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Ich mag keine Heuchler. Und deshalb finde ich eine Meldung von den Kollegen der „Wirtschaftswoche“ eher eklig. Sie handelt von Alexander Gütler, dem Präsident der Gesellschaft Public Relations Agenturen. Er wirft sich jetzt ins Zeug, damit Blogger ganz, ganz ehrlich sind. Schwarze Schafe, die Produkte von der Industrie, vielleicht gar Geld, annehmen um positiv zu berichten, sollen gebrandmarkt werden.

Das könnte man unterstützen. Wenn die Gesellschaft Public Relations Agenturen sich mit ebensolcher Vehemenz auf die Veröffentlichtung von Zuwendungen und Textbeiträgen bei klassischen Medien werfen würde. Sie darauf drängen würde, in Texte einzubauen, wenn eine Reise bezahlt wurde, wenn ein Auto nicht bei einer Rundfahrt um das Verlagsgebäude getestet wurde, sondern in der Toskana (auf kosten des Herstellers) oder wenn jeder Techniktest den Hinweis enthalten würde, dass jenes Gerät gestellt wurde. Und anschließend zurückgeschickt wurde – oder auch nicht.

All das tut Alexander Güttler nicht mit solcher Wucht. Warum? Die Wahrheit könnte bitter sein. Auf Blogger können PR-Agenturen verzichten. Sie machen mehr Arbeit, verlangen individuellere Ansprache und wagen es sogar, kritisch zu schreiben.

Nicht alle: Es gibt käufliche Blogger, keine Frage. Aber jene Zicken, die nicht nach der Pfeife der PR-Leute tanzen sind noch immer häufiger. Häufiger auch als bei Journalisten. Die lassen sich kostengünstig in der Gruppe einladen, die kennt der PR-Mann seit Jahren, und sie meinen auch nicht betonen zu müssen, dass die Wirtschaft ihnen Geschenke unterbreitet hat. Wann haben Sie das letzte Mal einen Komplettverriss eines Hotels oder eines deutschen Autos gelesen?

Die Aktion der Gesellschaft Public Relations Agenturen ist also schlicht PR: Man spielt sich auf als Saubermann und riskiert damit höchstens das Ansehen der Gruppe von Publikatoren, auf die man eher verzichten kann – weil sie schwerer zu manipulieren sind.


Kommentare


Kommentator 12. Oktober 2009 um 9:40

Hahaha, super Thomas!
Wie ich es liebe, sowas zu lesen. Halt den Leuten den Spiegel vors Gesicht, die brauchen das offensichtlich! Fehlt nur noch, dass Beweise für obige Aussagen auftauchen 😀

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Björn Sievers 12. Oktober 2009 um 9:43

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob die PR nicht bald wunderbar ohne Journalisten auskommen kann. Vielleicht muss sie das sogar demnächst, wenn das so weitergeht mit dem Netz und was Medien nicht daraus machen.

Gegen Güttlers Initiative ist aus meiner Sicht erst mal nichts zu sagen. Nur kontrollieren sollten wir sie. Bei Gelegenheit.

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Chris 12. Oktober 2009 um 9:51

Paradoxon? PR-Leute wollen PR kontrollieren – das überlasst mal lieber den Journalisten! An dem Thema bitte dranbleiben, spannend!

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Mirko Lange 12. Oktober 2009 um 9:51

Hallo Thomas,

ich finde auch, dass das grundsätzlich nicht verkehrt ist. Der DRPR (für den Alexander Güttler hier spricht), also der Deutsche Rat für Public Relations, rügt ja definitv auch intransparente \“PR-Geschäfte\“. Ebenso wie der deutsche Presserat nicht koschere Berichterstattung rügt.

