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Nun also hat sich die Regierungsfraktion für ein Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Ich habe meine Meinung darüber schon mehrfach aufgeschrieben: Dieses Gesetz ist die neue Kohlesubvention für eine innovationsunwillige Industrie namens Print-Medien, die im Gegenzug für verfassungsrechtlich gewährte Sonderrechte die Öffentlichkeit und die Politik belügt.

Diese Aussage gilt, egal wie die Finanzspritze für die künftig politisch nicht  mehr unabhängigen Medienhäuser nun aussieht. Genau da aber ist der Haken: Denn es scheint, nicht einmal die CDU weiß so genau, was sie da beschlossen hat.

Der veröffentlichte Text lautet:

„Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen. Damit werden die Presseverlage an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt, die diese – mit der bisher unentgeltlichen – Nutzung der Verlagserzeugnisse erzielen.“

Das klingt ganz klar nach einer Lex Google. Nur bedeutet das gleichzeitig: Zitate sind künftig nicht mehr möglich. Das Unterlaufen des Zitatrechtes zerschmettert jedoch eine der Säulen der Pressefreiheit – es ist ein unmittelbarer Angriff auf die Demokratie.

Die klügeren unter den CDU-Leuten wissen das. Und so meldet sich nun der Vorsitzende des Arbeitskreises Netzpolitik der CDU Deutschland zu Wort – Michael Kretschmer. Über die Homepage der Partei verbreitet er folgende Interpretation des Leistungsschutzrechts:

„Zudem müssen sogenannte „Snippets“ freigestellt bleiben. Diese Teile einer Webseite, die vom Presseverleger extra für Suchmaschinen und Aggregatoren bereitgestellt werden, können nicht vom Leistungsschutzrecht erfasst werden. Andernfalls entstünde das Problem, dass nahezu jeder, der einen Presseartikel mit einem beschreibenden Text verlinken will, eine Lizenz bräuchte.“

Teile einer Webseite, die „extra für Suchmaschinen“ bereitgestellt werden? Mutmaßlich meint er damit die Meta Description, die sich wahlweise ergänzen lässt. Nur: Das machen bei weitem nicht alle Seitenanbieter. Oder meint Kretschmer Snippets allgemein? Was soll dann überhaupt unter das Leistungsschutzrecht fallen? Es gibt kein Komplettkopien von Artikeln bei Suchmaschinen. Dann könnte man in Berlin einfach mal Geld sparen, indem der Unsinn gestoppt wird.

Nun kann man der CDU nicht vorwerfen, im Jahr 2012 auch nur ansatzweise so etwas wie Digital-Kompetenz entwickelt zu haben. Da passt es ins Bild, dass über dem Leistungsschutzrecht eine Kakophonie des Unsinns ausbricht. Fast schon verzweifelt twittert auch Alvar Freude heraus: „WER GENAU soll beim #LSR denn nun für WAS GENAU bezahlen? Wer GENAU soll profitieren?“

Die Antwort lautet: Weiß keiner. Wieder einmal beweist Deutschlands Politik, dass sie vom 21. Jahrhundert noch ein Jahrzehnt entfernt ist. Man könnte es lustig finden – wenn es nicht so tieftraurig wäre.


Kommentare


Boomel 5. März 2012 um 22:22

Lernen durch Schmerz – Piratenpartei

Was aber oft vergessen wird ist leider das hinter einigen renditegeilen Verlegern viele Tausend Menschen ihren Arbeitsplatz haben. Das stresst am meisten…
Schuld daran ist aber nicht das Internet sondern fehlendes Unternehmertum.
my2cents

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Jonas 5. März 2012 um 22:58

Die „Rechnung mit Wirt“ wird dann so aussehen:
-Webseiten von Mitgliedsunternehmen des Vdz werden aus dem
Index von Google (und kurz danach aus BING etc) verschwinden
-Die Zeitungen werden merken, dass ihnen 80%traffic fehlt
-Sie werden ‚kostenlose‘ Inhalte vor eine Paywall stellen und Google anflehen, diese zu indizieren.
Macht aber nichts, bis dahin sind die (Print-)Mutterschiffe sowieso alle pleite, Vorbote: (http://c519620.r20.cf3.rackcdn.com/wp-content/uploads/2012/02/newspaper-1024×705.jpg)

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CeBIT, Leistungsschutzrecht, Yahoo | techslash.de 6. März 2012 um 7:27

