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Zunächst einmal klingt die Idee komplett behämmert: Der FC Bayern München will ein eigenes Social Network gründen. So meldet es „w&v“. In bekannt bayerisch-breitbrustiger Art verkündet dann der Club-Direktor für Neue Medien, dass MyFCB fast alle Funktionalitäten von Facebook habe – was natürlich Humbug ist. Denn Facebook ist eine offene Plattform und das wird MyFCB ganz sicher nicht – denn das könnte der Verein gar nicht in den Griff bekommen. Auch ein Like-Butten-Gegenstück soll es geben, „Guad“ soll drauf stehen.

Seien wir ehrlich: Mutmaßlich ist diese Idee  auch behämmert.

Aber.

Es besteht die geringe Chance, dass dieses Netzwerk uns demonstriert wie sehr auch in Deutschland das Social Web Alltag in den weitesten Teilen der Bevölkerung geworden ist.

Denn zunächst einmal besteht bei vielen Menschen außerhalb der digitalen Vielnutzer eine Abneigung, sich bei einem weiteren Dienst anzumelden. Doch schon der Erfolg von Google+ hat bewiesen, dass die Zahl der Ausprobierer in Deutschland steigt. Und natürlich sind Sportvereine für ihre Anhänger etwas hoch emotionales, weshalb ein großer Teil der Bayern-Fans sich anmelden wird. Schließlich lckt der FCB mit exklusiven Inhalten, vielleicht gar exklusiven Zugang zu Stars.

Der Knackpunkt des Projektes wird sein: Werden die Fans dies auch nutzen? Denn Nicht-Fans werden kaum zugegen sein. Außerdem gibt es schon heute digitale Kommunikationsstrukturen, allein auf Facebook zählt der FCB 3,3 Millionen Fans. Sollen die alle umziehen? Oder zwei Netzwerke nutzen? Wenn dies gelingt, dieses zweite Netzwerk, wäre das für mich ein Signal, dass Social Media Alltag geworden sind und die meisten Menschen sie selbstverständlich nutzen. In einem Teilbereich gibt es ein Indiz dafür: Xing schreibt weiter schwarze Zahlen – obwohl so viele unter den Digital-Vielnutzern klagen, der Dienst bringe doch nichts.

Meine Ahnung in Sachen MyFCB allerdings ist eine andere: Ich glaube, der FC Bayern übernimmt sich. Einerseits erahne ich den Fehlglauben Kommunikation kontrollieren zu können. Denn Digital-Direktor lobt einen Dislike-Butten „Net Guad“ denn dieser mache deutlich, „dass wir auch offen sind für Kritik“. Kritik NUR per Button? Dann ist sich der Club nicht bewusst, wie schnell auch im eigenen Netzwerk ein Shitstorm entstehen kann – und dem muss sich der Club dann definitiv stellen, denn sonst verliert er die Nutzer seines Angebots. Das wird eine heftige Menge Community Management erfordern.

Der andere Punkt ist die technische Abwicklung. Ein Social Network macht sich nicht mal so eben, das mussten selbst Dienste erleben, die ein satte Größe und gewisse Umsätze erreicht hatten wie StudiVZ. Wer eine substanzielle Zahl von Nutzern einsammelt wird automatisch ein Ziel von Hackern. Und wer sich ohnehin so exponiert wie der FCB darf natürlich auch erwarten, dass die Anhänger anderer Clubs versuchen werden, MyFCB für ihre Zwecke umzudrehen.

Da hat sich der FC Bayern eine Menge vorgenommen. Wird er es schlucken können? Schau mer mal – zumindest sind die Verantwortlichen ja für voluminöse Cava Oris bekannt.


Kommentare


ABc 19. März 2012 um 21:03

Ein solches Fanportal ist ein wirtschaftliches und technisches Abenteuer! Datenschutz und ähnliche Themen werden daher bald genauso auf den Fcb einschlagen wie aktuell auf Facebook. Klar ist ja vor allem eins: das portal dient der Kommerzialisierung – genau deshalb werden alle Schritte der Fans beobachtet: damit aus Fans Kunden werden, die noch mehr Geld dort lassen als bisher … Koennte bei Verstößen gegen den Datenschutz auch ein teurer Spass werden.

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Kino.to, FC Bayern München, Dropbox | techslash.de 20. März 2012 um 8:01

[…] Der FC Bayern München startet für seine Fans ein eigenes soziales Netzwerk. Unterzeile: “Mia san mia”. Das Netzwerk soll über facebook-ähnliche Feature verfügen. So heißt der Like-Button “Guad”. Start ist der 28. März. Jürgen Vielmeier (Basic Thinking) und Thomas Knüwer (Indiskretion Ehrensache) können dem Vorstoß der Bayern durchaus etwas abgewinnen. W&V, myfcb (FCB Netzwerk), Basic Thinking, Indiskretion Ehrensache […]

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FS 20. März 2012 um 10:37

Dass selbst emotionale Themen in Verbindung mit hohen Mitglieder/Sympathisanenzahlen kein aktives Netzwerk bedeuten, sieht man übrigens bei den politischen Parteien. Die SPD-Blogs dümpeln nahezu ungenutzt vor sich hin, my.fdp.de ist selbst in Wahlkampfzeiten tot, das CDU-Mitgliedernetz auch, bei den anderen wird es nicht besser sein. Dabei ist Politik (wie Sport) ein Thema bei dem eigentlich jeder mitreden kann.