Und jetzt will der DRPR das auch noch auf die \“5. Macht\“, also die Blogger, erweitern. Ist das nicht konsequent? Und du schreibts hier, Alexander Güttler täte das \“mit solcher Wucht\“. Ist das so? Soweit ich das erkennen kann, gibt es in der WiWo eine kleine Nachricht, dass der DRPR an einer Netiquette arbeitet. Und in der soll drinnen stehen, dass Zuwendungen an Blogger transparent gemacht werden. Wer sich nicht dran hält, soll öffentlich genannt werden. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Ein \“Zugangserschwerungsgesetz\“ zu käuflichen Bloggern ist nach meiner Kenntnis nicht geplant. 🙂

Beste Grüße

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Kommentator 12. Oktober 2009 um 9:59

@Mirko Lange:

Der Punkt ist, Blogger sind in der Regel Privatpersonen wie du und ich. Niemand hat im Privatbereich eines Bloggers seine Nase hineinzustecken und herumzuschnüffeln.

Die stören sich nur an der Unabhängigkeit von Bloggern, weil diese sich nicht in Ihre Machtstrukturen einfügen und den Menschen das geben, was sie wirklich wollen. Investigativer Journalismus ist nur ein Beispiel. Gewissenhafte Produktbewertung ein zweites.

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Andreas Wollin 12. Oktober 2009 um 10:17

Würden wir die Problematik der Regierung überlassen, sähe die Lösung so aus: Wenn bei einem Blogger raus kommt, dass er was von außen annimmt und daraufhin positiv berichtet, bekommt er Internetverbot. 😉

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Thomas Koch 12. Oktober 2009 um 10:21

Eine schöne Analyse. Es ist ja noch härter: Denn was PR schreibt ist ja eigentlich immer bezahlt von den Auftraggebern.

Nur am Rande: Die Autojournalisten, die ich persönlich kenne würden übrigens viel lieber um das Verlagsgebäude fahren als durch die Toskana, aber die Auto-Industrie ist völlig übergeschnappt.

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D. Ludwigs 12. Oktober 2009 um 10:39

Zu diesem Thema passt auch der Beitrag \“Presserabatte: Wie Journalisten um Prozente feilschen\“ von ZAPP aus dem Juni 2009: http://www.youtube.com/watch?v=qUrjqHp7Jro

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Wigan Salazar 12. Oktober 2009 um 10:59

Vorweg: Meine Agentur ist GPRA-Mitglied, und auch wenn ich stets ein kritisches Verhältnis zu Verbänden habe, stellt sich mir die Frage – was und warum wird hier kritisiert? Meines Erachtens geht es darum, drei implizite Grund-Thesen des Autors zu wiederholen:
– Journalismus ist vorbei
– Blogger sind die Zukunft
– PR ist per se dubios
Vielleicht ist ja was dran. Nur passt das Beispiel nicht, da einige Grundannahmen falsch sind:

– Blogger werden als Dialogteilnehmer immer wichtiger für die PR. Daher ist es sinnvoll, auch zu ihnen eine Haltung zu entwickeln. Dass diese analog zur Haltung Journalisten gegenüber formuliert wird, stellt der Autor einfach in Abrede, ohne die GPRA mal zu fragen. Wie wäre es mal, ganz klassisch journalistisch, mit einem Anruf bei Herrn Güttler, um nach der Haltung anderer Zielgruppen gegenüber zu fragen?
– Blogger sind kritischer als Journalisten? Unterschätzen Sie mal ihren alten Berufsstand nicht! Die besten und kritischsten Blogger sind ja oftmals Journalisten – und leider muss man auch sagen, dass Vieles, was in der deutschen Blogosphäre als Kritik firmiert, einfach wiedergekaute Kritik (vielleicht sogar mit nicht genannten Quellen aus dem klassischen Journalismus?) ist. Aber es wird ja täglich besser – gelegentlich kommt ein origineller Gedanke oder eine gute Analyse in der Blogosphäre vor.
Ich möchte ja nicht unbedingt für eine sachliche Auseinandersetzung plädieren – Polemik macht ja Spaß. Wenn man bereit ist, seine Vorurteile im Zweifel zu prüfen oder gelegentlich auch mal durch andere zu ersetzen.

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lupe 12. Oktober 2009 um 11:04

@Chris:

\“Paradoxon? PR-Leute wollen PR kontrollieren – das überlasst mal lieber den Journalisten!\“

Ja, die sog. Selbstkontrollorgane!
Und wie ist das mit dem Presserat, der die Presse kontrollieren soll? Ist das nicht auch paradox?