[…] Springer Verlag, hält viele Sorgen der Kritiker um das Leistungsschutzrecht für unbegründet. Indikretion Ehrensache (Knüwer), Stefan Niggenmeier, BDZV, Der Presseschauder […]

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Kurz vor 9: Fab.com, Couponing, iPad 3, ProSieben Sat1, RelayRides, Online-Werbung, Gilt, Dress-for-less, Lovefilm, Samwer-Brüder | etailment 6. März 2012 um 8:17

[…]  Zitat des Tages:  “Ich befürchte, dass so eine Regulierung die Verbreitung des Internets bremsen könnte, weil sie zu zusätzlichen Kosten und Reibungsverlusten führt.” Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt über die Pläne der Bundesregierung, ein Leistungsschutzrecht für Verlage einzuführen, dass dann auch Google zu Kasse bitten würde. Pro und Contra. […]

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Lobo 6. März 2012 um 9:02

Ja, und wie gehts nun weiter?
Ich hoff ja irgendwie drauf, das – wie immer – solche Sinnlosgesetze vor Gericht ordentlich zerfetzt werden… und langsam es sich mal auch rumspricht, das man Politik nicht mehr so einfach kaufen kann.
Naja, mal schaun. Ich blick gespannt in die Zukunft. 🙂

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Grumpy 6. März 2012 um 9:55

Tellerrand? Was für ein Tellerrand?

Die Koalition der Leistungsschutzwilligen hätte ja auch einfach mal kurz nach Belgien schauen können (oder halt einfach mal in einer Suchmaschine), wo sich Sommers letzten Jahres die Verlage in den Staub geworfen hatten, nachdem sie gerichtlich hatten durchsetzen lassen, Suchmaschinen dürften keinerlei Inhalte von Ihnen mehr ‚republizieren‘ – und Google kurzerhand einfach dies umsetzte, indem sie alle Inhalte von Verlagen einfach rechtlich einwandfrei rausnahmen.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-nimmt-belgische-Zeitungen-wieder-in-seinen-Suchindex-1281611.html

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Simon 6. März 2012 um 11:48

Die häufig gelesene Argumentation, dass ja auf Google News keine Werbung geschaltet wird und somit auch kein Gewinn erzielt wird läuft m.E. etwas in Lehre, da ja Google auch hier die Informationen sammelt die für ihr Targeting wichtig sind. Ich bin mir nicht sicher ob alle in der CDU das verstehen ^^ aber ich gehe schon davon aus, dass man versuchen wird mit so einer Art von Begründung Google zur Kasse zu bitten.

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Frank 6. März 2012 um 12:07

sueddeutsche.de, bild.de, faz.net und welt.de nutzen das meta name=“description“ für Snippets. Zum Beispiel bei faz.net: „Obama setzt im Konflikt mit dem Iran auf Diplomatie und Sanktionen – doch Netanjahu zweifelt an einer friedlichen Lösung. Das Verhältnis Amerikas…jetzt lesen“

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Tim 6. März 2012 um 12:39

Man weiß bei CDU-Politikern leider nie, wie ernst sie unsere Verfassung nehmen. Wohl die gefährlichste Partei, die es derzeit in Deutschland gibt.

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Musenrössle 6. März 2012 um 16:36

Also eine Sache verstehe ich nicht:

Wieso machen CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne eigentlich seit Jahren so permanent und penetrant Wahlwerbung für die Konkurenz? 😉

Noch bei der letzten Bundestagswahl konnte ich mir nicht ernsthaft vorstellen die Piraten zu wählen (Standen die da überhaupt schon zur Wahl?) und inzwischen denke ich sogar über das für mich früher undenkbare nach:

Mitglied in einer Partei – natürlich bei den Piraten – zu werden, um mich gegen sowas zu engagieren, weil es einfach nicht mehr zu ertragen ist, wie die etablierten Parteien unsere Freiheit und Demokratie Stück für Stück zerstören. 🙁

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Guttenberg-Galaxis gegen Google » Computer, Szene » Hightech und Blech 6. März 2012 um 16:54

[…] für verfassungsrechtlich gewährte Sonderrechte die Öffentlichkeit und die Politik belügt. [ Indiskretion Ehrensache ] Noch vor einem Jahr tönte Hans-Joachim Otto, parlamentarischer Staatsekretär im […]

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zeugs am dienstag « blubberfisch 6. März 2012 um 17:00

[…] sich die koalition bei diesem leistungsschutzrecht gedacht hat, weiss wohl nur sie allein … würde die echte cdu bitte aufstehen? (indiskretion […]

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Kommentator 6. März 2012 um 18:18

Das Problem ist ja eigentlich viel tiefergehend als der Popcorn-Krieg „LSR-Allstars vs. The almighty masters of ze search engines“…

Aber, hey: Popcorn!

