen Berliner Startups. Ähnliches könnte nun der Videoplattform Hangwith widerfahren: Hier beteiligte sich Rapper 50Cent, wie das Unternehmen gestern bekannt gab.
Damit reiht er sich in eine große Riege von US-Stars ein, die mit überschaubarem Geldaufwand Internet-Unternehmen voranbringen wollen. Prominentestes Beispiel ist sicher Justin Timberlake, der Myspace zu alter Größe verhelfen soll – ohne signifikanten Erfolg bislang. Basketball Star Steve Nash dagegen ist Mitgründer des Venture Capital-Unternehmens Consigliere, das immerhin an interessanten Firmen wie dem Pröbchenversand Birchbox und dem Online-Schmucklabel Chloé & Isabel beteiligt ist.
Auch Teenager-Sirene Justin Bieber ein Startup-Geldgeber. 2012 sagte er „Forbes“: „Ich investiere nicht in etwas, was ich nicht mag; ich muss an das Produkt glauben.“ Dutzende von Beteiligungen soll der Sänger haben, behauptet sein Manager. „Forbes“ konnte vier bestätigen – und die haben es in sich. So dürfte Biebers Reichtum sich nach der Übernahme des Empfehlungsdienstes Stamped durch Yahoo gemehrt haben; das Location-Startup Sojo Studios erhält immer wieder Lob, die Messaging-App Tinychat zählt 1,5 Millionen Facebook-Fans. Vor allem aber: Bieber ist beteiligt am weltweit boomenden Musikstreaming-Marktführer Spotify.
In Deutschland ist solches Promi-Anlageerhalten bisher eher unbekannt. Vielleicht wirkt auch hier – wie an der Börse – die Zeit der New Economy nach. Damals steckte Boris Becker zum Beispiel Geld in Sportgate – und musste nach dessen Insolvenz noch 100.000 Euro nachzahlen. Obwohl, einen gibt es auch in Germany, der im Web aktiv Geschäfte macht: Oliver Kahn ist maßgeblich beteiligt an der Fußball-Umfrage Plattform Fanorakel. Die könnte, spekulierte recht wild „Die Welt“, sogar in absehbarer Zeit an die Börse gehen.
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