Der Presserat lehnte einmal eine Beschwerde ab, indem er sie u.a. so begründete:
\“Die journalistisch verkürzte Verknappung im Vorspann halten wir … für zulässig.\“

Was eine journalistisch verkürzte Verknappung ist, wurde in anderthalb Jahren trotz Nachfrage nicht erläutert.

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Rainersacht 12. Oktober 2009 um 11:07

Sagen wir mal so: Der gute Wille zählt schon mal.
Und dass die Blogger-Bestecher auch unter ihresgleichen eher als eklig betrachtet werden, ist auch kein Geheimwissen.
Fangen wir doch einfach mal an, die PR-Fuzzis ein bisschen differenzierter zu betrachten, denn da gibt\’s auch so\’ne und solche – genau wie unter den Journalisten.

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Detlef Borchers 12. Oktober 2009 um 11:10

Witzig. Sonst ist die USA in Sachen Blogs & Co immer so viel weiter, aber wehe, wenn ein durchaus vernünftiger Vorschlag der US-amerikanischen FTC auf deutsche Verhältnisse übertragen wird, dann ist es gleich besonders rückständig.

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Alexander Güttler 12. Oktober 2009 um 11:22

Lieber Herr Knüwer,

ich mag auch keine Heuchler, aber Ihr Kommentar geht an meinen Aussagen mit einer generellen PR-Schelte schlicht ziemlich vorbei.

Schwarze Schafe finden sie bei Bloggern, Journalisten, PRlern, Werbern oder Anwälten. Uns sicher geht es auch im weiten Feld Social Media nicht immer zimperlich zu. Aus meiner Sicht entsteht da eben genau keine ehtisch überlegene \“Sonderszene\“, sondern eine ganz \“normale\“ Welt, nur online.

Gegen bezahlte Interessensvertretung spricht für mich überhaupt nichts, es geht nur um die Transparenz. Und da können und sollten aus meiner Sicht sehr wohl Verbände, Räte (PR genauso wie Presserat) und Jornalisten mehr an einem Strang ziehen.

Altmodischer Vorschlag: Wir sollten uns mal sehen, gerne in Düsseldorf.

Grüße

Dr. Alexander Güttler

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@pressearbeit 12. Oktober 2009 um 11:25

Seltsam. In meiner Welt ist die 5. Macht im Staat der Lobbyismus. Ist zwar jetzt kein ganz neuer Gedanke, aber ich wollte das nur mal anmerken, weil es da so die eine oder andere Sache gäbe, die man mal nach ethischen – oder einfacher – demokratischen Grundsätzen untersuchen könnte. Und ich meine da nicht, das Dutzende Industrie- und Branchenverbände ihre Anwälte nach Berlin schicken, damit die die Gesetze \“optimieren\“, die diese Branchen steuern und limitieren könnten. Ich meine all die PR Agenturen und PR-Verbände, die keinerlei Transparenz fordern beim Einflußnehmen der Verbände qua Agentur, durch die sie deutlich mehr als 100K im Jahr verdienen. Man könnte sich sogar versteigen zur der These, dass diese mangelnde Intransparenz der Agenturen Teil des Geschäftsmodells ist. Das reicht sogar soweit, das bestimmte bekannte Magazine und Zeitschriften über Jahre hinweg grundständig marktliberale Positionen vertreten haben und diese durch Studien aus eindeutigen Quellen belegten zu Zeitpunkten als anderen schon klar war, dass die Deregulierung diverser Marktmechanismen keinen volkswirtschaftlichen Nutzen lieferte.