(Keine Sorge, auch ich werde, weiterhin und immer wieder, einen ernsthaften Beitrag zur Sache leisten, Latschdemos, Petitionen und so. Hin und wieder hilft mir „Hey: Popcorn!“ aber über die Enttäuschung angesichts der nicht endenwollenden undemokratischen Zumutungen hinweg und lädt meine Energiezellen neu auf. *knusper*)

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auf stehen 7. März 2012 um 2:04

Mehr Technizität wäre zu begrüssen. Siehe Posting #6 von Frank.
HTML ist für Menschen. Die lesen und interpretieren. XML ist für Computer. Da gibts noch Zusatz-Infos oder auch Micro-Formate um Telefon-Nummern, Adressen u.ä. zu markieren. Daran scheitert Googles Suche aktuell aber noch deutlich. Ich will alle Siemens-Berichte finden indem ich die WKN eingebe weil die Seiten – evtl in mehreren Schritten z.b. WKNTickersymbolWorte wie ‚Siemens AG‘ in Webseite – von Google verkappt verschlagwortet werden.

Das mit den Snippets mag also eine Ausdrucker-Idee sein, ist aber gar nicht so unschlau und auch kein großes Problem. In Papers o.ä. finden sich ja auch oft „Abstracts“. Wer in news-Google mal Berichte nach Datums- bzw. Zeitbereichen gesucht hat, erkennt wie schlecht die Suche dabei funktioniert. Technisch strukturierter Texte bei Google unterzubringen als wie aktuell nur Volltexte die man dann irgendwie durchsuchen kann, aber bei Metadaten (Datum, Suche alle Artikel von „T. Knüwer“, …) kann nicht schaden.

Davon abgesehen würde ich aber auch begrüßen, wenn die Agenturmeldungen unter 20-80 Zeitungs-Namen bei news-Google verschwinden würden und dort nur noch die originale Agenturmeldung zu finden ist. Die zig Wiederholungen auf Lokalzeitungs-Webseiten gehen mir auf den Keks und Google sollte diesen „Duplicate Content“ ausfiltern. Die Lokalzeitungen können und sollen es ruhig weiter in ihre Webseiten einbauen und auf Papier drucken aber wenn man keine Eigenleistung reinsteckt sollte es bei news-Google und auch bei Google-Websuche gegenüber der Originalmeldung im Hintergrund stehen.

Von Piraten und Gewerkschaften ist leider nicht viel zu erwarten 🙁
Fachzeitschriften und Tageszeitungen hatten wohl -7% Brutto-Werbung gegenüber Vorjahr. Sowas ist ein Problem. Demnächst können vielleicht die Großverlage die kleinen Verlage günstig aufkaufen. Desinformierter wird man davon aber nicht.
Wie Heveling schon in etwa sagte bzw. implizierte: Die demokratieverstärkende wirksame Kontrolle und Transparenz durch die Presse führt dazu, das Politik immer besser und fehlerfreier und Formel1 immer schneller wird. Wieso bloß haben wir dann Schulden… .

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"Man kann man der CDU nicht vorwerfen, im Jahr 2012 auch nur ansatzweise so… | Die Sockenseite 23. März 2012 um 16:46

[…] "Man kann man der CDU nicht vorwerfen, im Jahr 2012 auch nur ansatzweise so… Posted on 5. März 2012 by "Man kann man der CDU nicht vorwerfen, im Jahr 2012 auch nur ansatzweise so etwas wie Digital-Kompetenz entwickelt zu haben." https://www.indiskretionehrensache.de/2012/03/cdu-leistungsschutzrecht/ […]

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dosentelefon.eu – Leistungsschutzrecht II 25. März 2012 um 10:24

[…] } }); Ich stimme ja beileibe nicht immer mit Thomas Knüwer überein, aber dieser Post auf indiskretionehrensache.de  ist gut und richtig. Related Posts:Jimmys Kampf gegen das Leistungsschutzrecht Guter ZDF-Beitrag […]

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Leistungsschutzrecht II – dosentelefon.eu 30. Juni 2013 um 0:58

[…] stimme ja beileibe nicht immer mit Thomas Knüwer überein, aber dieser Post auf indiskretionehrensache.de  ist gut und […]

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