Man kann annehmen, dass MyFCB ähnlich enden wird.

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Lucas von Gwinner 20. März 2012 um 12:42

Ist denn die Vorstellung von „Brand Networks“ tatsächlich so unwahrscheinlich? Muss ja gar nicht gegen Facebook positioniert sein, sondern vielleicht einfach daneben. Ein digitaler Ort an dem die Marke stattfindet, wo ich als Fan dabei sein kann. Teile dieses Orts könnten dann immernoch bei facebook stattfinden, oder auf der Website oder auf Events oder sonstwo.

In dem Zusammenhang würde mich mal anderer Leute Meinung zu www.contain.com interessieren, der White Label Social Media Lösung für Marken.

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Thomas Knüwer 20. März 2012 um 12:47

@Lucas Ich halte das für schwierig. Zunächst einmal müsste die Marke eine Plattform bieten, die sie einerseits technisch, andererseits community-mäßig betreiben kann. Warum also nicht nutzen, was schon da ist?

Zum anderen ist diese Idee natürlich getrieben von der Hoffnung, die Verbraucher doch wieder dem Willen des Unternehmens unterordnen zu können. Doch ich glaube, das wird einfach nicht passieren. Weil wir Menschen vielschichtiger sind und Inhalte teilen wollen, wir wollen uns über alle möglichen Dinge unterhalten und das auf der Plattform, die uns passt – nicht einem Unternehmen. Die Zahl der Unternehmens-betriebenen Communities ist in den vergangenen 12 Jahren einfach verdammt gering.

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RJonathan 20. März 2012 um 14:44

Übrigens – das hier scheint mir die Stellenausschreibung für die zukünftigen CMs des FCB zu sein:
http://www.apareo.com/wp-content/uploads/2011/12/apareo_community-manager_20111215.pdf

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Waden wickel 21. März 2012 um 4:53

War Microsoft nicht neulich für die Abschaffung der Länder-Datenschutzbeauftragten ? Siehe „Wirtschaftsrat der CDU“ 2.März 2012.

FC-Bayern-München wird vielleicht wohlwollender behandelt als US-Firmen.

Ich glaub daran wenn ich es laufen sehe. Solche Ankündigungen erinnern mich an Galileo, Tesa-Rom, Bitkom, Hercules, Inpol neu, Elena, Elster, Toll Collect, Vista, WinFS und die Gesundheitskarte und was ich noch vergessen habe.

Über OpenID oder APIs wie bei Facebook und Twitter kann jeder die Einstiegshürden fürs mitmachen niedriger legen. Pinterest meinte wohl, das sie Twitter bzw. Facebook die Useraccounts verwalten lassen und sich selber nur aufs Kerngeschäft konzentrieren.

Interessant wären solche (Web- und Mobil-) Angebote im Prinzip für alle Vereine bzw. Freizeit-Aktivitäten und Sportarten bzw. Wettbewerbe. Vereine mit weniger Geld als FC-Bayern München könnte man Hosting-Dienstleistungen für alles Mögliche als Baukasten anbieten . Wer-kennt-Wen zielt aktuell wohl auch auf Vereine ab.

Apps um z.b. freie Sitzplätze für alle DFB-Spiele und Meinbus-Busse zu organisieren wären z.B. auch nicht uninteressant. Fan-Schal-, Poster- und T-Shirt-Verkäufer gibts natürlich auch noch und jetzt dann auch im Web.

Foren u.ä. scheitern oft an unkonstruktivem Setup. Die aktuellen Techniken sind zu zensur-ähnlich (Postings löschen, Pinwand deaktivieren,…) und halten Trolle und Prolle oder halt „Ultras“ eher nicht wirksam ab.

Google+ ist aktuell eher etwas für „Kenner“ und Könner. Der Mainstream kommt vermutlich erst später auf den Nutzen. Wer privat und beruflich trennt, weiss auch wieso er weiter Xing (beruflich) und Facebook (privat) nutzt. Und man sieht auch, das jedes Angebot seine Kunden findet und auch Totgesagte wieder zurückkehren können wie MySpace aktuell zeigt.

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ABc 21. März 2012 um 7:04

Tja, wenn jetzt noch erfahrene Moderatoren gesucht werden, dann spricht das wohl eher dafür, dass man die bis kurz vor ende der Umsetzung des Portals noch nicht gehabt hat 😉

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» link dose 22.03.2012 22. März 2012 um 14:43

[…] MY FCB – FC Bayern mit eigenem Social Network: ein Indikator dafür, wie weit Social Web in Deutschland schon den Alltag durchdringt? Warum dieses Netzwerk besonders viel Management erfordern wird und was es mit dem Dislike – Button auf sich hat… […]

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anton 28. März 2012 um 20:37

naja, immerhin zwei Jubelposts der Fans beim 0:1 gegen Marseille. Spricht für wenige Fans – vor allem dann, wenn man die Moderatoren auch noch abzieht. Fragt man sich also: Wie viele Fans waren während des Spiels überhaupt im Portal drin. Es hat jedenfalls nicht an PR gefehlt, wenn zu wenig Leute drin sein sollten … dann könnte es das Angebot selbst sein, das nicht bei den Fans verfängt.

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