Das ist übrigens einer der Gründe, warum die ersten Bücher zur Finanzkrise, die 2004 erschienen, auch und vor allem in diesen Magazinen als haltlos, nicht durch die richtigen Studien belegt und insgesamt abseitig bewertet wurde. Diese Lobbyarbeit, die sehr tief ind en Qualitätsjournalismus hineinreicht, ist einer der Gründe, warum für viele die Finanzkrise trotz Northern Rock, Bear Stearns und andere überraschend kam. Insofern ist das Bewerten solcher Anliegen aus Richtung der GPRA mehrfach scheinheilig. Denn beide Beteiligten (Qualitätsjournalismus und PR) haben bisher wenig unternommen, um Transparenz zu erschaffen. Die engen Verbindungen über die diversen PResse/PR-Akademien, Institute und Kongressfirmen deuten zumindest in die Richtung, dass die Grenzen zwischen PR und Presse faktisch nicht mehr vorhanden sind. Insofern bewerte ich diese Scheingefecht genauso wie den \“Vorstoß\“ zu mehr Transparenz bei Bloggern. Menschen, die kaum Verdienste bei der Realisierung demokratischer Grundfunktionen/-haltungen wahrnehmen, zeigen mit dem nackten Finger auf andere Menschen, die ihnen dabei tatkräftig unter die Arme greifen…

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Christian 12. Oktober 2009 um 14:19

Klappern gehört zum Handwerk! Was wiegt schwerer bei der Eigen-PR-Optimierung, Manifest- oder Blogger-Missbrauch?

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Oliver 12. Oktober 2009 um 14:36

Hallo,
Ich bin auch Blogger. Mit einiges an Blogs im Netz. Bei mir kam noch niemand um darum zu bitten, über irgendetwas positiv zu schreiben. Auch nicht, irgendetwas zu testen. Dabei würd ich das gerne machen, ein iPhone oder ein kleines Laptop vielleicht. Muss ja kein Auto sein.
Irgendwie beschleicht mich da eher der Gedanke, dass da eine ganze Branche Angst vor der Blogger-Kultur hat und die schonmal per se anschwärzt und schlecht machen will. Könnte schließlich mal passieren, das die Industrie tatsächlich auf Blogger zugeht und nicht mehr auf die unzähligen PR-Agenturen. 🙂

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Chat Atkins 12. Oktober 2009 um 15:37

Gute Blogger verwenden längst Disclaimer. Vielleicht sollte dieses Instrument endlich auch in die Holzmedien Einzug halten.

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@pressearbeit 12. Oktober 2009 um 15:47

@ chat atkins

Aber wer soll dann all die vielen Berichte und Artikel schreiben, die aus der Agenturecke kommen. Dann müssen die Verlage ja wieder Autoren bezahlen und Redakteure einstellen, die die schönen teaser schreiben. Aber genau deswegen haben sie doch gerade all die Leute entlassen, weil sie soviel Input für lau aus der PR-Welt bekommen…

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Georg 12. Oktober 2009 um 17:05

Ja, Herr Borchers, die USA sind weiter. Auch bei der Produktwerbung in Blog. Da gleichen in manchen Bereichen ungekennzeichneten Dauerwerbesendungen mit persönlichem Touch. Insofern muss man die Initiative des PR-Verbandes begrüssen. Bevor bei uns in blogs amerikanische Verhältnisse entstehen.

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Chat Atkins 12. Oktober 2009 um 17:39

@ Pressearbeit: Sie müssten doch nur ihre kopierten Texte ehrlich kennzeichnen – vielleicht in dieser Art: *Disclaimer: Diesen schönen Text von interessierter Seite schrieb uns die PR-Agentur \’Schön & Färber\‘; der Text wurde von uns redaktionell noch leicht aufgebügelt*. Oder sie nennen ihr gesamtes Produkt gleich \“Disclaimer Weekly\“ oder \“Abdruck-Kurier\“ – das Publikum würde es ihnen danken.

Gerade in solchen Fällen sind die Blogger schon weiter als die Presse.

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Wittkewitz 12. Oktober 2009 um 17:55

@ Chat Atkins
Wir schimpfen jetzt über die enorme PR-Durchseuchung der Qualitätsblätter, die jedem Menschen bei genauerem Hinsehen auffällt.
Beim Fernsehen muss man allerdings die wenigen Formate, die ohne PR auskommen, bzw. die nicht durch Lobbygruppen instrumentalisiert werden mittlerweile schon mit der Lupe suchen – leider kann man die öffentliche-schlechtlichen da keineswegs ausnehmen. Sogar die Leuchttürme der investigativen Formate wie \“die Story\“ oder ähnliches wurden schon schändlich unterwandert. Ob Blogs das alles wieder gerade biegen können? Mit deren klammen finanziellen Ausstattungen. Hm. Es müsste so ein Stiftung geben in Deutschland, die das tut, was die Bertelsmann Stiftung vorgibt zu tun…Die könnten sicher auch mal das eine oder andere Projekt anschubfinanzieren, das nur Insiderinformationen und ähnlich wie wikileaks Verdecktes aufdecken…Aber das gibt es eben nicht für lau.

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belbix 12. Oktober 2009 um 18:14

Warum sollten PR-Agenturen Blogger bestechen damit sie über irgendetwas positiv berichten. Es wäre doch viel billiger wenn sich PR- oder auch Consulting-Agenturen sich schlicht weg für ein paar Cent im Monat selbst ein Blog aufbauen. Die Texte schreiben dann Praktikanten, Studenten oder Teilzeitkräfte für ebenso wenig Geld. Das ganze nennt man dann PR-Beratung oder aber auch Suchmaschinen-Optimierung.

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Chat Atkins 12. Oktober 2009 um 18:24

@ Wittkewitz: Wenn\’s doch mit Stiftungen nur getan wäre. Oft habe ich das Gefühl, die Public Relations haben längst die Köpfe verseucht. Unbemerkt vom jeweiligen Kopfträger … was nicht unbedingt für mehr Helligkeit in solchen Redaktionen sorgt. Wohl aber für schwindende Zustimmung, der Focus verlor soeben satte 22 Prozent an verkaufter Auflage, las ich gerade bei \’meedia\‘. Diese Zahl hat mit der so oft entschuldigend vorgeschobenen \’Anzeigenkrise\‘ rein gar nichts zu tun, das sind schlicht Leser, die nicht mehr kauften …

Ansonsten Zustimmung: Das TV dürfen wir natürlich nicht vergessen, wo oft die Liste der eingeladenen Gäste einem INSM-Veteranentreffen mit einem einzigen Alibi-Kontrahenten gleicht – und das auch nur wegen der Ausgewogenheit und dem Programmauftrag. Hier könnte vielleicht der Disclaimer durch ein T-Shirt oder Base-Cap erfolgen, auf dem jeder Talking Head das Logo seines Hauptsponsors zu tragen hätte …

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Chat Atkins 12. Oktober 2009 um 18:27

@ belbix: Solche Blogs gibt\’s genug, sie werden nur nicht gelesen – das ist ihr Dilemma. Bei den Public Relations kommt es nicht SEO-mäßig auf die Klicks an, sondern auf die geistige Ankunft in den Köpfen. Noch anders ausgedrückt: Wer isst schon gern Tofu?

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michael kausch 12. Oktober 2009 um 19:41

Zwei ziemlich grundsätzliche Dinge gibt es hier zu sagen:

Zum einen erlebe ich gerade in jüngster Zeit eine deutliche Verschiebung in Bloghausen: Je mehr sich Unternehmen für die Bloggerei als Kommunikationsinstrument interessieren, desto willfähiger werden auch die Einwohner Bloghausens. Immer mehr Blogger lassen sich von Unternehmen anheuern, um in deren Namen sogenannte Corporate Blogs zu “betreuen”. Von authentischer Kommunikation kann dann nicht mehr die Rede sein. Agenturen kommentieren “verdeckt” Postings im Auftrag ihrer Kunden. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies nicht die richtige Weg für eine intelligente unternehmerische Nutzung des Web 2.0 ist. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass es die vornehmste Aufgabe einer PR 2.0-Agentur ist ihre Kunden zur kompetenten Kommunikation im Web 2.0 zu befähigen und nicht diese Kommunikation für die Kunden einfach zu übernehmen. Der augenblickliche Trend sieht freilich anders aus. Aber solange Agenturen ihre Kunden unmündig halten wollen oder die Kunden sich gegen Mündigkeit und Verantwortung wehren, wird sich das auch nicht ändern. Dass eine solche delegierte Kommunikation kein Weg ist, um bei den Kunden Glaubwürdigkeit nachhaltig zu sichern, steht auf einem anderen Blatt.

Zum Zweiten muss zur Ehrenrettung der von Knüfer hier gemaßregelten Journalisten mal gesagt werden, dass es immer seltener die Journalisten sind, die sich “kaufen” lassen, sondern die Verlage. Es ist erst ein paar Tage her, da schickt mir ein deutscher Fachverleger eine Email mit der schönen Anmerkung: “Die Zeiten für Verlage sind härter geworden. Ich habe deshalb meine Redakteure angewiesen, bei ihrer täglichen Arbeit ein wenig mehr Rücksicht auf die Anzeigenpolitik der Unternehmen zu üben. Solange Ihr Kunde (…) unsere Publikationen nicht in seine Media-Planung aufnimmt, solange darf ich Sie bitten die Mitarbeiter der (…) aus Ihrem Verteiler zu nehmen. …” Tatsache ist, dass in vielen Branchen heute zahlreiche Fachverlage vor dem “Aus” stehen. Die deutschen IT-Verlage haben in den vergangenen drei Jahren rund die Hälfte ihres Redaktionsvolumens verloren. Die andere Hälfte wird meistbietend versteigert. An “käuflichen” Journalisten liegt dies zu allerletzt! And by the way: an PR-Agenturen schon gleich gar nicht.

Mir macht mein Job wirklich nur solange Spaß, wie es die “Zicken” gibt, von denen Knüwer spricht. Und zwar unter den Journalisten ebenso, wie unter den Bloggern. Eine intelligente Zicke “rumzukriegen” ist doch viel herausfordernder als die Bedienung des “Hurenjournalismus”. Und das klingt jetzt wirklich viel chauvinistischer, als es gemeint ist …

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Thomas 13. Oktober 2009 um 0:36

Ich würde gar nicht von selbst auf die Idee kommen, auf meinem Blog irgendwelche PR-Einflüsse zuzulassen. Damit nehme ich mir ja selbst, was das Bloggen auszeichnet: seine Unabhängigkeit. Wer sowas macht ist doof, und wer andere dazu überredet, ob nun gekennzeichnet oder nicht, der ist auch doof. Warum jetzt der eine doofe dem anderen Doofen irgendwelche moralischen Vorträge hält, wie das hier beschrieben wurde… Gut, dass eine mögliche Motivation dahinter aufgezeigt wird.

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Gernot Mantz 13. Oktober 2009 um 13:05

Zitat aus DJV aktuell:

\“Thomas Knüwer hat das Handelsblatt Ende September verlassen. Er will sich als Berater selbstständig machen. Mehr Infos unter
http://www.kress.de/cont/story.php?id=130494\“

Lieber Herr Knüwer, sind Sie demnächst PR-Berater? Oder Berater des Deutschen Rates für Public Relations, der gerade einen bescheidenen Beitrag leisten will, um einen bescheidenen Beitrag zu leisten, dass guter Journalismus auch künftig (hier: im Internet) erkennbar bleibt … PR kann ohne Journalismus nämlich auf Dauer nicht funktionieren – weder im TV, Print noch mit Blogs. Übrigens sind 99 Prozent dessen, was unsere Agentur veröffentlicht, inhaltlich für Leser relevant bzw. informativ. Vielleicht nicht immer weltbewegend – für Einzelne und kleinere Zielgruppen aber schon. Themen, an die sich die \“Qualitäts\“Journalisten selten heranmachen (können).

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Thomas Knüwer 13. Oktober 2009 um 16:54

@Gernot Manz: Nicht alle Berater sind PR-Berater. Und was PR ist, darüber lässt sich ebenso lange diskutieren wie über die Frage, was Marketing ist.

PR, übrigens, kann auch ohne Journalismus funktionieren. Sehr gut sogar. Wer unter PR nur Pressearbeit versteht, springt viel zu kurz. Die Öffentlichkeit besteht eben nicht nur aus Journalisten.

Und was jene Geschichte oben betrifft: Sie zielt ja gerade nicht auf besseren Journalismus. Das wäre der erste Hebel gewesen. Sie zielt darauf, dass mit einem Mal Menschen in ihr Hobby eingegriffen wird. Und das finde ich bemerkenswert. Sobald aber jene von mir vorgeschlagene Forderung fällt, dass Zuwendungen an Journalisten von diesen öffentlich gemacht werden – dann können wir im zweiten Schritt gern über den Bereich Social Media reden.

Ach, übrigens: Auch weiterhin werde ich ein wenig journalistisch tätig sein. Aber nur ein wenig.

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Peter Lucius 15. Oktober 2009 um 9:10

Zitat Güttler:

\“Und da können und sollten aus meiner Sicht sehr wohl Verbände, Räte (PR genauso wie Presserat) und Jornalisten mehr an einem Strang ziehen.
\“

Zitat Ende

Da sind jetzt wohl die Blogger gefordert, sich zu formieren.

Wie wäre es mit \“GB e.V.\“, \“Gute Blogger e.V.\“ oder gar \“BVD\“, \“Blogger-Verband Deutschland\“? Ein e.V. sollte es schon sein, so mit erstem, zweiten Vorsitzenden, Schriftführer und Kassenwart. Aufgenommen werden nur Blogger, die der ethischen Überprüfung gemäß Satzung standhalten und sich verpflichten, nur verbandskonform zu bloggen.

Der Verband könnte dann mittels PR-Aktion dafür sorgen, dass nur noch die Beiträge der eingetragenen Verbandsmitglieder bei einer ernsthaften Berichterstattung berücksichtigt werden.

Im nächsten Schritt könnte dann ein PR-Journalisten-Blogger-Gipfel stattfinden, auf dem dann die Marschroute für den gemeinsamen Strang festgelegt wird. Die Ergebnisse des Gipfels wären dann für alle Beteiligten bindend.

Nur so kann kann die Informationsfreiheit realisiert werden.

Man könnte natürlich auch auf dem Teppich bleiben und alles so belassen, wie es ist. Die Spreu trennt sich sehr schnell vom Weizen. Auch unreguliert.

In diesem Sinne, …

Peter Lucius, kein Mitglied im BVD e.V.

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Ulrich Voss 15. Oktober 2009 um 14:05

@Alexander Güttler

Natürlich gibt es überall schwarze Schafe. Nur dass es in der PR quasi zum Job gehört, die schwarzen Schafe auf der \“anderen\“ Seite zu finden und die grauen Schafe etwas dunkler zu machen.

Das heißt natürlich noch lange nicht, dass alle schwarze Schafe sind. Aber es ist doch logisch, dass ein PR-Mensch alles tut, um sein Produkt gut wirken zu lassen, während die Gegenseite eigentlich zu brutalst möglicher Objektivität verpflichtet sein sollte.

Wer darin nicht einen grundlegenden Widerspruch sieht, der immer und immer wieder zu Problem führen muss, der verneint wahrscheinlich auch, dass das Schlechte jedem Menschen innewohnt …

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PR-Rat, Blogger und verdeckte PR – Die offenen Fragen – Open Source PR 29. Januar 2010 um 16:11

[…] Oktober 2009 – Die Wirtschaftwoche berichtet, von den Plänen des PR-Rats: „Die deutsche PR-Branche will von 2010 an Schleichwerbung in den Blogs öffentlich anprangern“. Dort steht, Zitat: „Viele Blogs seien nicht mehr so unschuldig, wie sie daherkämen. „Wer von der Industrie gepampert wird, soll das zugeben“, sagt Güttler.“ Das geplante Regelwerk solle am Ende für „PR-Agenturen, Blogger, soziale Netzwerke und Unternehmen“ gelten. Schon hier werden Blogger vereinnahmt und der Regelungsanspruch des DRPR auf Menschen (zumeist Privatpersonen) übertragen, die im Zweifel noch nie etwas von diesem Rat gehört haben. Und der soll ihnen jetzt vorschreiben dürfen, was sie zu tun und zu lassen haben? Und dann noch „öffentlich anprangern“, im DRPR-Jargon „rügen“? Hm… (Thomas Knüwer regte sich darüber mächtig auf.) […]

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